- Startseite >
- Recht >
- Werbung
Schenkkreise, Pyramidenspiele, Kettenbriefe - Hände weg!
Kennen Sie die schöne alte Geschichte von der Erfindung des Schachspiels?
Der Schah von Persien war von dem Spiel so begeistert, dass er dem Erfinder anbot, ihm einen Wunsch zu erfüllen. Scheinbar war es eine ganz bescheidene Bitte, die der kluge Mann äußerte. Er wolle nur ein Schachbrett voll Reis. Auf das erste Feld möge der Schah ein Korn legen, auf das zweite zwei Körner, vier auf das dritte, acht auf das vierte und so fort. Der Schah meinte, diese Gunst gewähren zu können und ließ ein Säckchen Reis bringen. Das Säckchen war aber schnell leer. Die Ernte des gesamten Reiches hätte nicht ausgereicht, um auch das Brett nur halb zu füllen......
In diesem Beitrag finden Sie
- Worum geht es?
- Neue Zielgruppe
- Warum können Schenkkreise und Kettenspiele nicht funktionieren?
- Warum fallen immer wieder Leute auf solche Spiele herein?
- Wo lauern die Schenkkreise?
- Was tun, wenn Sie eingestiegen sind?
- Das sagen die Gerichte zu diesen Spielen
Das System scheint ganz einfach zu sein:
Man soll einen bestimmten Betrag einsetzen und Mitspieler gewinnen. Diese Mitspieler müssen ebenfalls einen Einsatz leisten und ihrerseits wieder Mitspieler gewinnen. Mit jedem neuen Mitspieler kommt man näher an die Spitze der Pyramide oder in das Zentrum des Kreises. Ist man am Ziel, soll man ein Vielfaches seines Einsatzes zurückbekommen.
In Wirklichkeit handelt es sich dabei um "Schneeballsysteme". Die Zahl der Teilnehmer vermehrt sich mit jeder neuen Runde lawinenartig. Schon in kürzester Zeit ist das System "gesättigt". Es gibt niemanden mehr, der teilnehmen will oder teilnehmen kann.
Kennen Sie jemanden, der durch einen Schenkkreis oder ein Kettenspiel reich geworden ist?
Die Anbieter dieser Spiele versprechen horrende Gewinne. Aber mal ehrlich: Haben Sie schon einmal einen Menschen getroffen, der mit diesem System so richtig reich geworden ist? Oder wenigstens einen, der sich mit diesem System seinen Urlaub finanziert hat? Nur der "Spielleiter" und seine Gehilfen versichern Ihnen, dass ihnen das gelungen ist und dass sie viele solcher Leute kennen.
Der beste Rat: Hände weg von solchen Spielen!
Zielgruppe
Neuerdings soll man nicht nur reich, sondern auch glücklich werden.....
Während die Pyramidenspiele der 90er Jahre stark auf "Power"-Begriffe wie Pilotenspiel, "Life" oder "Jump" gesetzt haben, sind die neuen Spiele als Schenkkreise mit einer Portion Esoterik garniert. Man fühle sich besser, wenn man dem anderen etwas gibt.
In der Beschreibung der Spiele finden sich solche Sätze:
""Die Teilnahme ist ein Fest des Schenkens. Positive Energiefelder können entstehen, von denen Zufriedenheit, Heilenergie und Glück ausgehen".
Bei den Namen der Schenkkreise werden gerne Begriffe wie Sonne, Mond, Sterne, Kristall, Edelstein, Lotos, Herz, Sinne usw. verwendet. Nicht selten ist in diesem Zusammenhang auch von "Frauenschenkkreisen" die Rede. Oft wird sogar noch versprochen, dass ein Teil des "Geschenks" wohltätigen Organisationen zukommen soll.
Auch Schenkkreise sind Pyramidenspiele und arbeiten nach dem Schneeballsystem. Lassen Sie sich von den Veranstaltern nicht vormachen !
Warum können Schenkkreise und Kettenspiele nicht funktionieren?
Es ist schwierig, den einfach klingenden Versprechungen der Veranstalter leicht verständlich die Fakten entgegenzusetzen, denn hier geht es um Mathematik.
Im Ergebnis: Reich werden kann nur derjenige, der das Spiel gestartet hat.
In kürzester Zeit läuft sich das Spiel tot. Wer in der vierten, fünften oder gar sechste Reihe einsteigt, hat keine Chance mehr und verliert seinen Einsatz.
Nicht umsonst ist die Veranstaltung solcher Spiele sittenwidrig und strafbar (s. Gerichtsentscheidungen).
Geld kann man nicht beliebig vermehren. Es ist völlig unmöglich, dass jeder Mitspieler das Vielfache seines Einsatzes als Gewinn einstreicht.
An der Spitze der Pyramide (oder im Mittelpunkt des Kreises) steht ein Mitspieler. Unter ihm sind es 2, darunter 4, 8, 16, 32, 64, 128, 256, 512, 1044.....
Wer in der 4. Runde einsteigt, also im gleichen Rang mit 8 Spielern steht, braucht schon 256 Mitspieler, um an den Jackpot zu kommen. Läuft das Spiel schon länger, sagen wir einmal in der 10. Runde, dann steht der Einsteiger im gleichen Rang mit 1044 Mitspielern und es sind 16.704 Spieler notwendig, dass man noch ans "große Geld" kommt. Das sind die Einwohner einer Kleinstadt !!!
Bei der 15. Runde braucht es schon die Einwohnerzahl einer Großstadt und bei etwa der 29. Runde reicht die ganze Bevölkerung der Erde als Mitspieler nicht mehr, um den Einsteiger ans Ziel zu bringen.
Warum fallen immer wieder Leute auf solche Spiele herein?
Die Anbieten arbeiten mit allen Tricks:
Meist werden die Opfer mit kleineren "Kreisen" geködert, bei denen nur 5 oder 10 € Einsatz geleistet werden müssen. Und natürlich erhält der Einsteiger den versprochenen "Gewinn" von 40 oder 80 €. Da will der Spieler selbstverständlich weitermachen und zahlt auf der nächsten Ebene als Einstiegs"geschenk" z.B. 100 €. Die nächst Stufe kostet schon 500 €, bald werden es 1000 oder gar 5000 €. Überflüssig zu sagen, dass spätestens dieser Gegenwert eines schönen Urlaubs oder eines Gebrauchtwagens für immer verloren ist.
Als vernünftig denkender Menschen sagt man sich: "Gut, dann nehme ich die 80 € und höre auf ". So einfach ist das aber nicht. Der Spielleiter und seine Mitarbeiter sind darauf spezialisiert, psychischen Druck auszuüben, dem man sich nur schwer widersetzen kann.
Je nach Zielgruppe herrscht bei den Treffs der Gruppe eine aufpeitschende oder auch eine betont entspannte, friedliche Atmosphäre. Laute Musik, Lichteffekte, ein geschulter Coach vermitteln ein "We are the champions"-Gefühl, in das man hineingezogen wird. Oder: sanftes Licht, sphärische Klänge, Wohlgerüche und leise Stimmen überzeugen die Teilnehmer von dem ganz besonderen Glücksgefühl des Schenkkreises.
Wo lauern die Schenkkreise?
-
Viele dieser Spiele werden im Internet beworben. Leider kommt man oft über die Homepage einer Organisation, die sich angeblich wohltätigen Zwecken widmen, an die Seite des Schenkkreises.
-
Auch unverlangt zugesandte E-Mails häufen sich. In unserem Beispiel für einen solchen elektronischen Kettenbrief (PDF 23 KB) sind 13 Runden notwendig, um die versprochene Gewinnsumme von rudn 16.000 Euro zu erreichen. Damit ein einziger Teilnehmer diesen Gewinn erhält, müssten 131.072 Leute mitspielen. Für den versprochenen Gewinn von knapp 500.000 Euro müssten Sie die gesamte Einwohnerschaft von München anwerben!
Löschen Sie solche E-Mails wie alle Spam-Mails ungelesen (Autovorschau deaktivieren)! -
Als esoterische Treffen oder Meditationszirkel getarnt, wird zu Schenkkreisen eingeladen. Bevor Sie sich an solchen Gruppen beteiligen, sollten Sie sich über den Anbieter und das Programm informieren. Stellen Sie ruhig unbequeme Fragen. Ausweichende Antworten sollten Sie misstrauisch machen.
-
Vorsicht auch vor Freunden, Kollegen und Verwandten, die Sie zu Spielveranstaltungen einladen. Machen Sie diesen Leuten klar, dass Sie kein Interesse haben und sagen Sie Ihnen, was von solchen Spielen zu halten ist. Auch wenn das unangenehm ist, ist es noch unangenehmer, wenn Sie ihrer besten Freundin vorwerfen müssen, dass Sie um viel Geld geprellt worden sind.

Sind Sie in das Treffen eines Schenkkreises hineingeraten, dann sollten Sie sofort wieder gehen. Die Spielleiter sind darauf spezialisiert, die Zweifel zu zerstreuen und die Gruppe wird versuchen, Druck auf Sie auszuüben. Wir haben es mit Methoden zu tun, die denen von Pychosekten gleichen!
Was tun, wenn Sie eingestiegen sind?
Die Rechtsprechung zu diesen Spielen ist eindeutig: Pyramidenspiele und Schenkkreise sind sittenwidrig und Sie können Ihren Einsatz zurückverlangen. In vielen Fällen liegt auch ein strafrechtlich bedeutsamer Betrug vor.
In der Praxis ist es aber schwierig, den Schuldigen zu finden. Nach der Rechtsprechung ist das der Spielleiter oder der "Betreuer", also derjenige, der Sie zur Zahlung des Geldes auffordert.

- Denken Sie an eine alte Lebensweisheit: Zahlen Sie niemals Geld an eine Person, deren Namen und Adresse Sie nicht zuverlässig kennen. Dass es bei diesen Spielen nicht mit rechten Dingen zugeht, sehen Sie oft schon an den Spielregeln: ?Wir nennen uns alle beim Vornamen, weil wir uns vertrauen!?
- Gehen Sie zur Polizei, wenn Sie sich getäuscht fühlen. Sie können vielleicht den entscheidenden Hinweis liefern und andere vor Schäden bewahren. Die Veranstaltung von solchen Spielen ist strafbar.
Was sagen die Gerichte zu diesen Spielen
Bundesgerichtshof (22.4.1997, Az. XI ZR 191/96):
"Gewinnspiele, die nach dem "Schneeballprinzip" darauf angelegt sind, dass die große Masse der Teilnehmer ihren Einsatz verlieren muss, sind wegen Verstoßes gegen die guten Sitten nichtig."
Landgericht Hamburg (22.11.1996, Az. 313 S 143/96):
"Wer ein Spiel, das auf dem Schneeballsystem beruht, veranstaltet, haften dem Teilnehmer des Spiels im Wege des Schadensersatzes auf Rückzahlung des geleisteten Betrags."
Landgericht Gießen (13.12.1995, Az. 1 S 390/95):
"Die Veranstaltung von Gewinnspielen nach dem Schneeballsystem stellt eine sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB dar.
Ein Mitspieler eines solchen Gewinnspiels, der im Zusammenwirken mit anderen zum Beispiel als Redner auf Werbeveranstaltungen des Gewinnspiel fördert, haftet neu teilnehmenden Mitspielern auf Schadensersatz."
Oberlandesgericht Frankfurt (17.5.1994, Az. 14 U 153/93):
"In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass Systeme der progressiven Kundenwerbung, wozu auch das Schneeballprinzip oder die Kettenreaktion gehören, sittenwidrig im Sinne des § 1 UWG sind, weil sie dem für jede Werbung geltenden Gebot der Wahrhaftigkeit nicht entsprechen. Solche Systeme beruhen auf dem Prinzip der geometrischen Reihe. Die planmäßige Durchführung des Systems führt schon nach kurzer Zeit zu einer großen Anzahl von Teilnehmern, für die dann die Werbung weiterer Teilnehmer immer schwieriger und schließlich durch die zunehmende Marktverengung vollständig unmöglich wird."
Dies ist ein Schritt in die richtige Richtung.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
Aktuelles
08.03.2021
Proteinreiche Erdnüsse
04.03.2021
Leasing: BGH urteilt zum Widerrufsrecht
26.02.2021
Broschüre zum neuen EU-Energielabel
26.02.2021
ADAC Sommerreifentest 2021
26.02.2021
Tipps zum Energiesparen im Homeoffice
23.02.2021
Umfrage: Sharing-Angebote wenig genutzt
22.02.2021
Fahrradhelme; Kennzeichnung und Benutzung
18.02.2021
Vitamin D Mangel bei Veganern
17.02.2021
Betriebskosten: Mietende dürfen Belege einsehen
12.02.2021
Corona: Krankenkasse wechseln einfacher
