Internetauktionen: Das gilt beim Kauf von gewerblichen Anbietern
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Internetauktion in der Regel keine "echte" Versteigerung
- Wann sind Fernabsatzvorschriften anwendbar?
- Wann tritt eine Verkäuferin oder ein Verkäufer gewerblich auf? Wichtige Gerichtsurteile
- Kauf von Verbrauchsgütern
Internetauktion in der Regel keine "echte" Versteigerung
Entgegen der Bezeichnung "Auktion" oder "Internetversteigerung" handelt es sich bei den Angeboten meist nicht um "echte" Versteigerungen, so wie das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) diesen Begriff in § 156 BGB versteht.
Bei einer Versteigerung wird mit der Person ein Vertrag geschlossen, dieden Zuschlag erhält. Man kennt dies von den "klassischen" Auktionen, in denen zum Beispiel Kunstgegenstände oder Antiquitäten versteigert werden: Gibt es keine höheren Gebote mehr, erhält die Person, die das höchste Gebot abgegeben hat, den Zuschlag. Dabei wird mit einem Hämmerchen auf Holz geklopft, meist begleitet mit Worten wie "zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten!".
Bei den meisten Internetauktionen kommt der Vertragsschluss nicht durch Zuschlag zustande, sondern bereits dann, wenn das Gebot abgegeben wird. Allerdings nur unter der Bedingung, dass das Gebot bei Auktionsende das höchste ist. Der Vertrag entfaltet seine Wirkung also erst nach Ablauf der Auktion und nur, wenn der oder die Bietende tatsächlich die Auktion “gewonnen“ hat. Wann und wie der Vertrag zustande kommt, entscheidet aber die Person, die die jeweilige Plattform betreibt. Ein Blick in dessen
Allgemeine Geschäftsbedingungen ist deswegen unerlässlich.
Wann sind Fernabsatzvorschriften anwendbar?
Ob Verbraucherinnen und Verbraucher, die etwas von einer Unternehmerin oder einem Unternehmer "ersteigert" ein Widerrufsrecht nach den Vorschriften über den Fernabsatz zusteht, hängt davon ab, ob es sich bei der Internetauktion um eine Versteigerung im Sinne des § 156 BGB handelt oder nicht.
Ob für Auktionen, die über die Plattform EbEbay angeboten werden, Verbraucherinnen und Verbrauchern ein Widerrufsrecht einzuräumen ist, war mehrfach Gegenstand von gerichtlichen Entscheidungen. Mit Urteil vom 03.11.2004 hat der Bundesgerichtshof (Az. VIII ZR 375/03) entschieden, dass "Auktionen" bei EbEbay keine “Versteigerungen" im rechtlichen Sinne sind (§ 156 BGB), sondern Kaufgeschäfte.
Voraussetzung dafür, dass Käuferinnen und Käufer einWiderrufrecht in Anspruch nehmen können, ist, dass es sich bei dem Verkäufer bzw. der Verkäuferin um eine/-n Unternehmer/-in handelt. Bei vielen Anbietern, insbesondere bei so genannten "Powersellern" dürfte dies in der Regel der Fall sein. Ansonsten herrscht große Unsicherheit welche Kriterien für unternehmerisches Handeln anzusetzen sind. Wer nur ausnahmsweise Waren "versteigert", kann noch nicht als Unternehmer oder Unternehmerin angesehen werden. Andererseits genügt das Betreiben eines Nebengewerbes oder das Unterhalten eines „Shops“ auf der Plattform. Die Grenze ist fließend.
Wann tritt ein/-e Verkäufer/-in gewerblich auf? Wichtige Gerichtsurteile
- Das Landgericht Hof hat mit Urteil vom 29.08.2003 (Az.: 22 S 28/03) entschieden, dass allein die Tatsache, dass ein Verkäufer bereits 41 Geschäfte über Ebay getätigt hat, noch nicht ausreicht, um ihn als Unternehmer zu behandeln. Dem wird man zustimmen müssen. Allein die Anzahl der Geschäfte sagt noch nichts über die Unternehmereigenschaft aus. Anders mag der Fall zu beurteilen sein, wenn er bei den 41 Geschäften stets ähnliche Waren (etwa Fahrradzubehör) verkauft hätte, noch dazu innerhalb eines kurzen Zeitraums.
- Ähnlich entschied das Amtsgericht Kassel mit Urteil vom 02.05.2018 (Az.: 435 C 419/18). Das Gericht geht von einer Unternehmereigenschaft eines Verkäufers oder einer Verkäuferin aus, wenn in zwei Jahren mehr als 200 Verkäufe oder Käufe stattgefunden haben und die Dauer und/oder der Umfang der Verkaufstätigkeit auf eine unternehmerische Tätigkeit hinweist. Der Ebay-Verkäufer verzeichnete im Monat zwischen 17 und 25 Verkäufe. Teils wurden bis zu 17 gleichartige Artikel gleichzeitig angeboten.
- Das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. entschied in einem Beschluss: Wer als Powerseller auftritt, also als solcher registriert ist, ist regelmäßig als Unternehmerin bzw. Unternehmer einzustufen (OLG Frankfurt a. M., Beschluss v. 21.03.2007, Az.: 6 W 27/07).
- Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat sich mit dieser Problematik in seinem Urteil vom 4. Oktober 2018 (Az.: C-105/17) beschäftigt. Die Einstufung von Online-Verkäuferinnen und -verkäufern als Privat oder Gewerbetreibende kann nicht allein an der Zahl der angebotenen Artikel festgemacht gemacht werden. Das Urteil bestätigt damit die deutsche Rechtsprechung zu dieser Problematik. Die Beurteilung, ob eine Verkäuferin oder ein Verkäufer gewerblich oder privat auftritt, kann nicht anhand eines einzelnen Kriteriums erfolgen. Entscheidend ist eine Gesamtschau aller relevanten Umstände.
- Im Falle eines Streits muss dann die Verkäuferin oder der Verkäufer beweisen, dass er oder sie keine Unternehmerin bzw. kein Unternehmer im Sinne des § 14 BGB ist (Oberlandesgericht Koblenz, Beschluss v. 17.10.2005, Az.: 5 U 1145/05). Die Besonderheiten derartiger Geschäfte rechtfertigen eine Beweislastumkehr zu Gunsten der Verbraucherin bzw. des Verbrauchers.
Die Entscheidung zeigt deutlich ein Problem des Verbraucherschutzrechts auf. Durch die Anknüpfung an den relativ unbestimmten Unternehmerbegriff ist sowohl für Verkäuferinnen bzw. Verkäufer als auch für Käuferinnen bzw. Käufer im Einzelfall unklar, ob Vertragspartnerinnen und Vertragspartner als Unternehmer oder Unternehmerinnen anzusehen sind. Wegen der erheblichen Rechtsfolgen einer fehlenden Widerrufsbelehrung trägt vor allem die Verkäuferin bzw. der Verkäufer ein nicht zu unterschätzendes Risiko.
Die Tatsache, dass Verkäuferinnen und Verkäufer in ihren Auktionstext schreiben, sie handeln als Privatperson und nicht als Unternehmerin bzw. Unternehmer ist irrelevant, weil sie bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 14 BGB automatisch per Gesetz als Unternehmerinnen und Unternehmer zu behandeln sind. Eine Vereinbarung über die Frage, ob jemand als Verbraucherin bzw. Verbraucher oder Unternehmerin bzw. Unternehmer handelt, ist nicht möglich.
Kauf von Verbrauchsgütern
Steht fest, dass man den Artikel von einer Unternehmerin bzw. einem Unternehmer gekauft hat, so gelten zusätzlich die Vorschriften zum Verbrauchsgüterkauf (§474 ff.BGB). Die Vorteile für Verbraucherinnen und Verbraucher liegen auf der Hand:
- Verkaufende Unternehmerinnen und Unternehmer können nicht die Haftung für Sachmängel ausschließen. Tun sie es trotzdem, ist der Ausschluss unwirksam.
- Bei Mängeln besteht innerhalb des ersten Jahres eine Beweislastumkehr zu Gunsten der Verbraucherinnen und Verbraucher.. Zeigt sich der Mangel in diesem Zeitraum, so wird vermutet, dass er bereits bei Ablieferung der Sache vorgelegen hat, bis der oder die Verkäufer/-in das Gegenteil bewiesen hat.
- • Außerdem gelten günstige Gefahrtragungsregeln: Verkäuferinnen und Verkäufer tragen das Risiko, wenn die Ware beim Transport beschädigt wird oder verloren geht.
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