Sachmangel beim Kauf: Begriff
In vielen Fällen wird es zwischen dem Käufer und dem Verkäufer keine Meinungsverschiedenheit darüber geben, ob eine Sache mangelhaft ist oder nicht. Es gibt aber auch Grenzfälle, in denen diese Beurteilung schwierig werden kann.
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Begriff des Sachmangels
Wann ein Sachmangel vorliegt, regelt § 434 BGB. Dieser liegt danach in folgenden Fällen vor:
- Ein Sachmangel liegt vor, wenn die gekaufte Sache bei Gefahrübergang nicht die vereinbarte Beschaffenheit aufweist. (Der Begriff Gefahrübergang beschreibt den Zeitpunkt, in dem die Gefahr des zufälligen Untergangs oder der zufälligen Verschlechterungen der Sache vom Verkäufer auf den Käufer übergeht. Bestellt zum Beispiel ein Verbraucher bei einem Unternehmer eine Sache, so geht die Gefahr erst über, wenn der Verbraucher die Sache erhalten hat.)
- Wurde eine bestimmte Beschaffenheit nicht vereinbart, so ist die Sache mangelhaft, wenn sie sich nicht für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet.
- Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart wurde, ist die Sache außerdem mangelhaft, wenn sie sich nicht für die gewöhnliche Verwendung eignet und wenn sie eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art nicht üblich ist, aber vom Käufer erwartet werden kann. Hierzu gehören grundsätzlich auch Werbeaussagen des Verkäufers oder des Herstellers der Sache.
- Wurde vereinbart, dass der Verkäufer die Kaufsache montiert und erfolgte die Montage fehlerhaft, so liegt ebenfalls ein Sachmangel vor. Das Gleiche gilt, wenn einer Sache eine mangelhafte Montageanleitung beiliegt und sie deswegen nicht oder falsch montiert wurde. Eine mangelhafte Montageanleitung ist beispielsweise dann gegeben, wenn diese falsche Anweisungen enthält oder in einer fremden Sprache abgedruckt ist.
- Ein Sachmangel ist auch dann gegeben, wenn eine andere als die gekaufte Sache geliefert wird oder wenn eine zu geringe Menge geliefert wird.
Beweislast
Beispielsfall: Verbraucher V kauft bei dem Computerhändler H ein neues PC-Komplettsystem. Nach drei Monaten beschließt er, dass ihm der mitgelieferte 17 Zoll-Bildschirm zu klein ist und bestellt bei dem Versandhandel Y einen 24-Zoll-Bildschirm. Als er diesen angeschlossen hat, treten am Bildschirm ständig Farbveränderungen auf. V reklamiert bei Y. Dieser ist jedoch der Ansicht, dass die in den PC eingebaute Grafikkarte nicht mehr richtig funktioniere. Als V dies dem H mitteilt, meint dieser, V habe wahrscheinlich einen Fehler bei der Installation des Monitors gemacht oder aber der Monitor sei kaputt. Die Grafikkarte sei nach seiner Ansicht aber in Ordnung.
Dieses Beispiel zeigt, dass nicht immer auf den ersten Blick festzustellen ist, wer den Fehler zu verantworten hat. Vor allem bei technischen Geräten wie Smartphones, Tablets oder Kameras gibt es in der Praxis oft Probleme.
Streitentscheidend kann somit sein, wer die Beweislast für das Vorliegen bzw. das Nichtvorliegen eines Mangels bei Gefahrübergang trägt. Nach den allgemeinen Beweistragungsregeln ist es grundsätzlich am Käufer nachzuweisen, dass die Kaufsache mangelhaft ist.
Beim Verbrauchsgüterkauf gibt es hier allerdings eine Besonderheit. Zu Gunsten des Verbrauchers gibt es eine Beweislastumkehr, die in § 477 BGB geregelt ist. Nach dieser Vorschrift wird vermutet, dass die Sache bereits bei Gefahrübergang mangelhaft war, wenn sich innerhalb von sechs Monaten ab Gefahrübergang ein Sachmangel zeigt.
Mit dem Thema der Beweislastumkehr und den damit verbunden Probleme haben sich die Gerichte auf nationaler sowie auf europäischer Ebene intensiv auseinandergesetzt.
Der Europäisches Gerichtshof hat in seinem Urteil vom 04.06.2015 (Az.: C-497/13) klargestellt, dass es ausreichend ist, dass sich irgendein Mangel innerhalb von 6 Monaten zeigt. Der Anspruch sei nur dann ausgeschlossen, wenn der Verkäufer beweisen kann, dass der Grund oder der Ursprung der Vertragswidrigkeit in einem Umstand liegt, der nach der Lieferung der Sache eingetreten ist.
Der Verbraucher muss demnach beweisen,
- dass die Kaufsache nicht vertragsgemäß ist.
- dass die Vertragswidrigkeit innerhalb von sechs Monaten ab Übergabe offenbar geworden ist.
Er muss nicht beweisen,
- was der Grund für die Vertragswidrigkeit ist.
- dass die Vertragswidrigkeit dem Verkäufer zuzurechnen ist.
Der Käufer muss nun lediglich darlegen, dass die gekaufte Sache nicht den erwarteten Standards der Sache entspreche, die vernünftigerweise erwartet werden können. Wenn dem Käufer der Nachweis gelingt, dass sich der Mangel innerhalb von 6 Monaten nach Gefahrübergang gezeigt habe, greift die gesetzliche Vermutung. Der Verbraucher muss weder darlegen, auf welche Ursache der Mangel zurückzuführen ist, noch dass der Mangel auch tatsächlich in den Verantwortungsbereich des Verkäufers falle.
Dagegen hat es der Verkäufer nun schwerer, den Gegenbeweis anzutreten. Unsicherheiten, ob der Mangel beim Kauf bereits vorgelegen haben oder durch ein fehlerhaftes Verhalten des Käufers eingetreten ist, trägt allein der Verkäufer. Dies stellt eine erhebliche Verbesserung für Verbraucher dar, die innerhalb der ersten sechs Monate einen Mangel an der von ihnen gekauften Sache feststellen.
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