Gebühren des Inkassobüros: Welche sind zulässig?
Von: Verbraucherzentrale Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Ist das Unternehmen berechtigt, Inkassotätigkeiten durchzuführen?
- Wann muss der Verbraucher die Gebühren des Inkassobüros überhaupt bezahlen?
- Was darf ein Inkassobüro konkret berechnen?
- Was ändert sich zum 01.10.21?
- Was bedeutet die Schadensminderungspflicht des Auftraggebers?
- Ratenzahlungsvereinbarungen
- Auslagenpauschale
- Mehrwertsteuer
- Verzugszinsen des Gläubigers
- Kontoführungsgebühr
- Hebegebühren
- Kosten für Adressermittlung
Ist das Unternehmen berechtigt, Inkassotätigkeiten durchzuführen?
Prinzipiell darf ein Gläubiger zur Eintreibung seiner Forderung ein Inkassounternehmen einschalten. Das in Deutschland ansässige Unternehmen muss jedoch im Rechtsdienstleistungsregister eingetragen sein. Betroffene Verbraucher sollten zunächst die Registrierung unter www.rechtsdienstleistungsregister.de nachprüfen. Rechtsanwälte, die Inkassodienstleistungen erbringen, müssen ebenfalls zugelassen sein. Dies können Sie über das „Bundesweite Amtliche Anwaltsverzeichnis“ der Bundesrechtsanwaltskammer herausfinden.
Ist das Inkassobüro nicht eingetragen oder zugelassen, ist der Inkassoauftrag nach § 134 BGB nichtig, so dass die Kosten des Inkassounternehmens nicht bezahlt werden müssen.
Das Inkassounternehmen muss darüber hinaus vom Gläubiger wirksam bevollmächtigt worden sein. Eine entsprechende Vollmacht sollte vom Inkassounternehmen angefordert werden. Diese Vollmacht berechtigt das Inkassobüro, die Forderung vom Schuldner einzuziehen.
Es kommt immer wieder vor, dass Inkassounternehmen die Forderungen von den ursprünglichen Gläubigern abkaufen. Das Inkassobüro handelt dann in eigener Sache. Es darf in diesem Fall keine Inkassogebühren verlangen.
Wann muss der Verbraucher die Gebühren des Inkassobüros überhaupt bezahlen?
Dem Verbraucher (Schuldner) können die Kosten für die Einschaltung des Inkassobüros nur dann auferlegt werden, wenn er sich im Zahlungsverzug befindet.
Dies setzt voraus, dass der Aufraggeber (Gläubiger) einen fälligen, durchsetzbaren Anspruch hat. Daran fehlt es beispielsweise, wenn die Bezahlung einer nie bestellten oder erhaltenen Ware oder Dienstleistung gefordert wird. In diesem Fall müssen weder die Forderung noch die Verzugskosten, worunter die Inkassokosten fallen, gezahlt werden.
Grundsätzlich kommt der Schuldner erst nach der Nichtzahlung trotz Mahnung in Verzug. Die Mahnung ist aber in bestimmten Fällen entbehrlich. Bei Geldforderungen beispielsweise dann, wenn für die Zahlung ein kalendermäßiger Zeitpunkt festgelegt war, oder aber spätestens 30 Tage nach Erhalt der Rechnung. Hierauf muss er allerdings in der Rechnung hingewiesen worden sein. Näheres siehe Beitrag zum Verzug
Was darf ein Inkassobüro konkret berechnen?
Werden rechtmäßig Inkassokosten verlangt, gilt seit dem 09. Oktober 2013 eine Deckelung der Gebühren. Es dürfen höchstens die Gebühren geltend gemacht werden, die ein Rechtsanwalt nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) für die Inkassotätigkeit verlangen darf.
Die Kosten richten sich nach dem Gegenstandswert, also der Höhe der Hauptforderung. Für eine außergerichtliche Vertretung erlaubt das RVG die Festsetzung einer halben (0,5) bis maximal einer zweieinhalbfachen (2,5) Gebühr. Im Regelfall wird bisher die sogenannten Mittelgebühr in Höhe des 1,3-fachen Gebührensatzes abgerechnet. Das bedeutet aber nicht, dass Inkassounternehmen standardmäßig eine Gebühr von 1,3 für die Bearbeitung in Rechnung stellen dürfen, wie es oft der Fall ist. Bestreitet der Schuldner die Forderungen gilt dieser Kostenrahmen auch weiterhin fort.
Was ändert sich zum 01.10.2021?
Zum 01.10.2021 tritt das Gesetz zur Verbesserung des Verbraucherschutzes im Inkassorecht in Kraft. Für die Höhe der Kosten ist es jetzt ausschlaggebend, ob die Forderung unbestritten oder bestritten ist - also der Schuldner sich aktiv gegen die Forderung gewehrt hat. Ist die Forderung bestritten, ändert sich an der Rechtslage nichts.
Bei einer unbestrittenen Forderung wird die Geschäftsgebühr für die Einziehung auf 0,9 beschränkt.
Ist die Inkassodienstleistung besonders umfangreich oder schwierig kann maximal eine Gebühr von 1,3 erhoben werden.
Wenn Schuldner die Forderung nach einem ersten Mahnschreiben sofort bezahlen, dürfen Inkassobüros nur eine Gebühr von 0,5 erheben.
Besondere Regeln gelten für geringe Forderungen von unter 50 Euro. Hier wird der Gebührenwert grundsätzlich reduziert. Auch hier kann die Gebühr durch sofortiges Bezahlen nochmals verringert werden
Sind Verbraucher Opfer eines Identitätsdiebstahls geworden, muss der Inkassodienstleister mitteilen, wenn ihre Anschrift bei einer Adressermittlung ermittelt wurde.
Was bedeutet die Schadensminderungspflicht des Auftraggebers?
Auch wenn sich der Schuldner im Zahlungsverzug befindet, bedeutet das nicht, dass er die Inkassokosten in jeden Fall und in jeder beliebigen Höhe zahlen muss. Den Gläubiger trifft eine so genannte Schadensminderungspflicht. Das bedeutet, dass er keine unnötigen oder unnötig hohen Kosten verursachen darf. Vielmehr muss er das billigste und effektivste Mittel zur Beitreibung seiner Forderung wählen.
Beispiele:
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Verfügt ein Unternehmen über eine eigene Mahnabteilung, so stellt sich die Frage, welchem Zweck die Beauftragung eines Inkassobüros dienen soll, da dessen Tätigkeit prinzipiell nichts anderes darstellt, als den Schuldner zu mahnen.
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Auch wenn der Schuldner bereits Einwendungen gegen die Forderung erhoben hat und absehbar ist, dass die Forderung gerichtlich geltend gemacht werden muss, ist es günstiger, einen Rechtsanwalt mit der Beitreibung der Forderung zu beauftragen. Dessen Gebühren werden zur Hälfte in einem späteren Gerichtsverfahren angerechnet. Das kommt letztlich dem Schuldner zugute.
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Ist dem Gläubiger die Zahlungsunfähigkeit des Schuldners bekannt oder hat dieser die Forderung anerkannt und eine Zahlung in Aussicht gestellt, ist die Einschaltung eines Inkassobüros ebenfalls nicht erfolgversprechend bzw. notwendig.
Inkassogebühren bei Ratenzahlungsvereinbarungen
Haben Betroffene sich mit den Inkassounternehmen auf eine Ratenzahlung verständigt, so gibt es dafür in Zukunft eine eigene Einigungsgebühr in Höhe von 0,7.
Die Gebühr darf jedoch nur nach einem reduzierten Geschäftswert von 50% berechnet werden.
Diese Einigungsgebühr ist rechtlich zulässig. Wird die Ratenzahlungsvereinbarung widerrufen, fällt auch die Einigungsgebühr nicht an.
Auslagenpauschale
Auslagen sind Kosten, die dem Inkassounternehmen beispielsweise durch das Versenden der Forderungsschreiben oder durch Telefonate entstehen. Eine solche Pauschale ist zulässig, beträgt 20 % des Gegenstandswertes und ist gedeckelt auf 20 Euro.
Mehrwertsteuer
Häufig wird auch die Mehrwertsteuer von Inkassobüros geltend gemacht.
Die 19 Prozent Umsatzsteuer auf die verlangte Inkassogebühr darf ein Inkassounternehmen nicht verlangen, wenn der Auftraggeber (Gläubiger) gewerblich handelt und vorsteuerabzugsberechtigt ist.
In diesem Fall kann der Gläubiger die Umsatzsteuer, die er an das Inkassobüro gezahlt hat, selbst in Vorsteuerabzug bringen. Ihm entsteht dann kein Schaden.
Fast jeder Gewerbetreibende und alle Kapitalgesellschaften (GmbH, AG) sind vorsteuerabzugsberechtigt.
Nicht vorsteuerabzugsberechtigt sind beispielsweise Ärzte, Versicherungen, Banken oder Kleinunternehmen mit einem Umsatz unter 17.500 Euro/Jahr.
Verzugszinsen des Gläubigers
Verzugszinsen (§ 288 BGB) müssen vom Schuldner erstattet werden, d.h. sie sind zulässig. Allerdings lohnt sich in diesem Zusammenhang häufig eine genaue Prüfung, ob der Verzugszeitpunkt korrekt berechnet wurde. Für die Höhe der Verzugszinsen gelten bei Verbrauchergeschäften gesetzliche Vorgaben (maximal 5% über dem Basiszins), von denen nicht grundlos abgewichen werden kann.
Kontoführungsgebühr
Kosten für die Kontoführung des Inkassobüros (gemeint ist die Führung eines Buchungskontos in der EDV des Inkassobüros und keine Bankverbindung) sind vom Schuldner nicht zu ersetzen. Eine entsprechende Gebühr ist im RVG nicht vorgesehen.
Kosten für Adressermittlung
Diese Kosten sind nur dann zu ersetzen, wenn eine Adressermittlung z. B. wegen Umzugs des Schuldners und einer fehlenden Umzugsmitteilung erforderlich war. Berechnet werden dürfen nur die tatsächlich angefallenen Kosten. In der Regel sind Gebühren zwischen vier und acht Euro für die Ermittlung einer Adresse oder einer Auskunft beim Einwohnermeldeamt gerechtfertigt.
Wie verhält man sich bei einer unberechtigten Forderung?
Inkassoschreiben sollten immer zuerst dahingehend überprüft werden, ob alle Kostenpositionen überhaupt und in der angegebenen Höhe berechtigt sind. Nur wenn dies der Fall ist, muss gezahlt werden. Erhält der Verbraucher eine unberechtigte Zahlungsaufforderung, gelten die allgemeinen Grundsätze, wenn es sich um eine unberechtigte Forderung handelt.
- Beitrag über Inkassobüros: "Wie verhält man sich bei einer unberechtigten Forderung?
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- Schuldnerverzug
- Der Bundesverband Deutscher Inkasso-Unternehmen e.V. (BDIU) hat rund 540 Mitgliedsunternehmen. Berechtigte Beschwerden über unseriöse Inkassobüros können dort angebracht werden.
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