Schnäppchen ausverkauft: Rechte von Verbraucher*innen bei Lockangeboten
Discounter oder Onlineshops preisen in ihrer Werbung immer wieder Schnäppchen an. Ist die Ware dann sehr schnell ausverkauft, kann es sich um "Lockvogelwerbung" handeln. Diese ist wettbewerbsrechlich verboten. Welche Ansprüche Verbraucher*innen in einem solchen Fall geltend machen können, erklärt der folgende Artikel.
In diesem Beitrag finden Sie
- Schnäppchen locken Verbraucher*innen in den Laden
- Die Gesetzeslage: Lockvogelwerbung ist verboten
- Ansprüche des Verbrauchers: Werbung muss aufklären, Waren müssen vorhanden sein
- Regelungen für Online-Shops
- Abmahnung und Unterlassungsklage
Schnäppchen in geringer Zahl locken Verbraucher*innen in den Laden
Vor allem bei Discountern ist es inzwischen üblich, Computerhardware, HiFi-Geräte, aber auch Kleidung und andere Dinge in Sonderaktionen für einen bestimmten Zeitraum anzubieten. Oft erhält die Verbraucherzentrale Bayern Beschwerden wie die Folgende:
"Am Wochenende fanden wir einen Werbezettel des Discounters XYZ in unserem Briefkasten. Dort wurde ein sehr gut ausgestatteter PC für 800 Euro beworben. Dieser sollte ab kommenden Montag in allen Filialen erhältlich sein. Am Montag fanden wir uns zehn Minuten vor Öffnung vor der Filiale ein, wo bereits ca. 10 weitere Personen warteten. Allerdings waren in der Filiale nur drei PCs vorhanden. Die Mitarbeiterin sagte, sie hätte nur drei PCs bekommen und könnte uns allenfalls auf eine Warteliste setzen, wenn aus anderen Filialen Restbestände gemeldet würden. Dies taten wir, fuhren aber auch noch in zwei weitere Filialen. Überall waren die PCs ausverkauft. Wir haben extra einen Tag Urlaub genommen und sind mehr als 50 km gefahren, ohne den PC zu erhalten. Was können wir tun? Welche Ansprüche können wir gegen den Discounter XYZ geltend machen?"
Meist werden solche Beschwerden wegen Werbeaktionen von Lebensmittel-Discountern geäußert. Immer wieder kommt es vor, dass die so beworbenen Waren schon kurz nach Beginn des Abverkaufs, oft sogar innerhalb weniger Stunden vergriffen sind. Dies sorgt auf der Seite der Verbraucher*innen für Verärgerung. Primärer Zweck solcher Angebote ist dabei, Verbraucher*innen zum Betreten des Ladens zu animieren.
Die Gesetzeslage: Lockvogelwerbung ist verboten
Die „Lockvogelwerbung“ wird in der sogenannten „schwarzen Liste“ (Nr. 5 des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG) geregelt, einer Aufzählung der auf jeden Fall wettbewerbsrechtlich verbotenen Geschäftspraktiken.
Unter Ziffer 5 dieses Anhangs gilt als unzulässige geschäftliche Handlung das Angebot von Waren- oder Dienstleistungen “zu einem bestimmten Preis, wenn der/die Unternehmer*in nicht darüber aufklärt, dass er hinreichende Gründe für die Annahme hat, er werde nicht in der Lage sein, diese oder gleichartige Waren oder Dienstleistungen für eine angemessenen Zeitraum in angemessener Menge zum genannten Preis bereitzustellen oder bereitstellen zu lassen (Lockangebote)“. Diese Regelung präzisiert das Irreführungsverbot und stellt einen Verbotstatbestand ohne Wertungsmöglichkeit dar.
Werbung muss über begrenzte Zahl an Artikeln aufklären
Der/die Gesetzgeber*in stellt nun nicht mehr auf die Lieferunfähigkeit von Händler*innen aufgrund unzureichender Bevorratung ab, sondern ist der Ansicht, dass eine Werbung so gestaltet werden muss, dass darüber aufgeklärt wird, dass nur eine begrenzte Menge zur Verfügung steht bzw. dass die Anbietenden vermutlich nicht angemessen liefern kann. Es kommt also weniger darauf an, ob eine Ware vorrätig ist, sondern darauf, dass Verbraucher*innen r in die Lage versetzt wird zu überlegen, ob sich der Besuch des Geschäfts (noch) lohnt.
Die Regelerwartung, dass eine einschränkungslos angebotene Ware in sämtlichen in die Werbung einbezogenen Filialen in ausreichender Menge und für einen angemessenen Zeitraum erworben werden kann, kann dabei also nur durch einen aufklärenden Hinweis wirksam neutralisiert werden.
Dieser Hinweis muss dabei klar formuliert, leicht lesbar und gut erkennbar sein. Maßgeblich ist dabei das Verständnis von durchschnittlich informierten, verständigen und situationsadäquaten aufmerksamen Verbraucher*innen.
Vorrat der beworbenen Waren muss vorhanden sein
Als angemessen gilt im Regelfall ein Vorrat von zwei Tagen. Jedenfalls müssen die „Sonderangebote“ am ersten Tag der Werbung erhältlich sein. Ist die Bevorratung kürzer, obliegt es dem/der Unternehmer*in, die Angemessenheit nachzuweisen. Danach kann der Vorwurf der Irreführung dadurch ausgeräumt werden, dass der/die Händler*in beispielsweise eine unerwartet hohe Nachfrage oder von ihm/ihr nicht zu vertretene Lieferschwierigkeiten vorbringt.
Regelungen gelten auch für Online-Shops
Selbiges lässt sich auch auf Produktpräsentationen in Online-Shops übertragen. Auch hier müssen Unternehmer*innen den/die Kunden*in auf den fehlenden Warenvorrat hinweisen. Dabei ist der Hinweis „nur noch wenige Exemplare auf Lager“ oder „limitierte Stückzahl vorhanden“ gerade nicht ausreichend. Mit diesem Hinweis entsteht lediglich der Eindruck, dass der/die Unternehmer*in noch über die entsprechende Ware verfügt und Verbraucher*innen mit ihrer Kaufentscheidung nicht mehr allzu lange warten sollte.
Verbraucher*innenrechte: Kein Anspruch auf Ware oder Schadensersatz
In Fällen unzulässiger Lockvogelwerbung haben Verbraucher*innen schlechte Karten bei den Ansprüchen auf die Ware:
Ein Anspruch, den gewünschten Kaufvertrag abzuschließen, besteht nicht.
Bei Werbung handelt es sich nach allgemeiner Meinung nicht um ein rechtlich bindendes Angebot, auf das Verbraucher*innen nur noch "ja" sagen muss, sondern nur um eine sogenannte invitatio ad offerendum, also um eine Aufforderung anpotentielle Käufer*innen, ihrerseits ein Angebot abzugeben. Es fehlt also der sog. Rechtsbindungswille der Unternehmer*innen, der Wille, dass eine bestimmte rechtliche Folge herbeigeführt werden soll.
Hieran ändert der Umstand, dass die Werbung gegen geltendes Wettbewerbsrecht verstößt, nichts.
Schadens- oder Aufwendungsersatzansprüche wegen nutzlos aufgewendeter Zeit oder wegen entstanden Fahrtkosten kann der/die Verbraucher*in nicht geltend machen.
Wie bei jeder anderen Werbung auch, hat er/sie keinen Anspruch auf Abschluss eines Kaufvertrages.
Es fehlt aber auch an einem vorvertraglichen Schuldverhältnis im Sinne des § 311 Abs. 2 BGB, weswegen (vor)vertragliche Schadensersatzansprüche ebenfalls nicht gegeben sind.
Ob sich ein deliktischer Schadensersatzanspruch wegen Verletzung eines Schutzgesetzes darstellen lässt, ist rechtlich umstritten. Zwar wird durch die Neufassung des UWG der/die Verbraucher*in ausdrücklich in den Schutzbereich des UWG einbezogen, allerdings hält eine gewichtige Meinung in der juristischen Literatur die in den §§ 8 ff UWG geregelten Ansprüche bei Wettbewerbsverstößen für abschließend, will daneben also keine anderen Ansprüche gelten lassen.
Abmahnung und Unterlassungsklage durch andere Stellen
Verstöße gegen das Wettbewerbsrecht können aber von anderen Stellen sanktioniert werden: Zum einen können Konkurrent*innen der Anbietenden Ansprüche geltend machen. Zum anderen können bestimmte qualifizierte Stellen nach dem Unterlassungsklagengesetz (UKlaG) Verstöße ahnden. Zu diesen Stellen gehören die Wettbewerbszentrale, die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern und Verbraucher*innenverbände, somit auch die Verbraucherzentralen.
Sie können die unzulässige Werbemaßnahme abmahnen. Der/die Anbietende wird dabei aufgefordert, eine so genannte strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben, dass er/sie künftig solche Verstöße unterlässt.
Gibt er/sie die Erklärung nicht ab, so kann gegen ihn/sie gerichtlich im Wege einer Unterlassungsklage vorgegangen werden. Ist schnelles Handeln angesagt, weil z. B. die Werbeaktion noch läuft, so kann auch eine einstweilige Verfügung bei Gericht erwirkt werden.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
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