Die Lebensversicherung: Noch zeitgemäß?
Von: Verbraucherzentrale Bayern e.V.
In diesem Beitrag finden Sie
- Arten und Funktionen von Lebensversicherungen
- Risikoversicherungen: Schutz für Hinterbliebene
- Kapitalbildende Versicherungen
- Zusatzversicherungen
- Wichtiges zu Kündigung oder beitragsfreien Vertragsfortführung
Traditionell zählen Lebensversicherungen zu den klassischen Instrumenten der Altersvorsorge. Sinkende Erträge sowie der Umstand, dass immer mehr Verträge wegen Änderungen in der Lebensplanung (zum Beispiel Arbeitslosigkeit, Krankheit, Scheidung) vorzeitig gekündigt werden, verändern jedoch Wert und Bedeutung dieser Sparform.
Arten und Funktionen von Lebensversicherungen
Lebensversicherungen sind individuelle Personenversicherungen. Sie erbringen Versicherungsleistungen für den Fall, dass ein versichertes Risiko bei der versicherten Person eintritt. Dies kann Tod, der Eintritt von Arbeitslosigkeit, schwerer Krankheit oder Berufsunfähigkeit sein. Die Versicherung kann aber auch leisten, wenn ein planmäßiger Zeitpunkt (z.B. Renteneintritt) erreicht ist. Die Versicherungsleistung wird im Regelfall als Geldleistung erbracht.
Es gibt verschiedenen Formen der Lebensversicherungen. Sie lassen sich dementsprechend auch unter verschiedenen Gesichtspunkten kategorisieren. Eine Möglichkeit ist die Unterscheidung zwischen der Risikoversicherung und der kapitalbildenden Versicherung.
Risikoversicherungen: Schutz für Hinterbliebene
Die bekanntesten Formen sind die Risikolebensversicherung und die Berufsunfähigkeitsversicherung. Erstere wird meist als Hinterbliebenenschutz abgeschlossen. Für den Fall, dass die versicherte Person stirbt sind die Hinterbliebenen durch die Leistung aus der Versicherung zeitweise finanziell versorgt. Wenn man seinen Beruf nicht mehr ausüben kann drohen erhebliche Einkommenseinbußen, die mit einer Berufsunfähigkeitsversicherung ausgeglichen werden können.
Risikoversicherungen haben immer die unmittelbare Absicherung existenzieller Risiken zum Ziel. Tritt der Versicherungsfall nicht ein, gibt es auch keine Auszahlung, weil es sich eben gerade nicht um einen Sparvertrag handelt.
Die Kombination von Risikoversicherungen, wie die Risikolebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung können sinnvoll sein, weil sie teilweise kostengünstiger sind, als wenn man sie einzeln abschließen würde.
Kapitalbildende Versicherungen: Altersvorsorge mit festem Garantiezins
Ziel dieser Sparform ist die Bildung von Kapital zur Verbesserung der Altersversorgung oder auch zur Tilgung von Darlehen. Hier wird durch einmaliges oder kontinuierliches Einzahlen über einen bestimmten Zeitraum auf einen Auszahlungsbetrag hin angespart. Man unterscheidet hier zwischen der klassischen kapitalbildenden Lebensversicherung, der privaten Rentenversicherung und deren beider Formen der fondsgebundenen Versicherungen.
Kapitalbildende Lebensversicherung (klassisch)
Die Versicherungsleistung wird im Todesfall der versicherten Person, spätestens zum gewünschten Vertragsablauf fällig. Man spricht hier auch von einer gemischten Versicherung auf den Todes- und Erlebensfall.
Typisches Merkmal der klassischen Lebensversicherung ist, dass mit einem festen Garantiezinssatz gerechnet wird. In den 1990er Jahren lag dieser noch bei 4 Prozent. In 2017 werden nur noch 0,9 Prozent garantiert, ab 2022 sogar nurn noch 0,25 Prozent.
Infobox: Was ist der Garantiezins?
Der Garantiezins wird nicht auf den ganzen Prämienbeitrag, der in die Versicherung eingezahlt wird, angewandt. Der Prämienbeitrag gliedert sich auf in den Sparanteil, Risikoanteil und Kostenanteil. Verzinst wird nur der sogenannte Sparanteil. Dieser macht abhängig von der Qualität des Vertrages zwischen 60 und 90 Prozent des Beitrages aus. Über den Risikoanteil baut der Versicherer finanziell für den Fall vor, dass er aufgrund von Langlebigkeit/Tod oder Invalidität des Versicherungsnehmers mehr leisten muss.
Im Kostenanteil berücksichtigt der Versicherer seine zu zahlenden Provisionen, Inkasso- und Verwaltungskosten.
Beispiel: Herr Mueller zahlt jeden Monat 100 € in seine Kapitallebensversicherung ein. Der Kostenanteil beträgt 10 %, der Risikoanteil 5 %. Es werden somit 85 € des Monatsbeitrages verzinst.
Neben der garantierten Verzinsung entstehen noch Überschüsse, die jedoch nicht garantiert sind und somit auch schwer bei einer Auszahlungsprognose berücksichtigt werden können.
Infobox: Was sind Überschüsse?
Überschüsse entstehen zum einen, wenn die Versicherung Erträge aus Kapitalanlagen erwirtschaftet. Zum anderen bilden sich Überschüsse, wenn kalkulierte Kosten und prognostizierte Sterblichkeit geringer ausfallen als angenommen. Überschüssen müssen vorrangig die garantierten Versicherungsleistungen abdecken. Die dann noch verbleibenden Restmittel stehen zu unterschiedlichen Anteilen den Versicherungsnehmern zu.
Ebenfalls in die Überschussbeteiligung fließen die sogenannten Bewertungsreserven. Diese entstehen, wenn der Marktwert der Kapitalanlage gegenüber dem, was die Versicherung in ihrer Bilanz angenommen hat, höher ausfällt. Wieviel hiervon den Versicherungsnehmern zusteht, ist schwierig zu ermitteln, da der Wert der Bewertungsreserven sich je nach Marktlage und dem Sicherungsbedarf der Versicherung verändert.
Private Rentenversicherung
Auch die Private Rentenversicherung ist eine Lebensversicherung. Ziel der Privaten Rentenversicherung ist die Auszahlung einer garantierten Rente, so lange bis die versicherte Person stirbt. Je länger die Person lebt desto mehr muss der Versicherer zahlen. Man spricht daher auch etwas veraltet von der Leibrente.
In Abgrenzung dazu gibt es noch die Rentenversicherung als Zeitrente. Hier ist von vornherein festgelegt, wie lange die Rentenleistung gezahlt wird, unabhängig davon ob der Rentner noch lebt.
Sehr häufig hat man es mit einer aufgeschobenen Rentenversicherung zu tun. Hier zahlt der Versicherer ab einem bestimmten Zeitpunkt (nach Ablauf der Aufschubzeit) die vereinbarte Rente. Sollte der Versicherte in der Aufschubzeit sterben, werden eingezahlte Beiträge und Zinsgewinne an die Hinterbliebenen erstattet. Erreicht der Versicherte das Ende der Aufschubzeit und stirbt erst kurze Zeit später, wird nur ein Bruchteil der Rente ausgezahlt, was nicht im Sinne des Versicherten sein kann. Hierfür können Rentengarantiezeiten vereinbart werden, die festlegen, dass über eine bestimmte Anzahl von Jahren die Rente weitergezahlt wird, selbst wenn der Versicherte bereits gestorben ist.
Älteren Menschen, die kurz vor dem Rentenbeginn stehen, wird regelmäßig eine Sofortrente angeboten. Dabei handelt es sich um eine sofort beginnende Rentenversicherung, die zu Beginn durch einen hohen Einmalbetrag gespeist wird. Daraus und der Laufzeit (nach Sterbetafel) wird dann die monatliche Rentenauszahlung errechnet. Bei dieser Auszahlungsform sollte man genau nachrechnen, ob sich das Angebot der Versicherung auch tatsächlich lohnt. Immer wieder kommt es vor, dass Versicherungsnehmer weit über 90 Jahre alt werden müssen, um den Betrag ausgezahlt zu bekommen, den sie zu Beginn in die Versicherung eingezahlt haben.
Fondsgebundene Lebens- und Rentenversicherung
Hierbei handelt es sich um Sonderformen der aufgeschobenen Rentenversicherung bzw. der gemischten Lebensversicherung. Der Sparanteil wird nicht fest verzinst, sondern fließt in Investmentfonds und partizipiert an der Entwicklung des Finanzmarktes. Gegenüber den klassischen Sparvarianten kann dies zu höheren Renditen führen.
Man muss jedoch Abstriche bei der Sicherheit hinnehmen und beachten, dass im Fall der vorzeitigen Kündigung der Rückkaufswert schwank, da er der Höhe des aktuellen Fondsguthabens entspricht.
Während der Vertragslaufzeit kann man zwar die Fonds wechseln. Davon sollte aber möglichst kein oder nur sehr geringer Gebrauch gemacht werden, weil hierdurch Kosten entstehen, die wiederum den Ertrag reduzieren.
Weitere Varianten sind Indexpolicen und die Form der Neuen Klassik. In beiden Fällen wird auf Garantien weitgehend verzichtet und dadurch auf höhere Überschüsse vom Kapitalmarkt gesetzt. Doch auch diese Renditen diese fallen im Vergleich zur Direktinvestition in börsennotierte Indexfonds (ETF) mager aus.
Infobox "Laufende Informationen"
Versicherungsunternehmen müssen Ihre Kunden regelmäßig über den Stand Ihrer Lebensversicherungen und privaten Rentenversicherungen informieren. Dazu übersenden die Anbieter jährlich sogenannte Standmitteilungen mit Informationen zum Vertrag. Aufgrund einer Gesetzesänderung schulden die Versicherer seit Juli 2018 in diesen Schreiben unter anderem genaue Angaben zum aktuellen Rückkaufswert, zur Ablaufleistung bei beitragsfreier Fortführung und zu einer vereinbarten Todesfallleistung. Außerdem hat das Unternehmen mitzuteilen, in welcher Höhe dem Kunden eine Überschussbeteiligung zugewiesen wurde und inwieweit diese garantiert ist.
Zusatzversicherungen
Zum Hauptvertrag einer Lebensversicherung kann zusätzlich noch eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung abgeschlossen werden.
Anders als bei der Risikolebensversicherung muss man diese Kombination immer kritisch hinterfragen, da Kapitalsparen und Risikoschutz verknüpft werden.
Dies wird dann problematisch, wenn man gezwungen sein sollte, den Hauptvertrag (Lebensversicherung) aus finanziellen Gründen kündigen zu müssen. Dann droht auch der Berufsunfähigkeitsschutz verloren zu gehen.
Wichtiges über Kündigung oder beitragsfreie Vertragsfortführung
Kapitalbildende Lebensversicherungen sind für einen langen Ansparzeitraum angelegt. D.h. sie werden erst zum Ende ihrer Laufzeit hin rentierlich.
Wer vorzeitig seinen Vertrag beenden muss, verliert in der Regel viel Geld.
Insbesondere in den ersten Jahren der Laufzeit wird der Vertrag durch Abschluss- und Vertriebskosten so sehr belastet, dass man bei einer Kündigung bestenfalls die Hälfte der eingezahlten Beiträge zurückbekommt.
Wer dennoch über eine Kündigung nachdenkt, sollte sich vorher einige Fragen stellen:
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Handelt es sich um einen Altvertrag, der vor dem 1.1.2005 abgeschlossen wurde?
Dann wäre dieser möglicherweise steuerfrei und eine Kündigung nicht unbedingt ratsam.
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Wie hoch ist die Garantieverzinsung?
Ältere Verträge haben einen aus heutiger Sicht hohen Zinssatz, so dass es sinnvoll sein kann, bestimmte Altverträge trotzdem fortzuführen.
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Hängt an der Lebensversicherung eine Berufsunfähigkeitszusatzversicherung?
Eine Fortführung des Hauptvertrages wäre hier notwendig, wenn man sonst auch den Berufsunfähigkeitsschutz verlieren würde.
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Kann der Vertrag auch beitragsfrei fortgeführt werden?
Wurde schon einige Jahre in den Vertrag eingezahlt, kann dieser möglicherweise auch ohne Zahlung weiterer Beiträge fortgeführt werden. Die bereits gutgeschriebenen Überschussanteile bleiben erhalten. Die Voraussetzungen für die Beitragsfreistellung des Vertrages ergeben sich aus den Versicherungsbedingungen.
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Was bietet der Zweitmarkt?
Auf dem sogenannten Lebensversicherungs-Zweitmarkt werden bestehende Lebensversicherungen angekauft und durch spezialisierte Unternehmen fortgeführt. Der Kaufpreis ist im Idealfall deutlich höher als der aktuelle Rückkaufswert. Aber Achtung nicht jeder Vertrag wird genommen. Außerdem sollte das jeweilige Angebot kritisch geprüft werden.
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Besteht ein Widerspruchsrecht nach § 5a VVG a. F.?
Lebens- und Rentenversicherungsverträge, die zwischen 01.01.1995 und dem 31.12.2007 abgeschlossen wurden, enthalten oft eine fehlerhafte Widerspruchsbelehrung und können auch heute noch rückabgewickelt werden. Durch einen Widerspruch können Versicherungsnehmer gezahlte Beiträge zurückverlangen, was schnell einige tausend Euro ausmachen kann. Hierzu sollte man sich unbedingt vorher rechtlich beraten lassen.
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