Krankenversicherung gesetzlich oder privat: Das sollte man wissen
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.In diesem Beitrag finden Sie
- Grundsätze der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
- Grundsätze der privaten Krankenversicherung (PKV)
- Basistarif und Standardtarif der PKV
- Wechsel in die GKV
- Beitragssteigerung
- Beitragsunterschiede im Rentenalter
- Leistungsunterschiede
Grundsätze der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV)
In der GKV gilt das Solidarprinzip: Jedes Mitglied zahlt entsprechend seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit Beiträge. Sie werden unabhängig von Alter, Geschlecht oder Gesundheitszustand berechnet und prozentual erhoben.
Der allgemeine Beitragssatz beträgt 14,6 % zuzüglich eines kassenindividuellen Zusatzbeitrags, der in vielen Fällen von den Mitgliedern allein zu zahlen ist. Die Spannbreite des Zusatzbeitrags liegt gegenwärtig zwischen 0,4 % bis 1,9 %.
Bei Arbeitnehmern und Rentnern zahlt der Arbeitgeber bzw. die deutsche Rentenversicherung die Hälfte des Zusatzbeitrags.
Die Beiträge werden maximal aus Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze erhoben. Sie liegt aktuell bei 4.837,50 € pro Monat.
Die gesetzliche Krankenversicherung unterscheidet zwischen Personen, die sich gesetzlich versichern müssen (Versicherungspflicht) und Personen, die sich gesetzlich versichern dürfen (freiwillige Versicherung). Der Versicherungspflicht unterliegen beispielsweise Auszubildende, Arbeitnehmer mit einem Jahresarbeitsentgelt bis 64.350 € pro Jahr (Versicherungspflichtgrenze) und Arbeitslose mit Arbeitslosengeldbezug. Auch Rentner unterliegen der Versicherungspflicht. Diese tritt allerdings nur ein, wenn sie zu 90 % in der 2. Hälfte ihres Erwerbslebens gesetzlich krankenversichert waren (Vorversicherungszeit).Versicherte mit Kindern können auf diese Zeit pauschal drei Jahre je Kind anrechnen lassen. Eine Anrechnung für nicht-leibliche Kinder ist an spezielle Voraussetzungen geknüpft.
Bestimmte Personengruppen unterliegen der Versicherungsfreiheit und müssen sich nicht gesetzlich krankenversichern. Sie dürfen sich jedoch freiwillig weiterversichern. Dazu gehören vor allem Angestellte mit einem Bruttojahresarbeitsentgelt oberhalb der Versicherungspflichtgrenze, Beamte und hauptberuflich selbstständig Erwerbstätige.
Kinder können unter bestimmten Bedingungen kostenfrei mitversichert werden (Familienversicherung), solange beide Partner gesetzlich krankenversichert sind. Ist der höher verdienende Partner privat krankenversichert, können Kinder meist nicht mehr kostenfrei versichert werden. Es besteht die Möglichkeit der freiwilligen gesetzlichen oder der privaten Versicherung für Kinder.
Grundsätze der privaten Krankenversicherung (PKV)
In der PKV gilt das Äquivalenzprinzip. Die Beitragsberechnung erfolgt nicht nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Versicherten, sondern durch das Einstiegsalter, den Gesundheitszustand und den Umfang der gewählten Tarifleistungen.
Die Beitragslast ist für junge Personen dadurch teilweise niedriger als in der GKV. Später kann die Unabhängigkeit der Beiträge von der Einkommenssituation jedoch einen Nachteil bedeuten, da sich die Beiträge nicht dem geringeren Einkommen im Rentenalter anpassen.
Rentner und grundsätzlich auch Arbeitnehmer erhalten von der deutschen Rentenversicherung bzw. dem Arbeitgeber einen Beitragszuschuss.
Vor Vertragsschluss wird eine Gesundheitsprüfung durchgeführt. Bei Vorliegen von Vorerkrankungen können Risikozuschläge erhoben oder Leistungsausschlüsse verlangt werden. Auch eine Ablehnung der Interessenten ist möglich.
Die private Krankenversicherung können primär Personen wählen, die in der gesetzlichen Krankenversicherung keiner Versicherungspflicht unterliegen. Arbeitnehmer und Selbstständige wählen Vollversicherungstarife, die die gesetzliche Krankenversicherung ersetzen. Beamte erhalten Beihilfe von ihrem Dienstherrn. Die restlichen Kosten werden durch beihilfekonforme Tarife abgedeckt.
Für jede versicherte Person ist ein eigenständiger Beitrag zu entrichten. Pro Kind liegt dieser je nach Leistung und Selbstbehalt zwischen ca. 120 € und 260 € pro Monat. Bei beihilfeberechtigten Kindern von Beamten ist der Beitrag in der Regel niedriger.
Erleichterter Zugang zur PKV
Einen erleichterten Zugang zur PKV bietet die so genannte Öffnungsaktion für beihilfeberechtigte Personen: Beamtenanfänger können innerhalb von sechs Monaten nach der erstmaligen Verbeamtung eine beihilfekonforme Vollversicherung erhalten. Ebenfalls unter die Regelung fallen erstmals bei der Beihilfe berücksichtigungsfähige Angehörige und in bestimmten Bestandsfällen freiwillig gesetzlich versicherte Beamte.
Eine Ablehnung aus Risikogründen oder Leistungsausschlüsse erfolgen dabei nicht. Risikozuschläge sind auf 30 Prozent des tariflichen Beitrags begrenzt. Als Beamtenanfänger gelten vor allem Beamte auf Probe, auf Zeit und Lebenszeit (wenn kein Dienstverhältnis auf Probe vorangegangen ist), sowie Beamte auf Widerruf wie beispielsweise Referendare. Einzelheiten können der Broschüre „Öffnungsaktion der privaten Krankenversicherung“ vom Verband der privaten Krankenversicherung entnommen werden.
Basistarif und Standardtarif der PKV
Seit 2009 sind die Privaten Krankenversicherungsunternehmen verpflichtet, für bestimmte Personengruppen den so genannten Basistarif anzubieten. Dies sind vor allem in Deutschland wohnhafte Personen ohne Versicherungspflicht in der GKV. Auch für Personen ohne Krankenversicherung, die zuletzt privat krankenversichert gewesen sind, ist der Basistarif wichtig, da für die Versicherer im Regelfall ein Aufnahmezwang besteht.
In Art und Umfang ist der Basistarif mit den Leistungen der GKV vergleichbar. Der zu zahlende Beitrag ist im Maximum auf den Höchstbeitrag der gesetzlichen Krankenversicherung begrenzt und beträgt aktuell 769,16 €. Hinzu kommt ein Beitrag für die Pflegepflichtversicherung. Im Falle eine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II oder XII bestehen Möglichkeiten zur Reduzierung der Prämie im Basistarif. Im Basistarif sind Risikozuschläge für Vorerkrankungen nicht erlaubt. Dennoch dürfen die Unternehmen bei Versicherungsbeginn im Basistarif eine Gesundheitsprüfung vornehmen für den Fall späterer Tarifwechsel.
Dem Basistarif sehr ähnlich ist der sog. Standardtarif. Diesen können vor allem ältere privat Versicherte wählen, die schon seit längerer Zeit der PKV angehören. Der Standardtarif hat einen sehr abgeschwächten Leistungsumfang. Insbesondere werden, wie beim Basistarif, ärztliche Gebührenfaktoren nur im geringen Maß erstattet. Der Standardtarif weist häufig einen relativ niedrigen Beitrag auf. Aufgrund der stark reduzierten Leistungen sollten Versicherte einen Wechsel in den Standard- bzw. Basistarif aber allenfalls dann in Betracht ziehen, wenn es an sinnvollen Tarifalternativen fehlt.
Wechsel von der privaten in die gesetzliche Krankenkasse
In bestimmten Fällen können privat Krankenversicherte in die gesetzliche Versicherung wechseln. Die Personen müssen üblicherweise jünger als 55 Jahre sein. Danach ist ein Wechsel, bis auf seltene Ausnahmefälle, nicht mehr möglich. In der Regel ist eine Änderung der eigenen Lebensverhältnisse notwendig.
In die gesetzliche Krankenversicherung gelangen hauptsächlich Personen, die der Versicherungspflicht unterliegen. Arbeitnehmer können normalerweise nicht in die GKV wechseln, solange ihr Einkommen oberhalb der Versicherungspflichtgrenze liegt. Durch eine Teilzeitbeschäftigung kann eine Reduzierung des Arbeitsentgelts erreicht werden. Liegt das neue Jahresarbeitsentgelt unter der Grenze tritt Versicherungspflicht in der GKV ein. Zur Klärung der Frage, auf welchen Zeitraum die Teilzeitbeschäftigung angelegt sein muss, kann die Inanspruchnahme eines Fachberaters zur Krankenversicherung ratsam sein. Für Personen, die am 31.12.2002 als Arbeitnehmer privat versichert waren, gilt eine besondere Versicherungspflichtgrenze von aktuell 58.050 € pro Jahr. Auch bei Eintritt einer Arbeitslosigkeit und gleichzeitigem Bezug von Arbeitslosengeld 1 beginnt eine gesetzliche Krankenversicherungspflicht.
Ein Wechsel in die gesetzliche Krankenversicherung ist oft zunächst mit gewissen finanziellen Einbußen verbunden. Man sollte auch beachten, dass Personen, die in der späteren Hälfte des Erwerbslebens keine ausreichende Vorversicherungszeit in der gesetzlichen Krankenversicherung nachweisen können, im Rentenalter in der GKV nicht nur aus gesetzlichen und betrieblichen Renten Beiträge entrichten, sondern auch aus weiteren Einnahmen. Dazu gehören unter anderem Mieteinnahmen und Kapitaleinkünfte. Die Einkommensabhängigkeit der Beiträge in der GKV kann aber zumindest langfristig einen Vorteil gegenüber dem privaten System bedeuten.
Beitragssteigerung in der gesetzlichen und privaten Krankenversicherung
In beiden Systemen können regelmäßige Beitragssteigerungen festgestellt werden.
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In der GKV werden die Beiträge durch eine Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze jährlich zum 1. Januar für alle Personen angehoben, deren Einkommen oberhalb der bisherigen Grenze liegt. Die Anhebung der Bemessungsgrenze ist gekoppelt an die Gehaltsentwicklung in Deutschland. Für alle Personen mit einem geringen Einkommen steigt der Beitrag durch jede Einkommenserhöhung, da die Beiträge prozentual berechnet werden. Wird der allgemeine Beitragssatz oder die Zusatzbeiträge angehoben, steigt für beide Gruppen der Beitrag.
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In der PKV steigen die Beiträge, wenn die Leistungsausgaben eines Tarifes nicht länger mit den Beitragseinnahmen gedeckt werden können. Jeder Tarif eines Versicherers wird separat betrachtet. Die Beitragserhöhung ist dadurch je Tarif und auch je Versicherer sehr unterschiedlich. Eine pauschale Aussage über die Steigerungsrate ist schwierig. In der Vergangenheit wurde jedoch in Vollversicherungstarifen bereits eine durchschnittliche Steigerung von über 5 % pro Jahr beobachtet.
Beitragsunterschiede im Rentenalter
Aufgrund der einkommensabhängigen Beitragsberechnung sinkt bei gesetzlich Versicherten im Rentenalter üblicherweise die Beitragslast. Langjährig Versicherte zahlen aus gesetzlichen Renten sowie rentenähnlichen Bezügen wie Pensionen und Versorgungsbezügen Beiträge. Kann keine ausreichende Versicherungszeit in der GKV nachgewiesen werden, müssen aus weiteren Einnahmen wie Zinsen oder Mieteinnahmen Beiträge gezahlt werden. Die deutsche Rentenversicherung trägt einen Teil des Beitrags bzw. zahlt einen Krankenversicherungszuschuss, der sich aus der Höhe der gesetzlichen Rente berechnet.
In der privaten Krankenversicherung entfällt mit Eintritt ins Rentenalter meist der Beitrag für eine Krankentagegeldversicherung. Diese hat den Zweck einer Absicherung für den Einkommensausfall während Krankheit. Personen, die eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung erhalten, steht ein Krankenversicherungszuschuss in Höhe von 8 % der Bruttorente zu. Der verbleibende Beitragsanteil ist vom Versicherten selbst aufzubringen. Da der Beitrag in der privaten Krankenversicherung einkommensunabhängig kalkuliert wird und sich im Laufe der Zeit erhöhen kann, sollte jede privat krankenversicherte Person, zusätzlich zur privaten Altersvorsorge, eine finanzielle Vorsorge für die Beiträge im Alter treffen.
Leistungsunterschiede zwischen PKV und GKV
In der gesetzlichen Krankenversicherung sind Art und Umfang der Leistungen einheitlich gesetzlich geregelt. In Teilbereichen können die Kassen durch ihre Satzungen umfangreichere Leistungen vorsehen, beispielsweise im Bereich Haushaltshilfe oder alternativer Medizin. Durch Änderung der gesetzlichen Grundlagen oder der Satzung der jeweiligen Kasse können sowohl neue Leistungen hinzukommen, als auch bisherige Leistungen reduziert oder gestrichen werden. In manchen Bereichen sind Zuzahlungen vom Versicherten zu tragen, beispielsweise bei Medikamenten.
Es gilt grundsätzlich das Sachleistungsprinzip. Das heißt, der Patient erhält die Leistung bargeldlos. Die Abrechnung erfolgt, bis auf wenige Ausnahmen, über die elektronische Gesundheitskarte.
In der privaten Krankenversicherung unterscheiden sich die Leistungen sehr stark zwischen den angebotenen Tarifen der Versicherer. Dadurch existiert eine große Vielfalt an Leistungsangeboten. Es finden sich sehr umfangreiche Tarife, aber auch Tarife, die existenzielle Leistungslücken beinhalten. Es können üblicherweise Privatärzte in Anspruch genommen werden. Viele Tarife sehen eine Selbstbeteiligung vor. Der Versicherte muss einen Teil der Behandlungskosten selbst tragen. Im Gegenzug ist der Beitrag geringer.
Es gilt grundsätzlich das Kostenerstattungsprinzip. Der Patient bezahlt die Leistungen selbst und erhält anschließend eine Erstattung durch seine Versicherung, je nach Umfang der vereinbarten Leistungen. Für den stationären Bereich stellen einige Versicherer Klinikkarten aus. Darüber ist eine direkte Abrechnung zwischen Klinik und Krankenversicherung möglich.
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