Der Glykämische Index
In diesem Beitrag finden Sie
- Der Glykämische Index
- Ermittlung des GI
- Bewertung des GI
- Was ist die Glykämische Last?
- Bewertung der GL
- Was ist wissenswert beim Einsatz des GI bzw. der GL in der täglichen Praxis?
- Praktische Konsequenzen
Der Glykämische Index
Der glykämische Index (GI) beschreibt den Einfluss kohlenhydrathaltiger Lebensmittel auf den Plasmaglukosespiegel nach einer Mahlzeit. Wie lange und wie hoch steigt der Blutzuckerspiegel nach dem Verzehr eines Lebensmittels mit 50 g Kohlenhydraten an? Als Referenzgröße dient der Blutzuckeranstieg und -verlauf nach Einnahme von 50 g Traubenzucker (Glukose).Dieser hat einen glykämischen Index von 100 %.
Nachfolgende Tabelle zeigt Beispiele notwendiger Lebensmittelmengen für den GI-Test mit 50 g Kohlenhydraten. Die hier aufgeführten Lebensmittel finden sich auch in den Tabellen 2 und 4 wieder.
Tabelle 1: 50 g Kohlenhydrate sind z. B. enthalten in:
Menge in g | Lebensmittel (verzehrbarer Anteil) |
---|---|
50
|
Traubenzucker (Glukose) |
400
|
Ananas |
350
|
Apfel |
585
|
Aprikosen |
250
|
Bananen |
180
|
Basmati-Reis, gekocht |
200
|
Cashewnuss, geröstet |
65
|
Cornflakes |
50
|
Haushaltszucker |
740
|
Karotten, roh/gekocht |
110
|
Kartoffelchips |
265
|
Kartoffeln, gekocht |
550
|
Kiwi |
465
|
Linsen, reif, gekocht |
85
|
Nuss-Nougat-Creme, süss |
605
|
Orange |
575
|
Orange, Fruchtsaft |
190
|
Teigwaren eifrei Spaghetti, gegart |
605
|
Wassermelone |
320
|
Zuckermais, gekocht |
Quelle: Bundeslebensmittelschlüssel (BLS) 3.02, Karlsruhe 2014, Werte gerundet
Ermittlung des GI
In einem weitgehend standardisierten Test3 wird der GI ermittelt4.
Abb. 1: Beispiel eines Verlaufs des Blutzuckerspiegels nach Aufnahme von 50 g Kohlenhydraten als Traubenzucker (Glukose) bzw. 50 g Kohlenhydraten aus gekochten Linsen.
Abbildung 1 zeigt die Verläufe des Blutzuckerspiegels nach Verzehr von 50 g Kohlenhydraten in Form von Traubenzucker bzw. 50 g Kohlenhydraten in Form von Stärke in 465 g gekochten Linsen. Zur Ermittlung des GI werden deren Flächen berechnet und miteinander verglichen.
In obigem Beispiel hat das Testlebensmittel (hier: Linsen) einen GI von 37 %. Das bedeutet, dass der Linsenverzehr gemessen am Blutzuckerverlauf zu einem niedrigen GI führt.
Bewertung des GI
Gemäß ihrem glykämischen Index werden Lebensmittel in 3 Gruppen eingeteilt:
- hoher GI ab 70 %
- mittlerer GI 55 bis 70 %
- niedriger GI unter 55 %
Ein hoher GI bedeutet einen schnellen und hohen Anstieg des Blutzuckerspiegels. Bei einem niedrigen GI gehen die Kohlenhydrate langsamer ins Blut.
In Tabelle 2 finden Sie Angaben zum GI ausgewählter Lebensmittel sowie deren Klassifizierung.
Tabelle 2: Durchschnittlicher GI ausgewählter kohlenhydrathaltiger Lebensmittel, bezogen auf jeweils 50g Kohlenhydrate
Lebensmittel (verzehrbarer Anteil) |
GI (%)
im Durchschnitt |
Blutzuckeranstieg
|
---|---|---|
Traubenzucker (Glukose) | 100 | hoch (ab 70 %) |
Kartoffelbrei (Instant) | 87 | |
Kartoffeln, gekocht | 82 | |
Cornflakes | 81 | |
Wassermelone | 80 | |
Weißbrot | 75 | |
Schoko-Riegel | 68 | mittel (55 bis unter 70 %) |
Ananas | 66 | |
Haushaltszucker | 65 | |
Langkornreis, gekocht | 60 | |
Kiwi | 58 | |
Basmati-Reis, gekocht | 57 | |
Kartoffelchips | 56 | |
Zuckermais, gekocht | 52 | niedrig (unter 55 %) |
Orangensaft | 50 | |
Spaghetti, weiß, gekocht | 49 | |
Banane | 47 | |
Vollkornspaghetti, gekocht | 42 | |
Roggenbrot mit (80% intakten) ganzen Körnern | 41 | |
Orange | 40 | |
Vanillepudding, Instant | 40 | |
Apfel (Golden Delicious) | 39 | |
Karotten, roh und gekocht | 39 | |
Linsen, grün, gekocht | 37 | |
Smoothie, aus Milch und Früchten | 35 | |
Aprikosen | 34 | |
Milch, Vollfett | 31 | |
Nussnougatcreme | 29 | |
Cashew-Nüsse | 25 | |
Naturjoghurt | 19 |
Quellen:
- modifiziert nach Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept? Wissenschaftliche Stellungnahme der DGE. Bonn. 2013
- Kasper H.: Ernährungsmedizin und Diätetik. 11. Auflage. München. 2009
Tabelle 2 zeigt, dass vor allem Lebensmittel wie beispielsweise Kartoffelprodukte, Weißmehlprodukte und Süßigkeiten einen hohen GI haben. Günstiger dagegen sind Getreideprodukte wie Brot mit ganzen Körnern und Vollkornnudeln sowie Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst, Milch und Milchprodukte.
Zusätzlich können Lebensmittel innerhalb einer Lebensmittelgruppe (z. B. verschiedene Brotsorten) miteinander verglichen und Alternativen, die den Blutzuckerspiegel nicht so stark steigen lassen, benannt werden (s. Tab. 3).
Tabelle 3: Austausch kohlenhydrathaltiger Lebensmittel mit hohem gegen solche mit niedrigerem GI (Beispiele)
weniger | mehr |
---|---|
Weißbrot, helle Semmeln | Vollkornbrot, Vollkornsemmeln |
Langkornreis, weiß | Reis, parboiled, Naturreis |
Eierteigwaren | Vollkornnudeln, Nudeln aus Hartweizengrieß |
Schokoriegel | Müsliriegel |
Was ist die Glykämische Last?
Der GI bezieht sich auf die Lebensmittelmenge, die 50 g Kohlenhydrate enthält (Tabelle 1). Die verzehrsübliche Portionsgröße bleibt dabei jedoch unberücksichtigt. So liefern beispielsweise erst 600 g Wassermelone 50 g Kohlenhydrate. Bei einer verzehrsüblichen Portion Wassermelone von 120 g kommt der hohe GI nicht zum Tragen.
Die Glykämische Last berücksichtigt neben dem glykämischen Index die verzehrte Menge und wird durch folgende Formel berechnet:
Glykämische Last (GL) = [Zahlenwert (GI) x Zahlenwert (verwertbare KH-Menge in g/Portion)] / 100
Beispiel: Wassermelone hat einen durchschnittlichen GI von 80. Eine Portion (120 g) Wassermelone enthält 6 g KH und hat somit eine Glykämische Last
GL (Wassermelone) = [80 x 6] / 100 = 5
Die durchschnittliche GL einer verzehrsüblichen Portion Wassermelone beträgt 5 und sorgt damit für einen niedrigen Blutzuckeranstieg.
Bewertung der GL
Auch die GL wird zur Bewertung in drei Gruppen eingeteilt:
- hohe GL ab 20
- mittlere GL 10 bis unter 20
- niedrige GL unter 10
Lebensmittel mit einem relativ hohen GI können unter Berücksichtigung der üblichen Verzehrsmenge zu einem vergleichsweise geringen Blutzuckeranstieg und damit auch zu einer geringen Insulinantwort führen und umgekehrt (s.Tabelle 4).
Tabelle 4: Durchschnittliche GL ausgewählter kohlenhydrathaltiger Lebensmittel, bezogen auf eine verzehrsübliche Portion
Lebensmittel (verzehrbarer Anteil) | Portion1) in Gramm | GL2) im Durchschnitt |
Blutzuckeranstieg
|
---|---|---|---|
Basmati-Reis, gekocht | 150 | 22 | hoch (ab 20) |
Kartoffeln, gekocht | 150 | (9-)25* | |
Spaghetti, weiß, gekocht | 180 | 24 | |
Cornflakes | 30 | 20 | |
Vollkornspaghetti, gekocht | 180 | 17 | mittel (10 bis unter 20) |
Porridge (Haferflocken gekocht in Wasser) | 250 | 13 | |
Orangensaft | 250 | 12 | |
Kartoffelchips | 50 | 12 | |
Banane | 120 | 11 | |
Haushaltszucker | 10 | 7 | |
Ananas | 120 | 6 | niedrig (unter 10) |
Wassermelone | 120 | 5 | |
Linsen, grün, gekocht | 150 | 5 | |
Orange | 120 | 4 | |
Aprikosen | 120 | 3 | |
Cashew-Nüsse | 50 | 3 | |
Kiwi | 45 | 3 | |
Nussnougatcreme | 20 | 3 | |
Karotten, roh und gekocht | 80 | 2 | |
* abhängig von der Kartoffelsorte
1) Portionsangaben entnommen aus:
modifiziert nach Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE): Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept? Wissenschaftliche Stellungnahme der DGE. Bonn. 2013
2) rechnerisch ermittelt, Werte gerundet
Was ist wissenswert beim Einsatz des GI bzw. der GL in der täglichen Praxis?
Die Umsetzung einer Ernährung mit niedrigem GI bzw. niedriger GL ist aus verschiedenen Gründen in der täglichen Praxis nicht ganz einfach.
Die Werte in den GI-Tabellen differieren bei gleichen Lebensmitteln zum Teil erheblich; ein Standardwerk gibt es nicht.
Grund für diese Schwankungen sind eine Reihe von Faktoren.
-
So fehlen beispielsweise definierte Standards für die GI-Bestimmung. Als Bezugsgröße dienen nicht nur 50 g Traubenzucker (Glukose), sondern es werden gelegentlich auch 50 g Weißbrot als Referenz verwendet.
-
Bei den Testpersonen gibt es große Unterschiede bei den Testpersonen. Hierbei kann es sich z. B. um Typ 2 Diabetiker oder auch um gesunde Probanden handeln. Außerdem unterliegt der GI einer hohen „Tag-zu-Tag-Variabilität“. So treten bei ein und derselben Person, trotz identischen Lebensmittelverzehrs an mehreren Folgetagen Schwankungen beim GI auf.
Darüber hinaus spielen die Menge an Kohlenhydraten pro Portion,
-
die Art der Monosaccharidbausteine (Glukose, Fruktose, Galaktose),
-
der Stärketyp (Amylose, Amylopektin, resistente Stärke),
-
die Nahrungsmittelbegleitsubstanzen (Enzyminhibitoren),
-
die Lebensmittelverarbeitung bzw. –zubereitung (Gelatinisierung der Stärke, Partikelgröße, Lebensmittelstruktur, Zellstruktur, gekocht oder roh)
-
andere Lebensmittelbestandteile (Fett, Eiweiß, Ballaststoffe u.a.) sowie
-
die Sortenunterschiede (z. B. bei Kartoffeln)
eines Lebensmittels eine große Rolle.
Letztendlich gilt der ermittelte GI nur für Einzellebensmittel. Bei zusammengesetzten Mahlzeiten, z. B. Kartoffeln, Gulasch und Salat, können andere Inhaltsstoffe, wie z. B. das Fett in Gulasch, die Aufnahme der Kohlenhydrate verzögern und so den GI verringern.
Praktische Konsequenzen
Trotz im Vorfeld aufgezeigter Probleme bei der GI-Bestimmung oder beim Einsatz des GI in der Praxis, hilft das GI-Konzept Lebensmittel entsprechend ihrer Blutzuckerwirksamkeit einzuordnen. Vor allem kohlenhydrathaltige Lebensmittel mit niedrigem GI wirken sich positiv auf die Ernährung des Diabetikers aus. Sie sorgen für einen gleichmäßigen Blutzuckerverlauf und haben zudem einen hohen Sättigungswert. So stellen vor allem Getreideprodukte aus Vollkorn, Gemüse und Hülsenfrüchte einen hohen Stellenwert in der Ernährung des Diabetikers, aber auch des Gesunden, dar.
Wird die Auswahl der Lebensmittel nur anhand vom GI durchgeführt, kann dies zu einer unausgewogenen Ernährung führen. Lebensmittel mit einem geringen GI können viel Fett enhalten So hat beispielsweise Nussnougatcreme einen niedrigen GI, enthält aber viel Fett mit ungünstigen, gesättigten Fettsäuren.
Glossar
Amylose
Ist mit einem Massenanteil von etwa 20-30 Prozent neben Amylopektin Bestandteil der natürlichen, pflanzlichen Stärke (z. B. Mais- oder Kartoffelstärke)
Amylopektin
Hauptbestandteil (70–80 %) der natürlichen pflanzlichen Stärke (z. B. Mais- oder Kartoffelstärke)
Enzyminhibitoren
Stoffe die Stoffwechsel-Reaktionen, bei denen Enzyme beteiligt sind, unterdrücken oder verlangsamen
Fruktose (Fruchtzucker)
Einfachzucker der vor allem in Früchten und Honig vorkommt
Galaktose (Schleimzucker)
Einfachzucker der zusammen mit Traubenzucker (Glukose) den Milchzucker (Laktose) bildet
Glukose (Traubenzucker)
Ist der am häufigsten vorkommende Einfachzucker
Monosaccharide
Einfachzucker, d. h. Zucker die nur aus einem Baustein bestehen
Ergänzende Informationen
- 1 erarbeitet von einem internationalen Komitee - Diabetes and Nutrition Study Group (DNSG) der European Association for the Study of Diabetes (EASD) mit Mitgliedern aus Belgien, Dänemark, Deutschland, Finnland, Frankreich, Griechenland, Italien, Neuseeland und Schweden
- 2 Quelle: Toeller et al.: Evidenz-basierte Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus. Diabetes und Stoffwechsel 14/2005, 75-94
- 3 Der GI wird konventionell bei stoffwechselgesunden Probanden aus den Flächen unter den je von 9 Werten (nüchtern und 15, 30, 45, 60, 75, 90, 105, 120 min nach dem Essen) der kapillaren P-Glukose dargestellten Kurven und deren Ausgangswerten ausgerechnet (Quelle: Diabetologie und Stoffwechsel, 2006)
- 4 GI = Fläche des Testlebensmittels: Referenzgröße (Blutglukosefläche) x 100
Links
Weitere Themen
- Ernährung bei Diabetes mellitus Typ 2
- 1. Leitlinie Kohlenhydrate - Hilfe bei der Vorbeugung von Krankheiten
- Bluthochdruck senken mit der richtigen Ernährung?
- Mit Low Carb Ernährung zum Wunschgewicht?
Quellenverzeichnis
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung - DGE (Hrsg): Glykämischer Index und glykämische Last – ein für die Ernährungspraxis des Gesunden relevantes Konzept? Wissenschaftliche Stellungnahme der DGE. Ernährungs-Umschau 1, 2013, M26-M38
- Kasper H.: Ernährungsmedizin und Diätetik. 11., überarbeitete Auflage. München. Urban & Fischer Verlag, 2009.
- Kluthe, R., et al: Das Rationalisierungsschema 2004. Aktuel Ernaehr Med 2004; 29: 245-253
- Toeller M.: Evidenz der Ernährung in der Therapie und Prävention des Diabetes mellitus. Aktuel Ernaehr Med 2005; 30: 197-203
- Toeller, M., et al:
- Ernährung bei Diabetes. Schulungssystem nach evidenzbasierten Leitlinien. 2., erweiterte Auflage. Baierbrunn. Wort & Bild Verlag, 2006.
- Evidenzbasierte Ernährungsempfehlungen zur Behandlung und Prävention des Diabetes mellitus.
- Diabetes und Stoffwechsel 2005; 14: 75-94.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
Alle Artikel zum Thema
Krankheiten
- Vollwertig essen bei erhöhten Blutfettwerten
- Tipps für mehr Schwung im Darm
- Essen und Trinken bei Demenz
- Ernährung bei Typ-2-Diabetes
- Ernährung bei Hyperurikämie und Gicht
- Glutenfreie Ernährung
- Folat und Folsäure in der Ernährung
- Bluthochdruck senken mit der richtigen Ernährung?
- Ausreichende Calciumzufuhr für gesunde Knochen
- Calcium- und Vitamin D Gehaltee
- Der Glykämische Index
- Entzündungshemmende Ernährung bei rheumatischen Erkrankungen
- Gesunde Haut durch richtige Ernährung?
- Ernährung bei Weizenunverträglichkeiten
- Lebensmittelallergien
- Vitamine
- Histaminintoleranz
- Was tun bei Milchzuckerunverträglichkeit?
- Was hilft gegen Sodbrennen?
- Vitamin D und Mangelerscheinungen
- Ernährung in den Wechseljahren
- Nährstoffkonzentrate und Ergänzungsnahrung