Motorradhelm / Helme für motorisierte Zweiradfahrer
Von: Dipl.-Ing. (FH) Michael Wolf - Regierung von Unterfranken, GewerbeaufsichtIn diesem Beitrag finden Sie
- Genormte Sicherheit
-
Die Wahl der Helmart
- Jet-Helm / City-Helm / Policehelm
- Integralhelm
- Enduro- und Crosshelm
- Klapphelm / Systemhelm
- Motorradbrille
-
Helmmaterialien und Aufbau eines Motorradhelms
- Duroplastische Kunststoffe
- Thermoplastische Kunststoffe
- Ein Blick unter die Schale
- Auswahlkriterien
- Fahrkomfort
- Verschlusssysteme
- Helmpflege
Einen neuen Helm kann man gewöhnlich fünf bis sieben Jahre tragen. Ein Helm kann wie neu aussehen und unfallfrei sein, sollte aber aufgrund Materialermüdung nach dieser Zeitspanne ausgemustert werden. Die Preise beginnen bei unter 100 Euro und reichen bis zu mehreren hundert Euro. Obwohl der Preis oft ein Indiz für Qualität ist, gibt es noch eine Reihe anderer Kriterien, auf die man beim Helmkauf achten sollte.
Genormte Sicherheit
Motorradfahrer müssen nach § 21a Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung einen "geeignete Schutzhelm" tragen.
"Geeignet" weist daraufhin, dass der Motorradhelm mit ECE-Zulassung keine Pflicht ist. Es genügt ein "angemessener" Schutzhelm, wie etwa ein nostalgischer Helm, der in der Regel nicht ECE-konform ist. Die „Economic Comission for Europe“ legt in ihrer Regelung Nummer 22 einheitliche Bedingungen für die Genehmigung von Schutzhelmen und ihrer Visiere für Fahrer und Mitfahrer von Krafträdern und Mopeds fest. Seit dem 1. Januar 2021 können Hersteller ihre Helme nach der neuen Norm ECE-R 22.06 zertifizieren lassen. Die ECE-R22.06 ersetzt mittelfristig die über 20 Jahre alte Norm ECE-R 22.05:
-
ab dem 3.6.2022 werden nur noch Genehmigungen nach ECE-R 22.06 erteilt.
-
ab dem 3.6.2023 darf das alte Genehmigungszeichen nach ECE-R 22.05 nicht mehr angebracht werden.
-
ab dem 3.1.2024 gilt ein Verkaufsverbot für nach der alten Norm genehmigten Helme.
Wesentliche Punkte der neuen ECE-R22.06 sind
-
Die geänderte Prüftemperatur des Helms bei Kälte,
-
Die Prüfung bei höherer Aufprallgeschwindigkeit,
-
Die freie Wahl des Aufprallpunkts bzw. Prüfpunktes,
-
Die Einführung einer Rotationsprüfung,
-
Die Erweiterung der Helmabstreifprüfung nun auch nach hinten,
-
Eine Beschussprüfung der Visiere,
-
Die Prüfung der Sonnenblenden.
Nach ECE 22.05 geprüfte Helme dürfen weiterverwendet werden, es gibt keine Austauschpflicht. Bei einer Neuanschaffung sollte man jedoch auf die aktuellste Prüfnorm achten, da diese die Helme noch sicherer macht.
Die Wahl der Helmart
Jet-Helm / City-Helm / Policehelm

Der Jet-Helm / City-Helm / Policehelm ist in der Gesichtspartie offen, deshalb gehört zu ihm unbedingt eine Motorradbrille zum Schutz der Augen. Bei Regen und Kälte wird der Frischluft-Vorteil allerdings schnell zum Nachteil.
Achtung: Gesicht und Kinnpartie sind bei einem Unfall nicht geschützt!
Integralhelm

Wer auf Nummer Sicher gehen will, schützt sich am bestem mit einem Integralhelm!
Dies belegen auch Unfallstatistiken deutlich: Drei-Viertel aller Motorrad-Unfälle sind Frontal-Kollisionen; der Integralhelm bietet hier den besten Schutz vor Gesichtsverletzungen.
Diese Helmart ist das ganze Jahr hindurch angenehm zu tragen.
Enduro- und Crosshelme

Enduro- oder Crosshelme sind für Fahrer empfehlenswert, die gerne im Gelände fahren. Die große Visieröffnung sorgt für die bei körperlicher Anstrengung wichtige Luftzufuhr.
Trotzdem ist der Gesichtsschutz durch einen stabilen Kinnbügel gewährleistet.
Zum Crosshelm gehört ebenfalls unbedingt eine Motorradbrille. Im Gelände sind zusätzlich Abrissscheiben für klare Sicht erforderlich, die beim Verschmutzen der Brille während der Fahrt abgezogen werden können, ohne anhalten zu müssen.
Klapphelm / Systemhelm

Der Klapphelm / Systemhelm ist ein Kompromiss zwischen Jet- und Intergralhelm und der jüngste Helmtyp. Bei diesem Helm lässt sich der "Kinnschutz" mitsamt dem Visier nach oben klappen.
Um den gleichen Schutz wie ein Integral-Helm zu bieten, muss das Kinnteil mit dem Visier während der Fahrt geschlossen sein!
Ohne den Helm abzusetzen, können diverse Tätigkeiten (z.B. trinken, essen, rauchen) ausgeübt werden. Gerade für Brillenträger bietet ein Klapp-Helm hohen Komfort, da er das Auf- und Absetzen sehr erleichtert.
Motorradbrille

Eine Motorradbrille zeichnet sich durch bruchfestes Glas, eine gute Abdichtung gegen den Fahrtwind und weiche Ränder aus. Die Passform muss ausprobiert werden.
Motorradbrillen unterliegen – anders als Helme und Visiere, die unter die ECE R 22.05 fallen – der Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates über persönliche Schutzausrüstungen („PSA-Verordnung“) und müssen den Anforderungen der DIN EN 166 „Persönlicher Augenschutz“ entsprechen. Für Schutzbrillen ist eine sogenannte EU- Baumusterprüfung nach Anhang V der PSA-VO vorgeschrieben. Die EU-Baumusterprüfung ist der Teil eines Konformitätsbewertungsverfahrens, bei dem eine notifizierte Stelle den technischen Entwurf einer PSA untersucht und prüft und bescheinigt, dass der technische Entwurf der PSA die Anforderungen dieser Verordnung erfüllt.
Einer Schutzbrille, die nach PSA-VO rechtmäßig in Verkehr gebracht wurde, muss eine deutschsprachige Anleitung beigefügt sein. Darin sind unter anderem Angaben für Lagerung, Reinigung, Wartung, Desinfizierung und Verfallszeit genannt.
Hinweis:
Unter einem Vollvisier können - im Gegensatz zur Motorradbrille - normale Sonnenbrillen aus Kunststoff getragen werden.
Helmmaterialien und Aufbau eines Motorradhelms
Die stabile Außenschale schützt vor Stoß- und Stichverletzungen und verteilt die auftretenden Kräfte. Zur Herstellung von Helmschalen werden hauptsächlich duroplastische oder thermoplastische Kunststoffe verwendet:
Duroplastische Kunststoffe
Aus diesem Material werden GFK- oder Glasfiberhelmschalen hergestellt, die unempfindlich gegen Lösungsmittel und Witterungseinflüsse, aber leider relativ schwer sind. Werden die Glasfasern durch Kohlefasergewebe ersetzt, so ist der Helm leichter - aber auch wesentlich teurer.
Duroplastische Helmschalen sind sehr alterungsbeständig!
Allerdings lassen die stoßdämpfenden Eigenschaften der Innenpolsterung durch intensiven Gebrauch nach, so dass auch GFK-Helme eine begrenzte Lebensdauer haben.
Thermoplastische Kunststoffe
Die Helmschale wird aus Materialien wie Polycarbonat (PC), Polyamid (PA) oder Acryl-Butadien-Styrol (ABS). gegossen. Die "Naht", die man bei den unlackierten Helmen sehen kann, stammt aus der zweiteiligen Spritzform; der Helm wird nicht etwa aus zwei Hälften zusammengesetzt. Thermoplastische Kunststoffschalen sind leichter und preiswerter als solche aus GFK.
Nachteile des Materials sind die zum Teil geringere Alterungsbeständigkeit sowie die Empfindlichkeit gegenüber Lösungsmitteln. Lacke, Klebstoffe (z.B. von Aufklebern) und organische Lösungsmittel wie Benzin und Spiritus greifen das Material an, ohne dass es äußerlich erkennbar wird.
Zur Reinigung der Helmschale darf daher nur warmes (Seifen-) Wasser verwendet werden.
PA- und ABS-Helmschalen sind zwar weniger empfindlich gegen Chemikalien, verlieren jedoch nach einiger Zeit ihre guten Materialeigenschaften. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass die neueren Thermoplaste alterungsbeständiger geworden sind; trotzdem::
Ein Thermoplasthelm muss nach ca. fünf bis sieben Jahren in jedem Fall ersetzt werden!
Auswahlkriterien
Wichtig: Vor dem Helmkauf eine mindestens 10-minütige Anprobe!
Der beste Helm nützt wenig, wenn er nicht richtig sitzt und deshalb schon vor einem Aufprall vom Kopf fliegt. Die Helme unterschiedlicher Hersteller passen nicht auf jeden Kopf gleich gut. Außerdem spielt auch der subjektive Eindruck eine Rolle, ob man sich unter einem bestimmten Helm wohl fühlt. Selbst wenn die Helmgröße bekannt ist, ist eine Bestellung nach Katalog oder im Internet nicht ratsam. In Fachgeschäften wird der Käufer eine große Auswahl und qualifizierte Beratung finden. Auch der Service nach dem Kauf (z. B. Ersatzvisier) ist wichtig. Helme sollten bei der Anprobe mindestens zehn Minuten aufbehalten werden.
Vor dem Kauf müssen folgende Fragen geklärt werden:
-
Drückt der Helm an Stirn, Schläfen oder Wangen? Er soll eng sitzen, aber keine Druckstellen verursachen.
-
Schütteln Sie kräftig den Kopf. Wackelt der Helm oder sitzt er fest? Bitten Sie jemanden, den aufgesetzten Helm hochzuziehen. Geht der Kopf mit oder lässt sich der Helm abstreifen?
-
Ist das Innenfutter zum Waschen herausnehmbar? Sind die Wangenpolster austauschbar?
-
Lässt sich das Visier auch einhändig und mit Handschuhen leicht öffnen und schließen? Ist das Gesichtsfeld vor allem seitlich groß genug?
-
Ist das Visier kratzfest und mit einer Antibeschlag-Schicht versehen?
-
Hat das Visier mehrere Arretierungen? Was kostet ein Ersatzvisier? Gibt es eine Belüftung, die Beschlagen verhindert?
-
Drückt der Kinnriemen am Hals? Lässt sich der Verschluss leicht öffnen und schließen?
-
Hat der Helm eine gut sichtbare, auffällige Farbe? Ist er nachts gut sichtbar?
-
Für den Brillenträger: Lässt sich der Helm mit Brille gut auf- und absetzen? Drücken die Brillenbügel an den Schläfen?
-
Wie schwer ist der Helm? Ein relativ leichter Helm (rund 1.500 Gramm) belastet bei einem Unfall die Nackenwirbel weitaus weniger.
-
Ist das Prüfzeichen nach ECE R 22.05 vorhanden? Prüfungen nach weiteren Normen (OMK/ONS, AFNOR, BSI) schaden nicht.
-
Welche Erfahrungen haben Freunde mit dem gleichen Modell gemacht?
-
Ist das Visier beschlaghemmend beschichtet oder doppelwandig (Pinlock) ausgerüstet oder kann es nachgerüstet werden? Bei hoher Luftfeuchtigkeit und tiefen Temperaturen können Visiere von innen beschlagen.
Fahrkomfort
Ob ein Helm beim Fahren mit höherem Tempo immer noch gut sitzt oder vielleicht vom Winddruck hochgeschoben wird, lässt sich erst bei einer Probefahrt feststellen. Genauso wichtig ist, dass es nicht durch das Visier zieht und keine unangenehmen Windgeräusche entstehen. Eine Geräuschoptimierung wird zwar von einigen Herstellern im Windkanal betrieben, allerdings ergibt sich das Geräuschverhalten in der Praxis erst aus dem Zusammenspiel von Fahrergröße, Sitzhaltung, Motorrad(-verkleidung) und Helm. Bei Geschwindigkeiten von 150 km/h wurden Lautstärken gemessen, die langfristig Gehörschäden hervorrufen können.
Deshalb sind auf längeren Etappen Gehörstöpsel empfehlenswert, welche das Gehör schützen, den akustischen Stress reduzieren und dadurch die Konzentrationsfähigkeit erhöhen. Da sie wegen ihrer Dämpfungseigenschaften die Verkehrssicherheit beeinträchtigen können sind allerdings nur bestimmte Gehörschützer für die Benutzung im Straßenverkehr erlaubt. Eine Positivliste der für den Strassenverkehr zugelassenen Gehörschützer finden Sie unter www.ifz.de im Bereich "Tipps und Tricks" unter dem Buchstaben G.
Verschlusssysteme
Zum Schließen des Helms gibt es unterschiedliche Systeme: Kinnriemen können z.B. mit Drucktasten oder Ring-Verschlüssen versehen sein. Bei manchen Helmen ist der Kinnriemen an einem schwenkbaren Kinnunterteil befestigt und einige Helme werden mit einer "Halskrause" geschlossen. Jedes System hat seine Vor- und Nachteile. Sie sollten deshalb das System wählen, mit dem Sie sich am wohlsten fühlen.
Beachten sollten Sie aber auf jeden Fall, dass der Kinnriemen während der Fahrt fest geschlossen ist und sein Sitz von Zeit zu nachreguliert werden muss.
Vor JEDER Fahrt muss der Kinnriemen geschlossen sein!
Nach einem Unfall muss der Helm von einem Helfer leicht abgenommen werden können. Über die Bedienung des Verschlusssystems informiert den Ersthelfer ein Aufkleber mit helmverträglichem Klebstoff, der beim Institut für Zweiradsicherheit für die gebräuchlichsten Verschlüsse erhältlich ist.
Bild: Institut für Zweiradsicherheit
Helmpflege
Das Visier sollte oft, aber ausschließlich mit (warmem) Wasser gereinigt werden, dem Sie etwas Seife zusetzen können. Gehen Sie dabei sehr vorsichtig vor, damit keine Kratzer entstehen!
Kratzer können die Sicht - vor allem bei Regen und Dunkelheit - gefährlich beeinträchtigen. Ganz vorsichtig sollten Sie bei einer beschlaghemmend beschichteten Innenseite vorgehen. Zur gründlichen Reinigung empfiehlt es sich, das Visier abzubauen und die Mechanik vor dem Zusammenbau mit Vaseline zu schmieren.
Im Fachhandel werden Mittel gegen ein Beschlagen der Visier-Innenseite sowie für leichtes Abperlen der Regentropfen von der Visieroberfläche angeboten. Ebenso für die schnelle Reinigung von Visier und Innenausstattung.
Neben dem regelmäßigen Visier-Putz ist auch die Innenreinigung des Helmes von Zeit zu Zeit sinnvoll. Viele Modelle haben inzwischen ein herausnehmbares, waschbares Futter. Mit normalem Polsterreiniger (Autozubehör) oder speziellem Reinigungs-Schaum kann das Innenfutter älterer Helme gesäubert werden.
Niemals sollte der Helm mit Kraftstoff oder Lösungsmitteln gesäubert werden! Kunststoffe reagieren oft äußerst sensibel auf diese; im schlimmsten Fall lösen sie sich auf.
Zur schonenden Aufbewahrung des Helms - am parkenden Motorrad, im Gepäckkoffer oder bei der Überwinterung im Schrank - ist ein Textilsack empfehlenswert. Einen praktischen Zusatznutzen als Warndreieck bietet die Helmhaube des Instituts für Zweiradsicherheit - IfZ - aus reflektierendem Material mit leuchtendem Signalaufdruck.
Nach einem Unfall oder Sturz muss der Helm ausgewechselt werden! Auch wenn keine äußeren Beschädigungen sichtbar sind. Einige Hersteller bieten eine Begutachtung an, bei welcher der Helm zerlegt wird.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
Copyright der Illustration:
Hein - Gericke
Institut für Zweiradsicherheit
Alle Artikel zum Thema
Sport & Freizeit
- Ski Alpin
- Skibindung
- Skischuhe
- Skistöcke
- Ski - Langlauf : Sport, Gesundheit, Fitness und Spaß
- Langlauf-Bindungen
- Langlauf-Schuhe
- Langlauf-Stocklänge
- Langlaufski: Skatingski? Wachsski? Nowaxski?
- Sicherheitsempfehlungen zum Skiwachsen
- Skiverleih
- Nordic Blading - Einführung
- Nordic Blading Ausrüstung
- Nordic Blading Stöcke
- Nordic Blading Helm
- Nordic Blading Sicherheitsratschläge
- Knie- und Ellenbogenprotektoren
- Inline - Skating: Kauf und Pflege der Skates
- Rollski
- E-Bikes und Pedelecs: Worauf muss ich achten?
- E-Scooter: Lohnt sich das für mich?
- Fahrradhelme: Kennzeichnung und Benutzung
- Kinder-Fahrradhelme: Vorsicht auf dem Spielplatz
- Augen auf beim Fahrradkauf
- Klettersteigset: Klettersteige sicher begehen
- Kletterseil
- Sicher Indoorklettern
- Hinweise zur Sicherheit beim Freizeitsport
- Motorradhelm / Helme für motorisierte Zweiradfahrer
- Schutzkleidung für Motorradfahrer:
Motorradkombi, Protektoren & Co. - Sicherheitstipps zum sachgemäßen Beladen eines Motorrades
- Techniktipps und Wartungshinweise für Motorradfahrer
- Sportboote
- Solarien und Sonnenstudios: Bräunen mit Maß und Ziel
- Modellbau - Kraftstoff (Methanol)