Was sind Gefahrstoffe?
Von: Bayerische Gewerbeaufsicht - Kompetenzzentrum Stoffliche Marktüberwachung
In diesem Beitrag finden Sie
- Was sind Gefahrstoffe?
- Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen
- Ausblick
Was sind Gefahrstoffe?
„Gefahrstoffe“ – definiert in der Gefahrstoffverordnung – sind Stoffe, Gemische und Erzeugnisse, die zu physikalischen Gefahren, Gesundheits- oder Umweltgefahren führen können. So fallen unter physikalische Gefahren beispielsweise Brandbildung, Entzündung oder Explosion.
Zu den „Gefahrstoffen“ gehören insbesondere die in Gefahrenklassen einzustufenden gefährlichen Stoffe und Gemische. Gesundheits- und Umweltgefahren werden durch die Eigenschaften der Stoffe/Gemische, das Ausmaß der Belastung und die Art der Aufnahme bedingt. Um die Gefahren, die von einem gefährlichem Stoff/Gemisch ausgehen, erkennen zu können, werden solche Stoffe/Gemische der Verordnung (EG) Nr.1272/2008 (CLP-VO) entsprechend eingestuft und gekennzeichnet. Auch für die Verpackung gibt es dort Vorgaben.
Gefahrstoffe können durch folgende Aufnahmewege in den Körper gelangen:
- Einatmen von Gasen, Dämpfe, Stäube oder Aerosole (Inhalativ)
- Verschlucken von Flüssigkeiten und Stäuben (Oral)
- Durch die Haut durch Resorption (Dermal)
- Durch Eindringen unter die Haut (Subkutan)
Weitere Gesundheitsgefahren sind zum Beispiel:
- Reiz-/Ätzwirkung an der Haut und/oder den Augen;
- Sensibilisierung der Haut und/oder der Lungen als Vorstufe einer allergischen Reaktion;
- Krebserzeugende Wirkung;
- Beeinträchtigung der Sexualfunktion, Fruchtbarkeit von Mann oder Frau sowie Beeinträchtigung der Entwicklung der Nachkommen;
- Erbgutveränderung;
- Wassergefährdung nach einmaliger oder wiederholter Belastung.
Einstufung und Kennzeichnung von Gefahrstoffen
Auch die Stärke der Schädigung geht in die Einstufung eines gefährlichen Stoffes oder Gemisches ein. In Europa gibt es für viele Stoffe eine allgemein verbindliche Einstufung und Kennzeichnung.
Berufliche Verwender können die Einstufung und Kennzeichnung einzelner gefährlicher Stoffe wie z.B. Methanol, Formaldehyd, Dichlormethan aus dem Sicherheitsdatenblatt entnehmen.
Am Beispiel eines Chemikaliengemisches, das rund 37% Gewichtsprozent Formaldehyd, d.h. 37 mg Formaldehyd/100 mg (Gemisch), 10 Gewichtsprozent Methanol als gefährliche Stoffe und 53 Gewichtsprozent ungefährliche Anteile enthält, wird die Einstufung und Kennzeichnung des Gemisches verdeutlicht:
Im Sicherheitsdatenblatt stehen zur Charakterisierung des genannten gefährlichen Gemisches folgende Gefahrenhinweise (H-Sätze) für die Stoffe:
Gefährliche Inhaltsstoffe | Vereinfachte Einstufung an Hand der H-Sätze |
---|---|
Formaldehyd | giftig bei Verschlucken, Einatmen und Hautkontakt, verursacht schwere Verätzungen der Haut und schwere Augenschäden, kann allergische Hautreaktionen verursachen, kann Krebs erzeugen, kann die Atemwege reizen, kann vermutlich genetische Defekte verursachen, schädigt die Organe |
Methanol | Flüssigkeit und Dampf leicht entzündbar, giftig bei Verschlucken, Hautkontakt und Einatmen, schädigt die Organe (Augen) |
Das Gemisch trägt als Kennzeichnungselemente die Piktogramme für Ätzwirkung, den Totenkopf mit den gekreuzten Knochen und das Piktogramm „Gesundheitsgefahr“.
Wie aus der Tabelle ersichtlich ist, bedingt der Gehalt von Formaldehyd des Gemisches die Ätzwirkung an der Haut und die schweren Augenschäden (erstes Piktogramm). Methanol und Formaldehyd sind beide nach einmaliger Aufnahme giftig nach Einatmen, bei Verschlucken und nach Hautkontakt (zweites Piktogramm). Das dritte Piktogramm „Gesundheitsgefahr“ gibt es sowohl bei Methanol als auch bei Formaldehyd. Zusätzlich trägt das Gemisch als Signalwort „Gefahr“.
Bei Verbraucherprodukten wie beispielsweise Reinigungs-, Wasch- und Putzmittel, Farben, Lacken, Klebstoffen, Frostschutzmitteln, Schädlingsbekämpfungsmitteln handelt es sich ebenfalls um Gemische. Verbraucher haben in Regel kein Sicherheitsdatenblatt, können aber die Gefahren auch leicht an den Piktogrammen auf der Verpackung ermitteln. Beispielsweise sind viele Reiniger mit dem Piktogramm „Ausrufezeichen“ und dem Signalwort „Achtung“ gekennzeichnet.
Sie tragen als Gefahrenhinweis (H-Sätze) „verursacht Hautreizungen“ oder „verursacht schwere Hautreizungen“ und Sicherheitshinweise (P-Sätze) wie z.B. „darf nicht in die Hände von Kindern gelangen“, „bei Kontakt mit der Haut: mit viel Wasser und Seife abwaschen“. Reinigungsmittel riechen oft nach Zitrone. Dieser Duft wird durch geringe Konzentrationen eines spezifischen Duftstoffs, (Limonen) verursacht. Obwohl die Konzentration des Duftstoffes im Gemisch häufig niedrig ist, kann der Verbraucher nach Kontakt allergisch reagieren. Deshalb müssen derartige Reiniger zusätzlich folgenden Sicherheitshinweis tragen: "enthält Limonen. Kann allergische Reaktionen hervorrufen“.
Deshalb unser Appell an Sie als Verbraucher:
Lesen Sie das Kennzeichnungsetikett auf der Verpackung der Gefahrstoffe!
Achten Sie auf Piktogramme und Signalwörter!
Beachten Sie - neben den Hinweisen zur Anwendung – auch die Gefahren- und Sicherheitshinweise!
AUSBLICK:
Endokrine Disruptoren ED (endokrin schädigende Substanzen) stören das körpereigene Hormonsystem (endokrines System) und verursachen dadurch schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit. Sie sind Bestandteil von vielen synthetisch hergestellten Produkten. Besonders belastet können Materialien aus Kunststoff (wie Kinderspielzeug, Kunststoffflaschen oder Kosmetikflaschen), Auskleidungen von Tetrapaks und Dosen, Elektronikartikel, Baustoffe, Kosmetikprodukte, Textilien sowie in der Industrie verwendete Löse- und Schmiermittel sein. Der ED Bisphenol A z. B. stört als Östrogen bei allen Wirbeltieren den Sexualzyklus, verstärkt die Insulinresistenz und Glukoseintoleranz und beeinflusst Schilddrüsenhormone, Lernfähigkeit sowie Hyperaktivität. Unter den ca. 800 als ED bekannten Stoffen seien hier beispielhaft PFOS, PFOA, DEHP, Triclosan und Atrazin genannt.
Zukünftig sollen Gefahren durch endokrine Disruptoren in die bereits genannte Verordnung (EG) Nr.1272/2008 (CLP-VO) durch entsprechende Gefahren- und Sicherheitshinweise aufgenommen werden.
Der Unique Formula Identifier (UFI) oder eindeutiger Rezepturidentifikator ist ein 16-stelliger alphanumerischer Code (z. B. Q3NN-3KVT-2XSG-W43X) der ab dem Jahr 2025 auf dem Kennzeichnungsettikett gefährlicher Stoffe oder Gemische anzugeben ist.
Der UFI wird von den Giftinformationszentren im Falle eines Notrufs benötigt, um das an einem Vorfall beteiligte Produkt und dessen Inhaltsstoffe genau zu identifizieren, was eine schnelle und angemessene medizinische Versorgung ermöglichen soll.
- Chemikalienhandel im Internet
- helpdesk reach clp-biozid
- Informationen über gefährliche Chemikalien in Produkten - REACH
- Entsorgung von gefährlichen Stoffen und Gemischen an kommunalen Sammelstellen
- Bayerische Gewerbeaufsicht
- Abfallratgeber Bayern
- Abfallberatung Bayern
- Abfallratgeber Bayern: Veröffentlichungen zu Entsorgung einzelner Abfallarten
- Fragen und Antworten zu endokrinen Disruptoren
- Beispiel eines Kennzeichnungsetiketts nach der CLP-Verordnung
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