Tödliche Gefahr: Verschluckbare Teile an Spielzeug
Von: Sigrid Schneider - Bayerisches Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
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Untersuchungsergebnis "Kleinteile"
Bei einer durch das Gewerbeaufsichtsamt Nürnberg vor einigen Jahren durchgeführten Überprüfung im Handel wurden zahlreiche Artikel (meist Quietschenten) aus dem Verkauf genommen, bei denen sich der Pfeifmechanismus löste. Weiterhin wurde festgestellt, dass sich bei einigen Artikeln der Pfeifmechanismus erst im Rahmen der Benutzung des Spielzeugs (z.B. im warmen Badewasser unter Einfluss von Seife) leicht herauslösen lässt (Bild rechts).
Der Verkauf dieser fehlerhaften Artikel wurde durch die zuständigen Gewerbeaufsichtsämter untersagt.
Des Weiteren taucht im europäischen Binnenmarkt immer wieder Spielzeug auf, bei denen sich Kleinteile ablösen:
So wurde zum Beispiel Holzpuzzles für Kinder unter 3 Jahren vorgefunden, bei denen die Knöpfe der Holzteile nicht die notwendige Festigkeit aufwiesen. In Deutschland waren Plüschtiere auf dem Markt, bei denen sich die Augen (bestehend aus aufgeklebten Halbschalen) lösten.
Quellende Materialien
Quellende Materialien dürfen ihr Volumen, wenn sie Wasser ausgesetzt werden, in keiner Abmessung um mehr als 50 % vergrößern. Quellende Materialien bei Spielzeug können z.B. sogenannte Quell-Eier sein, dabei wird „Ei“ in Wasser gelegt. Das Spielzeug im Inneren „wächst“ dabei durch die Wasseraufnahme (quillt auf) und sprengt (nach und nach) die Schale. Solches Spielzeug ist nicht für Kinder unter 36 Monaten geeignet. Auch bei größeren Kindern sollte eine erwachsene Aufsicht beteiligt sein und sicher zu stellen, das Teile des Quelltieres nicht (abgebissen und) verschluckt werden. Häufig sind solche Quellobjekte nach dem erneuten Trocknen recht porös und sollten dann nicht weiter zum Spielen verwendet werden.
Verschluckte Teile von Quellspielzeug können scharfkantigen Kleinteilen sein oder im Magen dazu werden oder im Magen-Darm-Trakt erst vollständig aufquellen und ein Verletzungsrisiko darstellen.
Weiches Spielzeug
Squeezy toys
Auch Spielzeug zum Drücken sogenannte „squeeze toys“ z.B. aus PU-Schaum können so gestaltet sein, dass sie für kleine Kinder anziehend sind, gelegentlich sind sogar Nahrungsmittel nachgebildet. Von diesen Produkten bzw. Spielzeugen können Teile abgerissen oder abgebissen werden, die dann verschluckbare Kleinteile sind und ein Kleinkind gefährden können.
Puzzlematten
Selbst von Puzzlematten kann unter Umständen eine entsprechende Gefahr ausgehen, z.B. dadurch das kleine Teile abreißen (von der Verzahnung oder den herausnehmbaren Motiven) oder machmal auch Motivteile von Vorne herein zu klein sind.
Beißringe
Sogar bei Beißringen für Kleinkinder aus meist eigentlich recht „beißstabilem“ Silikon sollte darauf geachtet werden, dass diese möglichst kompakt gestalte sind und keine kleineren herausragenden Fortsätze haben die ggf. „abgenagt“ werden könnten. Außerdem sollten auch Beißringe (egal aus welchem Material) vor jedem Gebrauch kontrolliert werden.
Wie ist die Rechtlage?
Einige Hersteller und Importeure von Spielzeugen haben standardmäßig auf ihren Etiketten die Altersbeschränkung "Nicht geeignet für Kinder unter 3 Jahren wegen verschluckbarer Kleinteile" angebracht. Diese Einschränkung ist für derartiges Spielzeug aber oft nicht zulässig! Quietschspielzeug sowie Spielzeug mit weicher Füllung zum Halten und Kuscheln (Weichspielzeug) wird ganz überwiegend als Spielzeug für Kinder unter 3 Jahren betrachtet (vgl. "Weitere Informationen").
Hinweis
Bevor Sie Ihrem Kind Spielzeug geben, überprüfen Sie das Spielzeug auf ablösbare Kleinteile. Das bedeutet:
-
Achten Sie bereits beim Kauf der Ware (vor allem auch bei Second-Hand-Ware) auf lockere Kleinteile. Zum Beispiel abziehbare Räder oder gelöste, brüchige Klebestellen. Im Zweifelsfall sollte von einem Kauf des Produktes abgesehen werden.
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Überprüfen Sie von Zeit zu Zeit das vorhandene Spielzeug Ihres Kindes auf lösbare Kleinteile.
Auch Kinder die 3 Jahre oder älter sind könne noch Kleinteile verschlucken und dadurch gefährdet sein.
Insbesonders auf die Gefahr beim Verschlucken von Magneten sei hier hingewiesen.
Bedenken Sie auch, dass entsprechend gestaltetes Tierspielzeug für ein Kind attraktiv sein könnte, dieses aber die Sicherheitsanforderungen der Spielzeugrichtlinie nicht einhält. Kaufen Sie daher nie Tierspielzeug, dass mit Spielzeug für Kinder verwechselt werden könnte. Verschluckbare Teile kann man auch noch bei anderen Produkten finden! Aus Frankreich wurde vor einigen Jahren ein tödlicher Unfall gemeldet, bei dem sich ein Saugnapf einer Autosonnenblende löste und von einem Kind verschluckt wurde. Der Saugnapf hatte eine ausreichende Größe (> 31,7mm) und hätte somit die Vorgaben des Verschluckzylindertestes erfüllt.
Da der Saugnapf
- auf Grund seiner Größe aber nicht als verschluckbar galt und
- es sich bei der Sonnenblende um kein Spielzeug handelte
musste er nicht die geforderte Festigkeit besitzen und ließ sich leicht von der Sonnenblende lösen.
Derartige Unfälle, bei denen Kinder Teile von Produkten - bzw. bei entsprechender Größe - den Artikel selbst, verschlucken, sind nicht gänzlich auszuschließen, lassen sich aber bei entsprechender Sorgfalt beim Kauf der Produkte weitestgehend vermeiden.
Tipp
Überprüfen Sie nicht nur das Spielzeug sondern auch die Gegenstände, die sich in der Umgebung Ihres Kindes befinden auf lösbare Teile (zumindest bis zu einer Größe von ca. 45 mm) und entfernen Sie diese lösbaren Teile.
(Lose bzw. lösbare Saugnäpfe an Spielzeugen müssen nach Nr. 8.32 der EN 71 Teil 1einen Durchmesser von mindestens 44,5 mm aufweisen)
Weitere Informationen
Spielzeug für Kinder unter 3 Jahren darf keine ablösbaren Kleinteile enthalten.
Kleinteile sind alle Teile, die in den Prüfzylinder (Ø 31,7 mm, Bild 2) passen.
"Nicht ablösbar" bedeutet z.B., dass die Kleinteile einer Abreißkraft von
- 50 N bei Teilen bis 6 mm Größe
- 90 N bei Teilen über 6 mm Größe
standhalten müssen. (10 N entspr. ca. 1 kg)
Verschluckzylindertest
(Nr. 8.2 der DIN EN 71 Teil 1 " Sicherheit von Spielzeug - Teil 1: Mechanische und physikalische Eigenschaften")
Der Zylinder wird auf eine ebene Unterlage gestellt.
Das Spielzeug oder Einzelteile des Spielzeugs werden in einer beliebigen Position in den Prüfzylinder untergebracht. Dabei ist zu beachten, dass das Prüfteil in keiner Weise zusammengedrückt werden darf!
Der zu untersuchende Gegenstand muss vollständig in den Zylinder passen; d.h. ragt ein Teil des Gegenstandes aus dem Zylinder heraus, handelt es sich um kein verschluckbares Kleinteil im Sinne der Norm.
Prüfung von Spielzeug in der Geräteuntersuchungsstelle des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit
Das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit betreibt eine Prüfstelle, in der Spielzeug regelmässig nach folgenden Kriterien überprüft wird.
- Kleine Teile
- Krafteinwirkung
- Drehmoment
- Magnetischer Flussindex
- Schärfe von Kanten
- Lärm
- Dicke
- Zugänglichkeit
- Quellende Materialien
- Einweichen
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