Kreditvergabe: Zu alt für Darlehen?
Von: Judit Maertsch - Verbraucherservice Bayern
In diesem Beitrag finden Sie
- Kreditprüfung: Der Einzelfall ist entscheidend
- Kreditkonditionen
- Kreditsicherheiten: problematische Immobilienbewertung
- Restschuldversicherung: Alternativen prüfen
- Immobilienrente: Umkehrhypothek und lebenslanges Wohnrecht
- Altersdiskriminierung? Wehren Sie sich!
Kreditwürdigkeitsprüfung: Der Einzelfall ist entscheidend
Bevor Kreditinstitute ein Darlehen gewähren, prüfen sie die Bonität und die vorhandenen Sicherheiten des Antragstellers oder der Antragsstellerin. Danach entscheiden sie, ob er oder sie als kreditwürdig einzustufen ist oder nicht. Ob ein Kredit gewährt wird, hängt immer vom Einzelfall ab. Daran ändert auch der allgemeine Gleichbehandlungsgrundsatz nichts, wonach eine Benachteiligung aus Gründen des Alters unzulässig ist. Ebenfalls fehlt eine umfassende Regelung für die Bonität- und Kreditwürdigkeitsprüfung. Die Banken kommunizieren offiziell keine formale Altersgrenze. Sie haben jedoch eigene, häufig nicht transparente, interne Richtlinien bzgl. älterer Darlehensnehmerinnen und Darlehensnehmer.
Bei der individuellen Darlehensprüfung ermitteln die Banken das Rückzahlungsrisiko oft über das Alter. Viele Banken arbeiten mit interner Altersobergrenze oder starren Kreditende-Leitplanken. Sie drängen auf eine hohe Tilgung mit kürzeren Laufzeiten bzw. auf vollständige Rückzahlung des Darlehens bis spätestens zum 80. Lebensjahr. Ältere Menschen erhalten trotz entsprechender Sicherheiten oft keinen Kredit, wenn es unwahrscheinlich ist, dass dieser zu Lebzeiten bzw. innerhalb der statistischen Lebenserwartung vertragsgemäß getilgt wird. Wenn der Wert der angebotenen Sicherheiten, wie Immobilien, Versicherungen o. ä. die Kreditsumme übersteigt, darf das Darlehen allerdings gewährt werden. Bei Renovierungsdarlehen kann der Immobilienwertzuwachs bei den Sicherheiten angerechnet werden.
Obwohl die EU-Verbraucherkreditrichtlinie es Banken erlaubt, das Alter der Kreditnehmerinnen und Kreditnehmern als Risikofaktor, Mittel der Risikosteuerung sachlich zu berücksichtigen, wird die pauschale Ablehnung aus Altersgründen jedoch als problematisch betrachtet. Da Kreditprüfungskriterien und Vergabepraktiken der Kreditinstitute stark variieren, lohnt sich ein Vergleich!
Kreditkonditionen: Darauf kommt es an
Seniorinnen und Senioren werden im Zuge des demographischen Wandels zu einer immer wichtigeren Kundengruppe im Kreditgeschäft. Sie profitieren in den letzten Jahren von günstigeren Zinsen für die Renovierung der eigenen Immobilie oder für das neue Auto. Die Darlehenszinsen variieren allerdings in Abhängigkeit der angebotenen Sicherheiten, der Tilgungshöhe und der ermittelten Bonität der Darlehensnehmerinnen und Darlehensnehmer.
Durch Zusatzsicherheiten wie Abtretung z. B. Sparbücher o. ä. bekommen auch ältere Menschen günstigere Konditionen. Einige Banken verlangen von älteren Antragsstellerinnen und Antragsstellern dagegen grundsätzlich solche zusätzlichen Bürgschaften oder den Beitritt von kreditwürdigen Drittpersonen als Gesamtschuldnerinnen bzw. Gesamtschuldnern. Vergleichen Sie die Konditionen bei Vergleichsportalen oder über Kreditmaklerinnen und -makler.
Tipp: Kreditvermittlerinnen und -vermittler können ältere Darlehensnehmerinnen und Darlehensnehmer unterstützen. Anders als Vergleichsportale, die nur die Darlehenszinsen vergleichen, führen Kreditvermittlerinnen und -vermittler Kreditsuchende und Kreditgebende zusammen. Sie finden unter den Angeboten ihrer mehreren hundert Partnerbanken und Versicherungen selbst für schwierige Fälle Lösungen mit attraktiven Konditionen. Die Kreditvergabe erfolgt dann direkt und ohne Zusatzkosten durch die Partner-Geldinstitute.
Sicherheiten für den Kredit: Problematische Immobilienbewertung
Ein bedeutender Faktor für die Kreditwürdigkeit ist die Qualität der Sicherheiten. Wenn am Ende der Vertragslaufzeit eine Restschuld besteht und nicht aus eigenen Mitteln abgelöst wird, zählen der Wert der Immobilie oder anderer Sicherheiten nur bedingt. Die Kreditwürdigkeitsprüfung erstreckt sich in diesem Fall auch auf den künftigen Anschlussdarlehensvertrages für das verbleibenden Rest-Darlehenssaldo.
Bei der Rechtsunsicherheit infolge von Umweltauflagen, wie z. B. des Heizungsgesetzes (GEG), ist die Bewertung der Immobilie als Kreditsicherheit aktuell problematisch. Die verpflichtenden GEG-Sanierungsmaßnahmen gelten als Reparaturstau und wertmindernde Faktoren. Der Wert der Sicherheiten hat sich deutlich verschlechtert. Zusätzlich erschwert die negative Preisentwicklung einer zu großen, unsanierten Immobilie als Sicherheit die Darlehensvergabe. Die Banken erheben in solchen Fällen hohe Risikoaufschläge bei den Zinsen oder lehnen die Kreditanfrage ab.
Auch für die Wertermittlung der Sicherheiten gibt es keine verbindlichen Vorgaben.
Restschuldversicherung: Alternativen prüfen
Viele Darlehensgeberinnen und Darlehensgeber verlangen - trotz ausreichender Sicherheiten - den Abschluss einer Restschuldversicherung oder bieten sie sogar im Kreditvertrag selbst an. Diese spezielle Risikolebensversicherung sichert die noch ausstehenden Darlehensverpflichtungen ab, falls die kreditnehmende Person stirbt.
Oft werden Kreditvergabe und Restschuldversicherungsabschluss gekoppelt. Die Versicherung wird mitfinanziert. Die Versicherungsprämien werden durch die Darlehenszinsen verteuert. Kreditnehmende sollten prüfen, ob ihre Darlehensrestschulden anderweitig, z. B. durch eine bestehende Risikolebensversicherung oder einen Sparvertrag, ausreichend abgesichert sind.
Der Abschluss einer Restschuldversicherung ist in der Regel nicht verpflichtend. Bei bonitätsschwachen Kreditnehmenden werden ohne Restschuldversicherung jedoch höhere Darlehenszinsen verlangt oder die Bank gewährt keinen Kredit.
Bei Immobiliendarlehen mit langer Laufzeit und hoher Kreditsumme ist die Restschuldabsicherung – am besten als Risikolebensversicherung – besonders wichtig, damit im Todesfall die Hinterbliebenen nicht durch hohe Rückzahlungsverpflichtungen finanziell belastet werden.
Immobilien-Rente: Umkehrhypothek und lebenslanges Wohnrecht
Ist die Rente zu klein oder das Haus zu groß und sind die Sanierungspflichten erdrückend, gibt es Wege, das Eigenheim zu Geld zu machen und die Rente zu erhöhen. Ein Auszug aus der Immobilie ist dabei nicht erforderlich. Beim sogenannten Umkehr-Darlehen (Invers-Hypothek) beleiht der Eigentümer oder die Eigentümerin die Immobilie und bekommt dafür z. B. einen Sanierungskredit, der erst mit Verkauf des Hauses oder dem Tod endfällig wird. Die Auszahlung des Kredits erfolgt meistens „auf einen Schlag“ und nicht in Form monatlicher Rentenbezüge. Die Bank trägt das Risiko, falls die Kreditschuld den Immobilienwert übersteigen sollte.
Ein anderes Modell ist vor allem für kinderlose Ehepaare interessant: Sie verkaufen ihr Haus und erhalten als Gegenleistung ein lebenslanges Wohn- oder Nießbaurecht und zusätzlich eine monatliche Rente. Informationen zur Immobilienrente erhalten Sie bei der Stiftung Warentest/Immobilienrente und bei den Verbraucherverbänden.
Altersdiskriminierung? Wehren Sie sich!
Wurde Ihnen auch schon einmal ein Kredit aus Altersgründen verweigert, obwohl Sie ausreichend Einkommen und Sicherheiten für das Darlehen hatten? Hat man Ihnen den Dispositionskredit gekündigt, eine Kreditkarte vorenthalten oder einen Ratenzahlungskauf abgelehnt?
Melden Sie diese Vorfälle einem Verbraucherverband, der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) oder der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS). Je mehr Informationen an die Öffentlichkeit gelangen, desto eher sind Banken und Kreditgebende wie Warenhäuser bereit, ihre Geschäftspraxis zu überdenken, um einen Imageverlust abzuwenden. Lassen Sie sich die jeweilige Ablehnung in jedem Fall schriftlich begründen!
Tipps für ältere Kreditnehmende
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Setzen Sie genügend Eigenkapital bei Immobiliendarlehen ein (mindestens 20 %)
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Bieten Sie der Bank Zusatzsicherheiten an: Sinkt das Risiko der Bank, erhalten Sie bessere Konditionen.
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Bestehen Sie auf einen Tilgungssatzwechsel! Bei knapper Kasse (z. B. wegen einer Krankheit) kann die monatliche Belastung verringert werden.
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Das Recht auf Sondertilgung soll immer vereinbart werden. So können Sie sich schneller entschulden.
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Erkundigen Sie sich nach altersunabhängigen KfW-Förderprogrammen und -Zuschüssen.
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Vergleichen Sie mehrere Angebote!
- Geld anlegen im Alter
- Immobilienrente: Diese Möglichkeiten gibt es (Artikel des VerbraucherService Bayern)
- Umkehrhypothek und Leibrente: Mietfrei im zuvor eigenen Haus wohnen
- Verbraucherdarlehen
- Was ist ein Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag?
- Restschuldversicherung: Sinnvoll oder nicht?
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes
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