Sozialvorschrift im Straßenverkehr - Schutz und Drittschutz
Von: Dezernat G13 - Regierung von Oberbayern - Gewerbeaufsichtsamt
In diesem Beitrag finden Sie
- Tageslenkzeit
- Wöchentliche Lenkzeit / Doppelwochenlenkzeit
- Lenkdauer / Fahrunterbrechung
- Tägliche Ruhezeit
- Wochenruhezeit
- Ruhezeit auf Fährschiffen und Eisenbahnen
Transport von Personen und Gütern auf Straßen werden durch zwei unterschiedliche Fahrzeuggruppen realisiert. Beide Verkehrsmittel verbindet jedoch eines gemeinsam:
Die Fahrzeuge werden von Menschenhand bedient und gelenkt.
Damit Mensch und Ware sicher und pünktlich ihre Ziele erreichen, sind Regeln erforderlich. Nur ausgeruhte und damit leistungsfähige Fahrzeugführer sorgen für einen sicheren Transport. Der Drittschutz, aber auch der Schutz des Arbeitnehmers hinter dem Steuer selbst steht dabei im Focus. Eine seit 2003 gültige EU – Richtlinie über die Grundqualifikation und Weiterbildung der Fahrer im Güter- und Personenkraftverkehr bildet einen Pfeiler für die Verbesserung. Eine zweite Säule stellt die Regelung der Lenk- und Ruhezeiten dar. In diesem Artikel werden nachfolgend die wichtigsten Regelungen der Sozialvorschriften im Straßenverkehr aus der Verordnung (EG) Nr. 561/ 2006 dargestellt.
Dabei erheben die Aufzählungen und Erläuterungen keinen Anspruch auf Vollständigkeit.
Sollten Sie konkrete Fragen haben die diese Übersicht nicht abdeckt (z.B. Mehrfahrerbesatzung, Ruhezeiten im grenzüberschreitenden Personenverkehr), wenden Sie sich bitte an Ihre zuständige Länderbehörde. Diese wird Ihnen für den Einzelfall passende und richtige Antworten geben. Die folgend genannten Regelungen gelten für Fahrzeuge deren zulässige Gesamtmasse einschließlich Anhänger oder Sattelanhänger größer 3.5 to im Güterverkehr bzw. mehr als neun Personen (einschließlich Fahrer) im Personenverkehr beträgt. Alle angeführten Vorschriften beziehen sich auf einen Alleinfahrer. Beim Einsatz von mehreren Fahrern pro Fahrzeug gelten in Teilen abweichende Vorschriften. Diese werden hier aber nicht weiter berücksichtigt.
Tageslenkzeit
Die Tageslenkzeit ist das aufsummieren von Lenktätigkeiten während einer „Arbeitsschicht“. Eine Tageslenkzeit beginnt nach dem Ende einer täglichen oder wöchentlichen Ruhezeit und endet mit dem Beginn einer neuen, darauf folgenden täglichen Ruhezeit oder zwischen einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit. Die Tageslenkzeit darf an vier Tagen pro Woche jeweils 9 Stunden und an zwei Tagen je 10 Stunden betragen (∑Lz max 56 h).
Wöchentliche Lenkzeit / Doppelwochenlenkzeit
In zwei aufeinander folgenden Wochen darf der Fahrer insgesamt 90 Stunden lenken. Das bedeutet, wenn in Woche 1 die maximal mögliche wöchentliche Lenkzeit von 56 h erreicht ist, darf der Fahrer in Woche 2 „nur“ noch weitere 34 h lenken. Ein weiteres Arbeiten (ohne Lenkzeitanteil !) im Rahmen des Arbeitszeitgesetzes bleibt dabei unberührt.
Achtung Arbeitszeit:
Der Fahrer muss während seiner Beschäftigung am Fahrzeug alle seine Zeiten aufzeichnen. Die Eintragungen sind lückenlos am Kontrollgerät vorzunehmen.
Als Arbeitszeit eines LKW oder Busfahrers ist nicht nur die reine Lenkzeit zu sehen. Auch z.B. Lade- und Entladezeiten sind als Arbeitszeit zu werten.
Das bedeutet für den Arbeitgeber, dass er seinen Fahrer nicht mit 10 h Lenkzeit disponieren kann, wenn z.B. eine Abfahrtskontrolle am Fahrzeug vorzunehmen ist oder nach Ende der Fahrt noch eine Entladetätigkeit anfällt. Richtig wäre hier, dass der Fahrer z.B. 15´ für die Fahrzeugkontrolle einplant, sein Fahrzeug im Anschluss 7 h 45´ h lenkt (natürlich mit den vorgesehenen Fahrtunterbrechungen) und somit folglich noch max. 2 h Be- oder Entladetätigkeiten durchführen kann. Nachfolgend ist von ihm eine regelmäßig tägliche oder eine reduzierte tägliche Ruhezeit einzulegen.
Lenkdauer/ Fahrtunterbrechung
Die Lenkdauer ist die Gesamtlenkzeit zwischen dem Zeitpunkt, zu dem ein Fahrer nach einer Ruhezeit oder einer Fahrtunterbrechung beginnt, ein Fahrzeug zu lenken, und dem Zeitpunkt, zu dem er eine Ruhezeit oder Fahrtunterbrechung einlegt. Die Lenkdauer kann ununterbrochen oder unterbrochen sein.
Eine ununterbrochene Lenkzeit darf höchstens 4 h 30´ betragen. Danach ist eine Fahrtunterbrechung von 45´ einzulegen. In dieser Zeit dürfen keine anderen Arbeiten ausgeführt werden. Die Zeit muss dem Fahrer ausschließlich zur Erholung zur Verfügung stehen. Ein Busfahrer der in dieser Zeit z.B. Getränke oder Fahrkarten an seine Fahrgäste verkauft arbeitet und legt damit keine Unterbrechung ein. Die zusammenhängende Fahrtunterbrechung von 45´ kann in zwei Blöcke aufgeteilt werden.
Hier ist zwingend die Reihenfolge zu beachten:
15 Minuten gefolgt von 30 Minuten sind in einem Zeitraum von 5 h 15´ einzubringen. Fahrtunterbrechungen im Personenlinienverkehr können deutlich abweichen bzw. können andere Regelungen haben. Auskünfte hierzu erteilt Ihnen das, für Ihre Region zuständige Gewerbeaufsichtsamt.
Im Straßenverkehr kann es dennoch immer wieder zu unvorhersehbare Situationen kommen. Daher ist seit 2020 die Überschreitung der täglichen oder wöchentlichen Lenkzeit im Ausnahmefall erlaubt. Wichtig ist hierbei, dass vom Fahrer sichergestellt werden muss, die Sicherheit im Straßenverkehr zu keinem Zeitpunkt zu gefährden.
Sämtliche Lenkzeitverlängerungen müssen durch gleichwertige Ruhepausen ausgeglichen und dokumentiert (Ausdruck aus dem Kontrollgerät !) werden.
Variante A
Wenn die Fahrer, den Ort, an dem sie ihre wöchentliche Ruhezeit einlegen wollen, nicht wie geplant erreichen können, dürfen Fahrer die tägliche und die wöchentliche Lenkzeit um bis zu eine Stunde überschreiten, um die Betriebsstätte des Arbeitgebers oder den eigenen Wohnsitz zu erreichen, um dort eine reguläre Wochenruhezeit einzulegen.
Variante B
Haben die Fahrer vor der Lenkzeitverlängerung und aus unvorhersehbaren Situationen eine ununterbrochene Fahrtunterbrechung von 30 Minuten eingelegt, dürfen sie ihre Lenkzeit ausnahmsweise um zwei Stunden verlängern. Auch hier gilt dies nur unter der Voraussetzung, dass sie die Betriebsstätte des Arbeitgebers oder den Wohnsitz ansteuern, um dort eine reguläre Wochenruhezeit einzulegen.
Tägliche Ruhezeit
Nimmt ein Fahrer seine Lenktätigkeit auf, beginnt für ihn ein 24 h- Zeitraum zu laufen. In dieser Phase darf der Fahrer jetzt, mit den vorgenannten Unterbrechungen, 9 oder 10 Stunden lenken. Nach dem Ende einer Tageslenkzeit und vor Beginn einer neuen Tageslenkzeit hat er eine ausreichende tägliche Ruhezeit einzulegen. Die Einhaltung dieser täglichen Ruhezeit kann in drei Varianten realisiert werden:
Variante A
Eine regelmäßige tägliche Ruhezeit umfasst zusammenhängend 11 Stunden in 24 h nach Fahrbeginn.
Variante B
Legt der Fahrer eine zusammenhängende Ruhezeit ein die weniger als 11 h, aber mindestens 9 h umfasst, so ist sie als reduzierte tägliche Ruhezeit zu werten. Zwischen zwei wöchentlichen Ruhezeiten darf der Fahrer höchstens 3-mal die tägliche Ruhezeit verkürzen. Ein Ausgleich für die Verkürzungen ist nicht notwendig.
Variante C
Eine tägliche Ruhezeit kann auch in zwei Abschnitte aufgeteilt werden. Bei dem Splitting ist ein Abschnitt von zusammenhängend 3 h, gefolgt von zusammenhängend 9 h einzulegen.
Der erste Teil von 3 h kann während, der zweite Teil muss nach Beendigung der „Arbeitsschicht“ genommen werden.
Wochenruhezeit
Eine Wochenruhezeit beginnt spätestens am Ende von sechs 24- h Zeiträumen nach dem Ende einer vorangegangenen wöchentlichen Ruhezeit. In zwei aufeinander folgenden Wochen muss der Fahrer entweder zwei regelmäßig wöchentliche Ruhezeiten, oder eine regelmäßig wöchentliche Ruhezeit und eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit einlegen. Eine regelmäßig wöchentliche Ruhezeit besteht aus zusammenhängend 45 h. Eine reduzierte wöchentliche Ruhezeit beträgt mindestens 24 h, aber weniger als 45 h.
Wird eine Reduzierung der wöchentlichen Ruhezeit durch den Fahrer in Anspruch genommen, so hat er vor dem Ende der dritten Kalenderwoche (!) einen vollständigen Zeitausgleich (z.B. 21 h) vorzunehmen. Der Ausgleich kann an eine mindestens 9- stündige tägliche Ruhezeit (9 + 21) oder an die regelmäßige wöchentliche Ruhezeit von 45 h (+ 21) angehängt werden (Kalenderwoche = Montag 00:00 Uhr bis Sonntag 24:00 Uhr). Zu beachten ist, dass auf eine reduzierte Wochenruhezeit i.d.R. immer eine regelmäßige wöchentliche Ruhezeit folgen muss, sofern in der laufenden Woche keine weitere wöchentliche Ruhezeit genommen wurde.
Hinweise zur täglichen und wöchentlichen Ruhezeit:
Ein Fahrer der seine tägliche Ruhezeit oder reduzierte wöchentlichen Ruhezeiten nicht am Heimatstandort einlegen kann darf diese nur im Fahrzeug verbringen, sofern das Fahrzeug über geeignete Schlafmöglichkeiten für jeden Fahrer verfügt und nicht fährt. Regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten dürfen nicht im Fahrzeug verbracht werden.
Im grenzüberschreitenden Verkehr können die Fahrer zwei aufeinanderfolgende reduzierte wöchentliche Ruhezeiten (d.h. 2 x mindestens 24 h) einlegen, wenn sie in vier jeweils aufeinanderfolgenden Wochen mindestens vier wöchentliche Ruhezeiten einlegt haben. Davon müssen mindestens zwei regelmäßige wöchentliche Ruhezeiten (d.h. mindestens 2 x 45 h) sein. Die zwei aufeinanderfolgenden reduzierten wöchentlichen Ruhezeiten müssen außerhalb des Mitgliedstaats des Arbeitgebers und des Wohnsitzes des Fahrers beginnen und vor der darauffolgenden wöchentlichen Ruhezeit ausgeglichen werden.
Ruhezeiten auf Fährschiffen und Eisenbahnen
Legt ein Fahrer, der ein Fahrzeug begleitet, das auf einem Fährschiff oder mit der Eisenbahn befördert wird, eine regelmäßige tägliche Ruhezeit ein, so kann diese Ruhezeit höchstens zwei Mal durch andere Tätigkeiten (z.B. Fahrt auf das Schiff/ Fahrt vom Schiff herunter) unterbrochen werden, deren Dauer insgesamt eine Stunde nicht überschreiten darf.
Während dieser regelmäßigen täglichen Ruhezeit muss dem Fahrer eine Schlafkabine oder ein Liegeplatz zur Verfügung stehen (Buchungsnachweis !).
- Schilder an Tanklastzügen
- Unfall: Unfallgefahr(en) und Unfallschutz für den Verbraucher
- Kaffeefahrten: Werbefahrten als Reisen getarnt
Für Fragen rund um die Lenk- und Ruhezeiten sind in Bayern die Gewerbeaufsichtsämter bei den jeweiligen Bezirksregierungen zuständig. Die Broschüre "Freie Fahrt - aber sicher!" kann zum Download oder kostenfrei beim Bestellservice der Bayerischen Staatsregierung angefordert werden.
Weitere Informationen zu den Sozialvorschriften im Straßenverkehr finden Sie auch beim Bundesamt für Güterverkehr, BAG.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
Alle Artikel zum Thema
Marktüberwachung
- Stoffliche Marktüberwachung
- Chemikalienhandel im Internet
- Online-Shopping: Vorsicht bei Import von Billigprodukten aus dem Ausland
- Gute Laborpraxis in Bayern - GLP
- "Safety Gate" (RAPEX): So funktioniert das EU-Schnellwarnsytem für gefährliche Non-Food-Produkte
- Tipps zur Vorgehensweise beim Erwerb unsicherer Produkte
- Welche gesetzlichen Vorgaben gibt es für Spielzeug?
- Welchen Schutz bietet das Marktüberwachungsgesetz (MüG) für die Verbraucher?
- Welchen Schutz bietet das Produktsicherheitsgesetz (ProdSG) für die Verbraucher?
- Sozialvorschrift im Straßenverkehr: Schutz und Drittschutz
- Schilder an Tanklastzügen
- Behördliche Informationen und Warnungen bezüglich technisch-chemischer Produkte