Sind Dark Patterns im Internet rechtlich zulässig?
Von: Referat 32, Bayerisches Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz
In diesem Beitrag werden folgende Fragen beantwortet:
- Abgreifen personenbezogener Daten: Rechte laut DSGVO
- Informationspflichten der Anbieter: Regelungen des TMG und TTDSG
- Irreführung und Nötigung durch Dark Patterns: Regelungen des UWG
- Erschwerte Kündigung und Verletzung von Pflichten: Regelungen des Zivilrechts
Das Phänomen der Dark Patterns wird von den Vorgaben des nationalen sowie europäischen Rechts bislang nicht ausdrücklich erfasst. In Einzelfällen können der Verwendung von Dark Patterns aber datenschutzrechtliche, wettbewerbsrechtliche sowie zivilrechtliche Grenzen gesetzt sein:
Abgreifen personenbezogener Daten durch Dark Patterns: Regelungen der DSGVO
Die Verarbeitung von personenbezogenen Daten ist in der Regel nur dann rechtmäßig, wenn Betroffene hierin einwilligen (Artikel 6 Abs. 1 UAbs. 1 lit. a) Datenschutzgrundverordnung/DSGVO). Die Einwilligung der Nutzerin oder des Nutzers setzt dabei eine freiwillige, informierte sowie unmissverständliche Willensbekundung voraus. Hieran kann es beispielsweise fehlen, wenn mit Hilfe von Opt-Out-Gestaltungen (z. B. vorab angekreuzte Kästchen) eine Einwilligung vorgetäuscht werden soll oder wenn die Einwilligung im Wege der Täuschung oder Drohung erwirkt wird.
Betroffenen, denen aufgrund eines Verstoßes gegen die DSGVO ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist, steht gemäß Artikel 82 Abs. 1 DSGVO ein Anspruch auf Schadenersatz zu. Dieser kann gegenüber dem oder der Verantwortlichen nach Artikel 4 Nummer 7 DSGVO einerseits sowie gegenüber dem oder der Auftragsverarbeitenden i. S. d. Artikel 4 Nummer 8 DSGVO andererseits geltend gemacht werden, sofern die jeweiligen Voraussetzungen in Artikel 82 DSGVO erfüllt sind.
Daneben kann die zuständige Aufsichtsbehörde dem oder der Verantwortlichen oder dem oder der Auftragsverarbeitenden insbesondere bestimmte Datenverarbeitungsvorgänge untersagen sowie Bußgelder nach Artikel 83 DSGVO verhängen, wenn Verstöße gegen die DSGVO ermittelt wurden.
Die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Bestimmungen im privaten Sektor wird im Freistaat Bayern durch das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht überwacht. Beschwerden oder Kontrollanregungen werden unter https://www.lda.bayern.de/de/beschwerde.html entgegengenommen.
Informationspflichten der Anbieter: Regelungen des TMG und TTDSG
Für Anbieterinnen und Anbieter von Telemediendiensten bestehen darüber hinaus besondere Informationspflichten. Bedeutsam ist neben der bußgeldbewehrten Impressumpflicht (§ 5 Abs. 1 TMG) insbesondere die Verpflichtung der Dienstanbieterin oder des Diensteanbieters, kommerzielle Kommunikation, Angebote zur Verkaufsförderung (z. B. Preisnachlässe, Zugaben, Geschenke) sowie Preisausschreiben oder Gewinnspiele mit Werbecharakter klar als solche zu kennzeichnen (§ 6 Abs. 1 Nummern 1, 3 und 4 TMG).
§ 25 Abs. 1 Telekommunikations-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) stellt unter anderem klar, dass die Speicherung von oder der Zugriff auf Informationen auf den Endgeräten der betroffenen Nutzerinnen und Nutzer (z. B. Computer, Tablets oder Smartphones) seit dem 1.12.2021 eine Einwilligung entsprechend den Vorgaben der Datenschutz-Grundverordnung voraussetzt, sofern es sich nicht ausnahmsweise um technisch notwendige Cookies handelt.
Irreführung und Nötigung durch Dark Patterns: Regelungen des UWG
Einen teilweisen Schutz bieten darüber hinaus die Regelungen des Wettbewerbs- bzw. Lauterkeitsrechts. Zweck des Lauterkeitsrechts ist es unter anderem, Verbraucherinnen und Verbraucher vor unlauteren geschäftlichen Handlungen einerseits sowie das Interesse der Allgemeinheit an einem unverfälschten Wettbewerb andererseits zu schützen. Dienen Dark Patterns der Irreführung von Verbraucherinnen und Verbrauchern, so kann dies im Einzelfall einen Verstoß gegen die §§ 5, 5a des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) begründen. Gleiches gilt für Dark Patterns, mit denen die Schwelle zur Nötigung oder Belästigung überschritten wird (§§ 4a, 7 UWG). Unzulässig sind beispielsweise unwahre Angaben einer Anbieterin oder eines Anbieters, dass bestimmte Waren oder Dienstleistungen nur für einen bestimmten Zeitraum verfügbar sind (vgl. Nummer 7 im Anhang zu § 3 Abs. 3 UWG).
Wer eine nach § 3 oder § 7 UWG unzulässige geschäftliche Handlung vornimmt, kann auf Unterlassung oder Beseitigung in Anspruch genommen werden. Anspruchsberechtigt sind insbesondere die Verbraucherverbände als qualifizierte Einrichtungen i. S. v. § 8 Abs. 3 Nummer 3 UWG. Diese können in Einzelfällen näher überprüfen, ob Dark Patterns gegen bestimmte Regelungen des UWG verstoßen.
Ab dem 28.5.2022 soll es darüber hinaus auch Verbraucherinnen und Verbrauchern möglich sein, bei Verstößen gegen § 3 UWG Schadenersatz zu fordern, wenn sie aufgrund einer vorsätzlich oder fahrlässig begangenen unzulässigen geschäftlichen Handlung zu einer geschäftlichen Entscheidung veranlasst wurden, die sie anderenfalls nicht getroffen hätten.
Erschwerte Kündigung und Verletzung von Pflichten: Regelungen des Zivilrechts
Schließlich erschweren auch einzelne Regelungen des Zivilrechts den Einsatz von Dark Patterns. Beispielsweise werden Dark Patterns, mit denen die Kündigung von Verträgen erschwert wird, auf der Grundlage des kürzlich in Kraft getretenen Gesetzes für faire Verbraucherverträge künftig untersagt. So sind Unternehmen ab dem 1.7.2022 verpflichtet, die Kündigung von Verbraucherverträgen über eine leicht zugängliche und verständliche Kündigungsschaltfläche zu ermöglichen. Diese sog. „Button-Lösung“ findet bereits beim Abschluss von zahlungspflichtigen Verbraucherverträgen im elektronischen Geschäftsverkehr Anwendung (§ 312j Abs. 3 und 4 BGB).
Darüber hinaus werden Verbraucherinnen und Verbraucher beim Abschluss von Verträgen im elektronischen Geschäftsverkehr vor Opt-Out-Gestaltungen geschützt, die auf eine über die vertraglich vereinbarte Gegenleistung hinausgehende Zahlung gerichtet sind (§ 312a Abs. 3 Satz 2 BGB). In diesem Zusammenhang wichtig ist auch die Verpflichtung der Unternehmerin oder des Unternehmers im elektronischen Geschäftsverkehr, Verbraucherinnen und Verbraucher in klarer und verständlicher Weise über die zentralen Eckpunkte eines entgeltlichen Verbrauchervertrages zu informieren (§ 312j Abs. 2 BGB i. V. m. Artikel 246a § 1 Abs. 1 Satz 1 Nummern 1, 4, 5, 11 und 12 des EGBGB).
Die Verletzung von vorvertraglichen Wahrheits- und Aufklärungspflichten kann in Einzelfällen Schadenersatzansprüche der Verbraucherinnen und Verbraucher begründen, die vor allem auf die Aufhebung eines geschlossenen Vertrages gerichtet sein können. Auch bietet das in § 355 BGB verankerte Widerrufsrecht Verbraucherinnen und Verbrauchern grundsätzlich eine gute Möglichkeit, sich nachträglich von einem Vertrag zu lösen.
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