Individualreise oder Pauschalreise: Begriffe, Rechte und Pflichten
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Begriff der Individualreise
- Begriff der Pauschalreise
- Sicherungsschein
- Rechte und Pflichten aus dem Pauschalreisevertrag
- Rücktritt vor Reisebeginn
Begriff der Individualreise
Von einer Individualreise spricht man, wenn der Reisende die einzelnen Reiseleistungen, z.B. Flug, Unterkunft, Mietwagen oder Ausflüge, individuell zusammenstellt und einzeln bucht.
Der Reisende schließt dementsprechend verschiedene Verträge mit verschiedenen Vertragspartnern. Er schließt beispielsweise einen Beförderungsvertrag mit der Fluggesellschaft, einen Beherbergungsvertrag mit dem Hotel und einen Mietvertrag mit dem Autovermieter.
Der Vorteil einer Individualreise ist, dass der Reisende seinen Urlaub nach seinen eigenen Wünschen und Bedürfnissen planen und zusammenstellen kann. Er kann frei entscheiden, welche Orte und Ausflugsziele er wann besuchen möchte.
Der Nachteil ist, dass der Reisende einen größeren Organisationsaufwand hat. Er muss nicht nur alle Leistungen selbst buchen, sondern sich auch über das Reiseland sowie die Einreise- und Sicherheitsbestimmungen informieren. Im Streitfall muss er sich mit den verschiedenen Vertragspartnern einzeln auseinandersetzen.
Begriff der Pauschalreise
Der Begriff der Pauschalreise ist in § 651 a Abs. 2 BGB gesetzlich definiert. Hiernach ist eine Pauschalreise als Gesamtheit von mindesten zwei verschiedenen Arten von Reiseleistungen für den Zweck derselben Reise zu verstehen.
In der Regel werden Pauschalreisen von einem Veranstalter zusammengestellt und dem Verbraucher angeboten. Dabei muss der Reiseveranstalter mindestens zwei einzelne Reiseleistungen (sog. selbstständige Hauptleistungen) erbringen. Davon ist bei den folgenden Beispielen auszugehen:
- Beförderung (z.B. Busfahrt, Flug) und Unterkunft
- Busfahrt und Skikurs
- Beförderung und Mietwagen
- Unterkunft und Wellnessprogramm
- Unterkunft und Sprachschule
Der Begriff der Pauschalreise setzt weiter voraus, dass die Leistungen gebündelt, d.h. nach einem im Voraus festgelegten Programm als Paket angeboten werden. Dabei genügt es, wenn die Bündelung vor Vertragsschluss erfolgt. Indizien für eine vorherige Bündelung können der Prospekt, die Angabe eines Gesamtpreises oder die Ausgabe eines Sicherungsscheins sein.
Von einer Bündelung ist auch dann auszugehen, wenn einzelne Leistungen aus einem vorgegebenen Katalog nach dem Baukastenprinzip kombiniert werden. Es handelt sich dann um ein eigenes Produkt des Veranstalters aus Sicht des Verbrauchers.
Auch beim so genannten „Dynamic Packaging“ werden mehrere Leistungen von unterschiedlichen Leistungsträgern zu einem Gesamtangebot und- preis gebündelt. In Echtzeit werden die Reiseleistungen aus unterschiedlichen Quellen je nach Kundenwunsch zusammengestellt und gebucht. Bedeutung haben insoweit die Online-Reiseportale.
Der Vorteil einer Pauschalreise gegenüber einer Individualreise ist, dass der Organisationsaufwand geringer ist. Darüber hinaus hat der Reisende im Streitfall nur einen Ansprechpartner, und zwar den Reiseveranstalter.
Wann ist eine Reise keine Pauschalreise mehr?
Eine Pauschalreise liegt nicht vor, wenn eine Reiseleistung als ein wesensmäßiger Bestandteil einer anderen Reiseleistung einzustufen ist. Davon ist z.B. auszugehen, wenn lediglich ein Hotelaufenthalt mit Verpflegung gebucht wird. Übernachtung und Verpflegung stellen eine einheitliche Leistung dar. Ein weiteres Beispiel für einen unselbstständigen Bestandteil einer Reiseleistung ist außerdem die Nutzung des hoteleigenen Wellnessbereichs.
Bei der Buchung von Ferienhäusern bei einem Reiseveranstalter ist mangels verschiedener Reiseleistungen auf die allgemeinen gesetzlichen Regelungen, insbesondere auf das Mietrecht zurückzugreifen.
In § 651a Abs. 5 BGB befinden sich weitere Aufzählungen, wann das neue Pauschalreiserecht nicht anzuwenden ist. Beispielsweise handelt es sich nicht um eine Pauschalreise, wenn die Reise weniger als 24 Stunden beträgt, keine Übernachtung beinhaltet und der Reisepreis 500 Euro nicht übersteigt.
Handelt es sich um eine Pauschalreise, findet das Pauschalreiserecht, das in den §§ 651a ff. BGB geregelt ist, Anwendung. Diese Regelungen verdrängen die dienst-, werk- und mietvertragsrechtlichen Vorschriften, die für Individualreiseverträge gelten.
Sicherungsschein bei Pauschalreisen: Schutz im Fall von Insolvenz
Da eine Pauschalreise für den einzelnen Verbraucher oftmals mit erheblichen finanziellen Aufwendungen verbunden ist, ist der Reiseveranstalter verpflichtet, dem Reisenden einen so genannten Sicherungsschein zu übergeben. Hierdurch soll der Kunde im Fall der Insolvenz des Reiseveranstalters abgesichert werden. Zumal wird der gesamte Reisepreis oder eine nicht unerhebliche Anzahlung bereits vor Reiseantritt an den Reiseveranstalter gezahlt.
Der Reiseveranstalter muss sich für den Fall seiner Zahlungsunfähigkeit absichern. Dies gewährleistet, dass der Kunde den gezahlten Reisepreis erstattet bekommt, sofern gebuchte Reiseleistungen in Folge der Zahlungsunfähigkeit nicht erbracht werden können. Außerdem muss sichergestellt sein, dass der Reisende die Aufwendungen ersetzt erhält, die für die Rückreise entstehen. Bei dem Sicherungsschein handelt es sich um die Bestätigung, dass der Reiseveranstalter seinen gesetzlichen Absicherungspflichten nachgekommen ist.
Nach § 651t BGB kann der Reisende die Bezahlung des Reisepreises verweigern, bis ihm vom Reiseveranstalter ein Sicherungsschein übergeben wurde. Keinesfalls sollte man deswegen etwas bezahlen, bevor man nicht den Sicherungsschein in Händen hält.
Rechte und Pflichten aus dem Pauschalreisevertrag
Der Reiseveranstalter einer Pauschalreise ist verpflichtet, die Gesamtheit von Reiseleistungen zu erbringen. Der Reisende muss indes den vereinbarten Reisepreis zahlen. Geregelt sind diese Pflichten in § 651a Abs. 1 BGB.
Nach § 651i Abs. 1 BGB hat der Reiseveranstalter dem Reisenden die Pauschalreise frei von Reisemängeln zu verschaffen. Ob ein solcher Reisemangel vorliegt, ist vom Vertragsinhalt abhängig. Entscheidend ist also, welche Vereinbarung mit dem Reiseveranstalter getroffen wurde. Hier kann häufig ein Blick in die Reisebestätigung, in den Reiseprospekt oder auf die Webseite des Reiseveranstalters weiterhelfen. Wurde Beispielsweise ein Zimmer mit Meerblick gebucht, und ist dieses vor Ort nicht mehr verfügbar, handelt es sich hierbei um einen Mangel. Ein Reisemangel liegt auch dann vor, wenn das Urlaubsziel erst mit erheblicher Verspätung erreicht wird oder das Gepäck auf dem Flug verloren geht.
Liegt ein Reisemangel vor, kann der Reisende vom Reiseveranstalter Abhilfe verlangen. Darüber hinaus kann der Verbraucher ggf. den Reisepreis mindern, Schadensersatz verlangen oder den Vertrag kündigen. Nähere Informationen dazu finden Sie in dem Artikel Rechte des Reisenden bei Mängeln.
Rücktritt vor Reisebeginn
Der Reisende kann vor Reisebeginn jederzeit vom Reisevertrag ohne Nennung von Gründen zurücktreten, § 651 h Abs. 1 BGB.
Der Reiseveranstalter verliert in diesem Fall den Anspruch auf den vereinbarten Reisepreis. Er kann aber eine Entschädigung vom Reisenden verlangen. Diese bemisst sich aus dem Reisepreis abzüglich ersparter Aufwendungen.
Da ein solcher Nachweis für den Reiseveranstalter nicht einfach ist, erlaubt das Gesetz in § 651h Abs. 2 BGB, dass der Reiseveranstalter in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine angemessene Entschädigungspauschale festlegen kann. Meist erfolgt hierbei eine Staffelung: je früher der Reisende von seinem Rücktrittsrecht Gebrauch macht, desto weniger "Stornokosten" hat er zu bezahlen. Erfolgt der Rücktritt unmittelbar vor Reiseantritt, kann es sein, dass der Veranstalter als Ersatz nahezu den vollen Reisepreis verlangt.
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