Frisch gepresster Orangensaft - wo bleibt das Schalenbehandlungsmittel?
In diesem Beitrag finden Sie
- Orangensaft selber pressen
- Warum werden Schalenbehandlungsmittel verwendet?
- Welche Stoffe werden verwendet?
- Was passiert mit den Schalenbehandlungsmitteln beim Pressen von Orangensaft?
- Bewertung und Verbrauchertipps
Orangensaft selber pressen
Im Privathaushalt wird der frisch gepresste Saft aus Zitrusfrüchten hergestellt, die üblicherweise als Tafelobst (Obst, das zum direkten Verzehr bestimmt ist) angeboten werden. Dieses Obst soll den Verbraucher aber auch noch nach langen Transporten und Lagerungen (siehe unten) im Einzelhandel ansprechen.
Daher ist die Schale nur bei einem geringen Prozentsatz der Zitrusfrüchte, die bei uns zum Kauf angeboten werden, unbehandelt. Auch wenn die Schale von Zitrusfrüchten bekanntlich nicht zur Saftherstellung verwendet wird, ist ein Kontakt des Saftes mit der behandelten Hülle nicht ganz auszuschließen.
Es stellt sich für den Verbraucher also die Frage: Sollte man jetzt zum Pressen von Orangensaft nur unbehandelte oder Bio-Früchte verwenden, die teurer angeboten werden? Oder kann man ohne Angst Orangensaft auch aus Früchten bereiten, die mit Schalenbehandlungsmittel haltbar gemacht wurden?
Es wurden Untersuchungen zu dieser Fragegestellung bewertet, um zu ermitteln, ob und in welchem Umfang bei der Herstellung von Orangensaft im Haushalt ein Übergang der Schalenbehandlungsmittel in den Fruchtsaft erfolgt.
Warum werden Schalenbehandlungsmittel verwendet?
Während des Transports und der Lagerung können sich auf Zitrusfrüchten auch unter optimierten Bedingungen Schimmelpilze ausbreiten und die Ware verderben.
Eine Konservierung der Schalenoberfläche schützt die Früchte vor diesen Schaderregern und führt dadurch zu einer verbesserten Haltbarkeit.
Der Wirkstoff, der durch ein Tauch- oder Sprühverfahren auf die Früchte aufgebracht wird, verbleibt fast vollständig auf bzw. in der Schale und nur geringe Spuren gehen in den inneren, essbaren Teil über.
Welche Stoffe werden verwendet?
Zur Schalenbehandlung von Zitrusfrüchten werden vor allem die Pflanzenschutzmittel Orthophenylphenol, Thiabendazol und Imazalil eingesetzt.
Sie wirken pilzabtötend und werden legal zum Teil sowohl als Pflanzenbehandlungsmittel vor der Ernte, als auch als Schalenbehandlungsmittel nach der Ernte eingesetzt. Bei Zitrusfrüchten, deren Oberfläche nach der Ernte mit einem oder mehreren der oben genannten Mittel behandelt wurde, muss dies auf der Verpackung kenntlich gemacht werden, z. B. "konserviert mit Thiabendazol". Der Zusatz "künstlich gewachst" bedeutet, dass die Schale zur Vermeidung eines übermäßigen Feuchtigkeitsverlustes mit einer Wachsschicht überzogen wurde.
Während der Verbraucher zu Hause für die Herstellung von frischem Saft die Wahl zwischen behandelten und unbehandelten Früchten hat, finden für die industrielle Zitrussaft-Produktion nur Früchte ohne Schalenbehandlung nach der Ernte Verwendung.
Was passiert mit den Schalenbehandlungsmitteln beim Pressen von Orangensaft?
Schon bei Studien vor etlichen Jahren wurde festgestellt, dass nur ein geringer Anteil der Schalenbehandlungsmittel in den Orangensaft gelangt [1, 2].
Bei 43 mit Thiabendazol behandelten Orangenproben wurde eine durchschnittliche Thiabendazolkonzentration von 2,3 mg/kg bezogen auf die Gesamtfrucht gefunden. Dieser Wert liegt deutlich unter dem in der europäischen Pestizid-Verordnung für Zitrusfrüchte zugelassenen Höchstgehalt von 7 mg/kg.
Für die Saftbereitung wurden vier verschiedene Zitruspressen verwendet. Die Untersuchungen zeigten, dass weniger als 1 % des Wirkstoffes auf der Gesamtfrucht in den Saft gelangte. Das bedeutet, dass höchstens 0,02 mg Thiabendazol in 1 Liter Saft enthalten waren.
Die Art der Pressen hatte in den Studien keinen Einfluss auf den Gehalt von Thiabendazol im Orangensaft.
Die Thiabendazol-Mengen, die beim Pressvorgang auf die Hände übertragen werden und eventuell über einen indirekten Hand-Mundkontakt in den Körper gelangen können, waren bei den verschiedenen Zitruspressen sehr unterschiedlich.
Bei Saftpressen, bei denen die Frucht unmittelbar mit der Hand festgehalten wird, war die Thiabendazol-Übertragung auf die Hände am deutlichsten (26 %). Dies kann durch die Benutzung eines Papier-Haushaltstuches während des Pressvorgangs vermieden werden.
Frühere Untersuchungen haben gezeigt, dass durch Waschen der Früchte und anschließendem Trocknen mit einem Haushaltstuch ein Großteil des Mittels entfernt werden kann.
Im Jahr 1999 war die Bestimmung von Oberflächenbehandlungsmitteln bei Zitrusfrüchten, wie Orangen oder Grapefruits und den daraus hergestellten, frisch gepressten Säften aus so genannten Saftbars ein Untersuchungsschwerpunkt des Landesamtes für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL). Dabei kam man zu entsprechenden Ergebnissen.
Die Rückstände bei den Saftorangen lagen in der Regel unterhalb der zulässigen Höchstmengen, die Untersuchungen der daraus hergestellten Säfte ergaben Rückstände in niedrigeren Konzentrationen.
Bei weiteren Untersuchungen [3, 4] waren im Fruchtfleisch der Zitrusfrüchte auch etwas höhere Gehalte der Oberflächenbehandlungsmittel zu finden verglichen mit denjenigen aus dem Jahr 1999. Diese lagen in der Regel aber deutlich unter dem Gehalt bezogen auf die Gesamtfrucht, in den meisten Fällen waren im Fruchtfleisch weniger als 10 % der Wirkstoffe in der Gesamtfrucht nachweisbar.
Orangensäfte, frisch gepresst oder aus Konzentrat hergestellt, werden vom LGL immer wieder im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung untersucht und lebensmittelrechtlich beurteilt.
Dabei konnten seit 2015 in etwa jedem fünften Saft die Pflanzenschutzmittel Imazalil und Thiabendazol nachgewiesen werden. Das Nacherntebehandlungsmittel Orthophenylphenol und auch Rückstände von anderen legal eingesetzten Pflanzenschutzmitteln wurden hingegen nur sporadisch festgestellt. In den Jahren seit 2015 wurden erfreulicherweise keine Überschreitungen der geltenden Höchstgehalte festgestellt, die quantifizierten Mengen lagen deutlich darunter.
Im gleichen Zeitraum untersuchte Orangenfrüchte enthielten, wie in den Zeiträumen zuvor, nur geringe Mengen an Rückständen von Pflanzenschutzmitteln. Zu verzeichnen war lediglich eine Höchstmengenüberschreitung, die aber nicht im gesundheitlich bedenklichen Rahmen lag.
Bei etwa zwei von drei Orangenproben waren die zugelassenen Oberflächenbehandlungsmittel nachweisbar. Allerdings fehlte die notwendige Kennzeichnung nur bei 5 % der Produkte.
Bewertung und Verbrauchertipps
Zitrusfrüchte und daraus hergestellte Säfte schmecken nicht nur gut, sondern haben auch für die Gesundheit große Bedeutung. Sie sind deshalb beim Verbraucher zu Recht sehr beliebt.
Wie die Untersuchungsergebnisse zeigen, geht bei behandelten Früchten nur ein geringer Anteil der Wirkstoffe in den Saft über.
Um diesen noch zu minimieren, sollten die Zitrusfrüchte vor dem Pressen mit warmem Wasser gewaschen und anschließend mit einem Haushaltspapier trockengerieben werden. Am wenigsten Rückstände enthalten natürlich unbehandelte Früchte, die zudem biologisch erzeugt wurden.
Fotonachweis: Orangensaft und Orangen Fotolia.com
Quellen
- [1] Königer, M. und Wallnöfer, P.R.; Deutsche Lebensmittelrundschau 8/86, 251-253 (1990).
- [2] Königer M. und Wallnöfer P.R.; Schule und Beratung Heft 06, V-1 - V-3 (1997)
- [3] ATLANTA Aktiengesellschaft, Breitenweg 29 - 33, D-28195 Bremen. 2007, Rückstandsdaten (Zitrusfrüchte) unter http://www.kennzeichnungsrecht.de/docs
- [4] Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), 2002, Daten aus dem bundesweiten Lebensmittel-Monitoring 2002, http://www.bvl.bund.de/lebensmittelmonitoring
- Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
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