Fernabsatzverträge
Unter Fernabsatzverträge versteht man Verträge (Warenbestellungen und Dienstleistungen), die per Telefon, Brief, Internet oder Fax abgeschlossen werden.
In diesen Fällen soll der Verbraucher besonders geschützt werden. Zum einen muss der Händler bei solchen Geschäften eine ganze Reihe von Informationspflichten beachten, zum anderen steht dem Kunden ein zweiwöchiges Widerrufsrecht zu. Der Grund für den besonderen Schutz liegt einerseits darin, dass der Kunde die Ware vorab nicht prüfen kann und andererseits, dass es gerade am Telefon und beim Surfen im Internet leicht zu übereilten Vertragsschlüssen kommen kann.
Im Folgenden erfahren Sie Wissenswertes über Fernabsatzgeschäfte, insbesondere auch in welchen Fällen die Verbraucher schützenden Vorschriften nicht greifen.
In diesem Beitrag finden Sie
Was ist die Grundlage der Fernabsatzvorschriften?
Die Vorschriften über Fernabsatzgeschäfte sind auf die EU-Richtlinie 97/7/EG zurückzuführen, die zunächst durch das Fernabsatzgesetz ins nationale Recht umgesetzt wurden. Mit der Schuldrechtsreform wurde zum 01.01.2002 das Gesetz aufgehoben und die relevanten Vorschriften in das Bürgerliche Gesetzbuch integriert (§§ 312c ff BGB).
Am 13.06.2014 traten die Änderungen im Rahmen der Umsetzung der "EU-Verbraucherrechterichtlinie" in Kraft. Es gab wesentliche Änderungen beim Widerrufsrecht und strukturelle Änderungen. Die für Fernabsatzverträge relevanten Vorschriften finden sich nun in §§ 312c ff BGB.
s. Artikel "Die wichtigsten Änderungen auf einen Blick"
Je nachdem, wann ein Vertrag abgeschlossen wurde, sind somit unterschiedliche Rechtslagen zu beachten. Hier wird nur die aktuelle Rechtslage wiedergegeben, die für Vertragsabschlüsse seit dem 13.06.2014 gilt.
Wann liegt ein Fernabsatzvertrag vor?
Was unter einem Fernabsatzvertrag zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber in § 312c BGB definiert. Damit die verbraucherschützenden Vorschriften für Fernabsatzverträge anwendbar sind, muss es sich um einen Vertrag zwischen einem Verbraucher und einem Unternehmer handeln.
Der Vertrag muss eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben.
„Entgeltlich“ bedeutet nicht, dass die Gegenleistung des Verbrauchers in einer Geldzahlung bestehen muss.
Ein Entgelt kann auch darin bestehen, dass er seine persönlichen Daten zur Verfügung stellt.
Die Besonderheit eines Fernabsatzvertrages besteht darin, dass der Vertrag unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln zustande kommen muss. Fernkommunikationsmittel sind alle Kommunikationsmittel, die zur Anbahnung oder zum Abschluss eines Vertrages eingesetzt werden können, ohne dass die Parteien gleichzeitig körperlich anwesend sind.
Als Beispiele hierfür nennt das Gesetz Briefe, Kataloge, Telefonanrufe, Telekopien (Fax), E-Mails, SMS sowie Rundfunk- und Telemedien.
Neben der klassischen Katalogbestellung sind also auch das Online-Shopping im Internet und das Tele-Shopping am Fernseher erfasst.
Außerdem muss der Unternehmer über ein für den Fernabsatz organisiertes Vertriebs- und Dienstleistungssystem verfügen. Der Unternehmer hat seinen Betrieb so zu organisieren, dass die Verträge regelmäßig im Fernabsatz abgeschlossen und abgewickelt werden können. Aufwendig organisierte Vorkehrungen sind nicht notwendig. Im Versandhandel ist dies an sich stets der Fall. Der Händler, der seine Ware in seinem Laden vertreibt und nur gelegentlich telefonische Bestellungen annimmt und ausführt, wird von dieser Regelung dagegen nicht erfasst.
Es liegt auch dann kein Fernabsatzvertrag vor, wenn vorab in den Geschäftsräumen des Unternehmers konkrete Vertragsverhandlungen geführt wurden und der Vertrag im Anschluss mit Hilfe eines Fernkommunikationsmittels geschlossen wird. Der Vertrag muss also unter ausschließlicher Verwendung von Kommunikationsmitteln abgeschlossen worden sein.
Rechtsfolge: Widerrufsrecht
Liegen die Voraussetzungen für einen Fernabsatzvertrag vor, so steht dem Verbraucher ein "Widerrufsrecht" zu. S. Artikel "Vertragslösung durch Widerruf"
Welche Ausnahmen gibt es?
Es gibt eine Reihe von Verträgen, bei denen die Vorschriften über besondere Vertriebsformen (Fernabsatz, Außergeschäftsraumverträge) keine Anwendung finden. In diesen Fällen hat der Verbraucher dann kein Widerrufsrecht.
Wie soll man beispielsweise einem Pizza-Service-Betreiber erklären, dass er jederzeit damit rechnen muss, dass der Verbraucher die Bestellung widerruft, also auch wenn der Pizzafahrer bereits vor der Türe steht?
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln oder Getränken sind nicht widerrufbar.
Welche Vertragsarten außerdem von den Vorschriften über besondere Vertriebsformen nicht erfasst werden, können Sie im Artikel "Vertragslösung durch Widerruf - Voraussetzungen des Widerrufsrechts" nachlesen.
Informationspflichten des Unternehmers
Liegt ein Fernabsatzvertrag vor, so hat der Unternehmer umfangreiche Informationspflichten zu erfüllen.
Geregelt sind diese Pflichten in Art. 246 a EGBGB.
In der Praxis kommen viele Händler diesen Informationspflichten nicht nach, was für den Händler gefährlich sein kann. Zum einen riskiert er eine Abmahnung bzw. Unterlassungsklage von Verbraucherverbänden, zum anderen beginnt die Widerrufsfrist nicht zu laufen, bevor der Händler bestimmten Informationspflichten nachgekommen ist.
Die Widerrufsfrist beginnt erst zu laufen, wenn der Unternehmer den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts informiert hat. Der Unternehmer kann diese Pflichten dadurch erfüllen, dass er das durch die "EU-Verbraucherrechterichtlinie" vorgegebene Muster für die Widerrufsbelehrung in Textform übermittelt. Dieses Muster ist in Anlage 1 zu Art. 246a EGBGB zu finden.
Die Belehrung muss „in einer den benutzten Fernkommunikationsmitteln angepassten Weise“ zur Verfügung gestellt werden. Das bedeutet, dass im Gegensatz zur früheren Rechtslage der Unternehmer nicht zwingend in Textform über das Widerrufsrecht belehren muss. Er kann die Informationen zum Widerrufsrecht auch auf einem dauerhaften Datenträger wie eine CD-ROM oder einen USB-Stick zur Verfügung stellen.
Widerrufsfrist
Die Widerrufsfrist beträgt 14 Tage.
- Bei Dienstleistungen, die über Fernabsatzverträge bestellt wurden, beginnt die Frist mit Vertragsschluss.
- Wurde eine oder mehrere Waren bestellt, beginnt die Frist, sobald der Verbraucher die (letzte) Ware erhalten hat.
- Hat der Vertrag die Lieferung von Strom, Gas oder Fernwärme zum Inhalt, beginnt die Frist mit Vertragsschluss.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
Aktuelles
13.04.2021
Neuer Podcast: Extraportion Eiweiß
08.04.2021
Lebensmittel umhüllt mit Plastik
31.03.2021
Ostern: Schnitzeljagd mit dem Smartphone
24.03.2021
Online-Shopping: Fake-Shops erkennen
22.03.2021
Tipps gegen Lebensmittelverschwendung
19.03.2021
Haltbarkeit von gekochten Eiern
18.03.2021
Flugärger? Kostenlose App berechnet Entschädigung
11.03.2021
Energie: Abgelehnte Wechselkund*innen
08.03.2021
Proteinreiche Erdnüsse
04.03.2021
Leasing: BGH urteilt zum Widerrufsrecht
