Corona: Geld zurück bei Absage von Veranstaltungen und Schließung von Freizeiteinrichtungen?

Wegen der Corona-Pandemie werden Veranstaltungen wie Konzerte, Theateraufführungen, Sportereignisse und Kurse abgesagt oder der Besuch von Freizeiteinrichtungen eingeschränkt. Verbraucher bekommen ihr Geld künftig nur noch unter bestimmten Voraussetzungen sofort zurück. In vielen Fällen kann der Veranstalter ihnen einen Wertgutschein geben.
Das Wichtigste in Kürze:
- Keine Rechtsänderungen ergeben sich für Verbraucherinnen und Verbraucher, die am 8. März 2020 oder zu einem späteren Zeitpunkt den Besuch einer Freizeitveranstaltung oder Freizeiteinrichtung gebucht haben. Sie können ihr Geld bei Vorliegen eines Rückzahlungsanspruchs nach den allgemein geltenden Vorschriften zurückverlangen.
- Das Gleiche gilt unabhängig vom Buchungsdatum für Veranstaltungen, die in einem beruflichen Kontext erfolgen sollten. Dies können Fortbildungen, Workshops oder Seminare sein, aber auch Messen, die sich vorwiegend an ein Fachpublikum richten.
- Verbraucherinnen und Verbraucher, die vor dem 8. März 2020 den Besuch einer Freizeitveranstaltung oder Freizeiteinrichtung gebucht haben, sind generell von der neuen Gutscheinlösung betroffen. Diese berechtigt die Anbieter von Musik-, Kultur-, Sport- sowie sonstigen Veranstaltungen, anstelle der an sich geschuldeten Rückzahlung des Geldes Gutscheine an die Kunden auszureichen. Jedoch können Verbraucherinnen und Verbraucher in Ausnahmefällen die Auszahlung des Gutscheinwertes verlangen.
Ob Betroffenen generell ein Rückzahlungsanspruch gegen ihren jeweiligen Anbieter zusteht, bestimmt sich nach den allgemeinen gesetzlichen Regelungen. Hierbei ist zwischen Absagen durch den Anbieter und der Frage von Kündigungen durch den Verbraucher zu unterscheiden.
Absage durch den Anbieter
Ein Anbieter kann bzw. muss Veranstaltungen wie Konzerte, Theateraufführungen, Sportveranstaltungen oder Kurse absagen, wenn die Durchführung aufgrund behördlicher Anordnung verboten und damit unmöglich ist (§ 275 Abs. 1 BGB). Dies betraf und betrifft noch immer eine Vielzahl von Veranstaltungen.
Mit Blick auf die generellen Empfehlungen der Gesundheitsbehörden und Haftungsrisiken des Veranstalters dürfte auch eine (freiwillige) Absage in begründeten Fällen gerechtfertigt sein (§ 275 Abs. 3 BGB).
In beiden Fällen können Verbraucherinnen und Verbraucher grundsätzlich das bezahlte Eintrittsgeld bzw. Entgelt zurückverlangen (§ 326 Abs. 4 BGB).
Bei einem Abonnement mit mehreren Einzelveranstaltungen besteht der Rückzahlungsanspruch nur anteilig entsprechend der Anzahl der ausgefallenen Einzelveranstaltungen.
Dies gilt grundsätzlich auch bei einem Kurs mit mehreren Kurseinheiten, jedoch kann unter Umständen ein vollständiger Rückzahlungsanspruch bestehen, wenn die nur teilweise Durchführung für den Verbraucher ohne Wert ist.
Nicht geklärt ist bislang, ob der Veranstalter in seinen Vertragsbedingungen den Rückzahlungsanspruch bei „höherer Gewalt“ einschränken kann. Ein genereller Ausschluss in AGB wird nach hiesiger Auffassung für unwirksam gehalten. Auch sind wir der Meinung, dass sich der Verbraucher nicht auf eine Verschiebung der Veranstaltung einlassen muss.
Kündigung durch den Verbraucher?
Soweit ein Veranstaltungsverbot gilt, kann der Verbraucher ohne gesonderte Kündigung das Entgelt zurückverlangen (s.o.).
Wenn der Verbraucher, ohne dass ein behördliches Verbot besteht, aus Sorge vor einer Übertragung des Corona-Virus eine Veranstaltung nicht besuchen, d.h. den Vertrag von sich aus kündigen möchte bzw. bereits in der Vergangenheit gekündigt hatte, hat er im Regelfall keinen Anspruch auf Erstattung des Eintrittspreises, sofern die Vertragsbedingungen kein eigenständiges Kündigungsrecht vorsehen.
Unter Berücksichtigung aller Umstände sowie mit Blick auf die vom Veranstalter getätigten Aufwendungen wird man dem Verbraucher nur ausnahmsweise ein Kündigungsrecht aus wichtigem Grund (§ 648a BGB) oder ein Recht zur Vertragsaufhebung nach den Grundsätzen des Wegfalls der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) zuerkennen können, auch wenn die Entscheidung, die Veranstaltung nicht zu besuchen, möglicherweise sogar wünschenswert und moralisch geboten ist bzw. war. Ist dem Verbraucher aufgrund eigener Erkrankung oder wegen Hindernissen bei der Anreise (z.B. Sperrung einer Bahnverbindung) eine Teilnahme nicht möglich, sind dies Umstände, die grundsätzlich in seiner Sphäre liegen und nicht zu einer Rückerstattung des Eintrittspreises berechtigen (anders jedoch bei einem Kombi-Ticket Bahn + Veranstaltung, wenn die Anreise mit der Bahn unmöglich wird).
Gutschein statt Rückzahlung
Zum Schutz der Veranstalter vor finanzieller Überforderung hat der Gesetzgeber die sogenannte „Gutscheinlösung“ beschlossen. Dies gilt für Eintrittskarten und sonstige Berechtigungen, die vor dem 8. März 2020 zum Zwecke des Besuchs von Freizeitveranstaltungen und Freizeiteinrichtungen erworben wurden.
Konkret berechtigt die Gutscheinlösung die Anbieter von Musik-, Kultur-, Sport- sowie sonstigen Veranstaltungen, bei corona-bedingten Absagen anstelle einer Rückzahlung des gezahlten Entgelts Gutscheine an die Betroffenen auszugeben (Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 1 EGBGB). Diese sollen dann entweder für eine Nachholveranstaltung oder für alternative Veranstaltungen eingesetzt werden können. Insofern haben Veranstalter und Betreiber von Freizeiteinrichtungen die Wahl, ob sie dem Rückzahlungsverlangen ihrer Kunden nachkommen oder diesen stattdessen einen Gutschein ausstellen wollen.
Auszahlung des Gutscheinwerts im Härtefall möglich
Wer statt der Rückzahlung einen Gutschein erhält, kann diesen für eine Ersatzveranstaltung einsetzen. Eine Auszahlung in bar kann im Regelfall erst ab dem 1. Januar 2022 verlangt werden. Allerdings sieht das Gesetz eine Ausnahmeregelung vor:
Verbraucher können die Auszahlung des Gutscheinwertes auch schon vor dem 1. Januar 2022 verlangen, wenn ihnen der Verweis auf den Gutschein angesichts ihrer persönlichen Lebensumstände nicht zugemutet werden kann. Dies ist etwa dann der Fall, wenn sie ohne Auszahlung des Gutscheinwertes nicht in der Lage wären, existenziell wichtige Lebenshaltungskosten wie Miet- oder Energierechnungen zu begleichen oder die Wahrnehmung einer Nachholveranstaltung mit hohen Begleitkosten für die Berechtigten verbunden wäre.
Ob das Vorliegen eines Härtefalls lediglich im Zeitpunkt der Übergabe des Gutscheins oder während der gesamten Geltungsdauer des Gutscheins, also bis zum 31. Dezember 2021 geltend gemacht werden kann, ist nicht ganz eindeutig. Es wird daher empfohlen, sich bei Vorliegen eines Härtefalls bereits im Vorfeld beziehungsweise unmittelbar nach Erhalt eines Gutscheins an den Anbieter zu wenden und diesem die Gründe der Unzumutbarkeit des Verweises auf einen Gutschein mitzuteilen.
Gutscheinlösung bei Freizeiteinrichtungen
Von der Gutscheinlösung erfasst sind nicht nur Konzerte, Sportevents oder Kurse, sondern auch Fälle, in denen Freizeiteinrichtungen wie Schwimmbäder, Sportstudios, Tierparks, Freizeitparks oder Museen aufgrund der COVID-19-Pandemie zu schließen waren und deshalb nicht genutzt werden konnten, Art. 240 § 5 Abs. 2 EGBGB. Betrifft der Ausfall der Nutzungsmöglichkeit nur einen Teil der Leistung (z.B. einzelne Kurstermine oder zeitweilige Schließung eines Fitnessstudios), kann der Veranstalter dem Berechtigten einen Gutschein in Höhe des anteiligen bzw. nicht genutzten Wertes übergeben, Art. 240 § 5 Abs. 1 Satz 2 EGBGB.
Veranstaltungen im beruflichen Kontext: Workshops und Seminare
Nicht in den Anwendungsbereich der Gutscheinlösung fallen jedoch Veranstaltungen, die in einem beruflichen Kontext erfolgen sollten. Dies dürften beispielsweise Fortbildungen, Workshops oder Seminare sein, aber auch Messen, die sich vorwiegend an ein Fachpublikum richten (CeBit, HOGA, BAU usw.).
Wert des Gutscheins, Verjährung und Insolvenzrisiko
Anbieter, die Gutscheine an ihre Kunden ausreichen, müssen diesen mit einem Wert versehen. Dieser muss den gesamten Eintrittspreis beziehungsweise das gesamte sonstige Entgelt einschließlich etwaiger Vorverkaufsgebühren enthalten (Art. 240 § 5 Abs. 3 Satz 1 EGBGB). Unzulässig ist es, Verbraucherinnen und Verbrauchern für die Ausstellung oder Übersendung des Gutscheins Kosten in Rechnung zu stellen (Art. 240 § 5 Abs. 3 Satz 2 EGBGB).
Für die Geltendmachung der Ansprüche aus Art. 240 § 5 Abs. 5 EGBGB gilt eine regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren (§ 195 BGB). Die Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Betroffene Kenntnis von den anspruchsbegründenden Umständen erlangt hat respektive ohne grobe Fahrlässigkeit hatte erlangen müssen (§ 199 Abs. 1 BGB). Zahlungsansprüche gegen den Veranstalter können daher ohne Weiteres bis zum 31. Dezember 2023 geltend gemacht werden.
Sollte ein Veranstalter zunächst weder zur Rückzahlung noch zur Ausgabe eines Gutscheins bereit sein, so könnte ihm bei einem späteren Rückgriff auf die Gutscheinlösung unter Umständen der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung entgegengehalten werden. Dieser Einwand käme jedenfalls dann in Betracht, wenn der Betroffene den Anbieter mehrmals erfolglos, auch unter Setzung einer angemessenen Frist, zur Ausübung seines gesetzlichen Wahlrechts aufgefordert und bereits Klage auf Rückzahlung des entrichteten Entgelts erhoben hat.
Da ausgereichte Gutscheine insolvenzrechtlich nicht abgesichert sind, tragen grundsätzlich die Verbraucherinnen und Verbraucher das Insolvenzrisiko. Dies bedeutet, dass Betroffene im Falle einer Insolvenz erhaltene Gutscheine gegebenenfalls nicht mehr einlösen beziehungsweise bestehende Rückzahlungsansprüche entsprechend der Insolvenzquote nur anteilig befriedigt werden könnten. ückzahlungsansprüche entsprechend der Insolvenzquote nur anteilig befriedigt werden könnten.
- Verbraucherzentrale Bayern: Wenn Veranstaltungen wegen Corona abgesagt werden
- Verbrauchertipps in der Corona-Krise: Geld zurück bei Absage von Reisen und Veranstaltungen?
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