Handwerkerrechnungen: Was ist erlaubt?
Von: Verbraucherzentrale Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Arbeitszeitangaben in Auftragsformular und AGB
- Preisabsprachen im Kleingedruckten: Was ist rechtlich zulässig?
- Arbeitszeit aufrunden: Preisnebenabreden im Kleingedruckten
- Fahrtzeit als Arbeitszeit
- Klauseln auf Rechnungsformularen
- Wann ist eine Rechnung sittenwidrig? Wucher § 138 BGB
Arbeitszeitangaben in Auftragsformular und AGB
Vor Durchführung eines Auftrages lassen sich Handwerker oft von Kund/-innen ein Auftragsformular unterschreiben. Nach Erhalt der Rechnung stellen Verbraucher/-innen dann häufig überrascht fest, dass Arbeitsleistungen und Fahrtzeiten in Arbeitseinheiten (AE) berechnet werden. Eine solche Arbeitseinheit beträgt z. B. ¼ Stunde. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Handwerkers steht dann oft folgende Formulierung:
„Je 15 Minuten = 19,95 Euro“
Die AGB befinden sich in der Regel auf der Rückseite des Auftragsformulars. Auf der Vorderseite ist meist ein Hinweis auf die AGB abgedruckt. Wenn dieser Hinweis deutlich ist, reicht dies für eine Einbeziehung der AGB in den Vertrag. Doch ist diese Art der Abrechnung durch Handwerker zulässig?
Preisabsprachen im Kleingedruckten: Was ist rechtlich zulässig?
Im deutschen Recht gilt der Grundsatz der Vertragsfreiheit. Leistung und Gegenleistung können frei bestimmt werden (Privatautonomie). Klauseln, die Art und Umfang der vertraglichen Hauptleistungspflicht und die dafür zu zahlende Vergütung bestimmen, sind deswegen einer Inhaltskontrolle entzogen. Auch Bestimmungen, die das Entgelt für zusätzliche Leistungen festlegen, sind nicht kontrollfähig, solange hierfür keine anderen rechtlichen Regelungen bestehen.
Die Werklohnregelung kann nur dann einer Inhaltskontrolle unterzogen werden, wenn sie von gesetzlichen Vorschriften abweicht oder diese ergänzt. Dies ist bei Handwerkerrechnungen nicht der Fall, weswegen die Vertragsparteien den Werklohn frei bestimmen dürfen - und zwar auch in Form einseitig vorgegebener Allgemeiner Geschäftsbedingungen. Dass Preisabsprachen keiner richterlichen Kontrolle unterzogen werden können, ist auch vom Gesetzgeber so gewollt.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn die Klausel gegen das sogenannte Transparenzgebot verstoßen würde. Danach hat eine Klausel klar und verständlich zu sein. Dabei ist es ausreichend, wenn anhand der Berechnungsgrundlage der Stundenpreis errechnet werden kann. Dies ist in unserem Beispiel der Fall. Somit haben sich die Parteien wirksam über diesen Werklohn geeinigt.
Arbeitszeit aufrunden: Preisnebenabreden im Kleingedruckten
Von den Preisabsprachen strikt zu trennen sind die so genannten Preisnebenabreden. Diese treffen keine Regelung über den Werklohn an sich. Vielmehr regelt eine Preisnebenabrede die Art und Weise, wie der Werklohn zu erbringen ist, ob er z. B. bar zu bezahlen oder wann er fällig ist. Preisnebenabreden können grundsätzlich auf ihre Zulässigkeit überprüft werden.
Wir verändern die Klausel geringfügig:
„Je angefangene 15 Minuten 19,95 Euro“
Durch diese Klausel wird die Arbeitszeit aufgerundet. Vereinbarungen über die Aufrundung von Arbeitszeiten können nur dann einer Inhaltskontrolle gem. den §§ 307 - 309 BGB unterzogen werden, wenn sie von werkvertraglichen Vorschriften abweichen oder diese ergänzen.
Durch Klauseln zur Aufrundung von Arbeitszeiten wird Kund/-innen nicht geleistete Arbeitszeit berechnet. Das grundlegende Prinzip des Werkvertragsrechts besagt aber, dass der Unternehmer nur eine Vergütung für die tatsächlich geleistete Arbeitszeit erhält. Insofern wird mit der o.g. Klausel davon abgewichen. Gäbe es diese Klauseln nicht, bekäme er nur die übliche bzw. angemessene Vergütung nach § 632 BGB. Die Aufrundungsklauseln sind daher als Preisnebenabreden anzusehen und damit voll kontrollfähig.
Die Wirksamkeit einer solchen Klausel kann nicht damit gerechtfertigt werden, dies sei eine übliche Pauschalisierung, mit der Kund/-innen rechnen müssen. Ob die Klausel Kund/-innen aber unangemessen benachteiligt, muss im Einzelfall geprüft werden. Müssten Kund/-innen jede angefangene Stunde vergüten, so läge eine solche Benachteiligung sicher vor, wenn die tatsächlich geleistete Arbeitszeit nur 5 Minuten betrug. Im obigen Beispiel lässt sich beides vertreten.
Fahrtzeit als Arbeitszeit in Handwerkerrechnungen
Häufig findet sich in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) folgende Klausel:
„Fahrtzeiten gelten als Arbeitszeiten.“
Eine solche Regelung über die Fahrtkosten stellt eine Vereinbarung über den Werklohn dar. Es handelt sich also um eine Preisabsprache. Selbst dann, wenn der/die Werkunternehmer/-in erst in den AGB die einzelnen Bestandteile des Werklohns aufführt und dort die Regelungen über Fahrtzeit und Arbeitszeit trennt.
Fahrtzeit kann grundsätzlich wie Arbeitszeit berechnet werden. Denn die Vertragsparteien können Leistung und Gegenleistung frei bestimmen. Voraussetzung ist natürlich, dass die AGB wirksam einbezogen wurden. Auch wenn die Fahrtzeitenregelung nicht der Inhaltskontrolle nach §§ 307-309 BGB unterliegt, so kann sie doch wie bereits besprochen auf Transparenz geprüft werden. Hierbei sind jedoch keine allzu strengen Anforderungen zu stellen: Wenn anhand der Berechnungsgrundlage der Stundenpreis errechnet werden kann, dürfte dies ausreichen.
Klauseln auf Rechnungsformularen
Präsentiert beispielsweise ein Schlüsseldienst erst nach Durchführung der Arbeiten eine Rechnung, auf der sich Klauseln zur Vergütung befinden, handelt es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, sondern um eine Abrechnungsmethode, die im Rahmen der angemessenen Vergütung nach § 632 BGB überprüft werden kann. Nachträglich kann also keine wirksame Preisvereinbarung über das Kleingedruckte erfolgen.
Oft tauchen Positionen wie „Fahrtkosten“ oder „Einsatz eines Spezialgerätes“ erst auf der Rechnung auf. Wurde vorher kein entsprechender Auftrag unterschrieben, so können diese Kosten nur verlangt werden, soweit sie üblich sind.
Wann ist eine Handwerkerrechnung sittenwidrig? Wucher § 138 BGB
Auch wenn eine Preisklausel im Einzelfall nicht kontrollfähig ist, so kann das Zahlungsverlangen des Werkunternehmers aber sittenwidrig sein. Gem. § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, in dem eine Vertragspartei für ihre eigene vertragliche Leistung von der anderen Partei eine Gegenleistung verlangt, die im Missverhältnis zur Leistung steht. Von einem solchen Missverhältnis ist auszugehen, wenn der Werklohn die übliche Bezahlung in dieser Branche um 100% übersteigt. Wie hoch der übliche Werklohn ist, kann man durch eine Anfrage bei der Handwerkskammer oder den Innungen ermitteln.
Hinzukommen muss, dass der/die Unternehmer/-in eine Schwäche der beauftragenden Person ausgenutzt hat, was oft schwierig zu beweisen ist. Wenn sich der/die Verbraucher/-in, wie bei Notdiensten, in einer Zwangslage befindet, ist dies aber häufig der Fall.
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