Nachhaltig einkaufen - Besser essen mit gutem Gewissen
„Wer verbraucht, gestaltet!“ Allerdings sieht man den gekauften Produkten nicht an, was sie im Lauf ihres Lebenszyklus bei ihrer Produktion, Verwendung und Entsorgung bewirken. Die Kosten für Umweltbelastung und negative soziale Auswirkungen sind nicht im Preis enthalten.
Wie kann der Verbraucher seine Kaufentscheidungen nachhaltiger gestalten?
In diesem Beitrag finden Sie
- Was heißt nachhaltige Ernährung?
- Umsetzungsmöglichkeiten
- Lebensmittel aus ökologischer Erzeugung
- Weniger tierische, mehr pflanzliche Lebensmittel
- Gibt es nachhaltigen Fisch?
- Lebensmittel aus der näheren Umgebung – regional einkaufen
- Lebensmittel der Jahreszeit entsprechend – saisonal einkaufen
- Lebensmittel aus fairem Handel – fair einkaufen, was hier nicht wächst
- Wie kann ich außer Haus nachhaltig essen?
Nachhaltige Ernährung: Klimaschutz geht durch den Magen
Der Begriff „Nachhaltigkeit“ kommt ursprünglich aus der Forstwirtschaft. Nachhaltige Forstwirtschaft bedeutet, dass eine Generation dem Wald nur soviel Holz entnimmt, wie im gleichen Zeitraum nachwächst, so dass ihn auch die nächste Generation entsprechend nutzen kann.
„Nachhaltige Entwicklung" heißt, Umweltgesichtspunkte gleichberechtigt mit sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu berücksichtigen
Zukunftsfähig wirtschaften bedeutet also: Wir müssen unseren Kindern und Enkelkindern ein intaktes ökologisches, soziales und ökonomisches Gefüge hinterlassen. Das eine ist ohne das andere nicht zu haben.“ (Rat für nachhaltige Entwicklung)
In Deutschland verbraucht das so genannte „Bedürfnisfeld Ernährung“ 20% der gesamten Energie und produziert etwa ebenso viel Treibhausgase. Unter dem Stichwort „Ernährungswende“ haben verschiedene gesellschaftliche Gruppen einzelne Anforderungen an eine nachhaltige Ernährung zusammengetragen:
Demnach ist nachhaltige Ernährung:
- gesundheitsfördernd
- umweltverträglich
- ethisch verantwortlich, das heißt, sie berücksichtigt Sozialstandards bei der Produktion - Arbeitsschutz, Arbeitnehmerrechte, keine Kinderarbeit - , fairen Handel hier und weltweit sowie den Tierschutz
- alltagstauglich
- Ermöglichung soziokultureller Vielfalt (jeder soll nach seinen kulturellen Eigenheiten essen)
Umsetzungsmöglichkeiten
Viele einzelne Schritte führen zu einer nachhaltigeren Ernährungsweise.
Lebensmittel aus ökologischer Erzeugung
Konzentriert man sich also hauptsächlich auf das Kaufkriterium "Bio" oder "Öko", entlastet das den Verbraucher beim täglichen Einkauf weitgehend von endlosen Abwägungen.
Ökologische oder biologische Produkte sind am staatlichen Bio-Siegel bzw. am EU-Bio-Logo erkennbar.
Die Bezeichnungen Bio/biologisch und Öko/ökologisch sind gesetzlich geschützt. Darüber hinaus gibt es die Siegel der Bio-Anbauverbände (Demeter, Bioland usw.), deren Anforderungen noch weiter als die EU-Standards gehen. . Das bayerische Bio-Siegel weist seit 2015 heimische Bio-Lebensmittel aus.
Mit dem Kauf von Biolebensmitteln wird der ökologische Landbau unterstützt.
Die ökologische Landwirtschaft steht für artgerechte Tierhaltung und verzichtet auf die umstrittene Gentechnik ebenso wie auf leichtlösliche Mineraldünger, chemisch-synthetische Pflanzenschutz- und Schädlingsbekämpfungsmittel. Gerade für die Herstellung von Mineraldünger wird viel Energie verbraucht und werden entsprechend viele Treibhausgase freigesetzt.
Die Erzeugung pflanzlicher Biolebensmittel verursacht nur etwa die Hälfte bis drei Viertel der Treibhausgase im Vergleich zu konventionellen. Das Umweltinstitut München hat errechnet, dass Ökolandbau für die Erzeugung von einem Kilogramm Fleisch 75 Prozent weniger Treibhausbelastung, 25 Prozent weniger Energie, 75 Prozent weniger Stickstoffbelastung, 100 Gramm weniger Mineraldünger, 1,5 Gramm weniger Pestizide bedeutet. Denn auch die vorwiegend hofeigenen Futtermittel stammen aus Bioanbau. Der Nutztierbestand orientiert sich an der Betriebsfläche. Tierarzneimittel als Futterzusätze sind verboten, können also auch nicht zu Rückstandsproblemen im Fleisch führen.
Weitere Vorteile des ökologischen Anbaus sind die Erhaltung und Förderung der Bodenfruchtbarkeit und die Schonung des Grundwassers sowie die Förderung der natürlichen Artenvielfalt (Biodiversität).
Untersuchungen zeigen, dass Biolebensmittel im Durchschnitt weniger Pestizidrückstände und Nitrat und mehr gesundheitsförderliche sekundäre Pflanzenstoffe aufweisen.
Weniger tierische, mehr pflanzliche Lebensmittel
Weltweit entstehen 18% der Treibhausgase durch die Produktion tierischer Lebensmittel.
Tiere müssen ein Vielfaches an Energie fressen, als sie dann in Form von Fleisch, Milch und Eiern für die menschliche Ernährung liefern können. Man spricht von Verlusten durch „Veredelung“. Ein Beispiel: Für 1 kg tierisches Eiweiß braucht man im Durchschnitt 7 kg pflanzliches Eiweiß, beim Rindfleisch ist das Verhältnis 1:17, bei Eiern 1:4, bei Milch 1:3. Deshalb ist es sehr viel energieeffizienter, pflanzliche Nahrung zu bevorzugen.
Man kann es auch so ausdrücken: Für die Produktion von 1 kg Rindfleisch entstehen 6450 g CO2-Äquivalente, für 1 kg Käse etwa 8300g, für 1 kg Brot 780g, für 1 kg Kartoffeln 280g, für 1 kg Gemüse 150g.
Auch in gesundheitlicher Hinsicht ist es günstig, mehr pflanzliche Lebensmittel zu verzehren. Mehr Gemüse, Hülsenfrüchte, Obst und Getreide bedeuten mehr Ballaststoffe, mehr komplexe Kohlenhydrate, sekundäre Pflanzenstoffe, weniger Fett und gesättigte Fettsäuren. Das entspricht ganz den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Gibt es nachhaltigen Fisch?
Nicht immer heißt gesunde auch ökologische Ernährung. Beim Fischverbrauch zeigt es sich, dass gesund essen nach den Empfehlungen der Ernährungswissenschaft, nämlich 2 Portionen Fisch pro Woche zu verzehren, nur schwer vereinbar ist mit einem ökologischen Konsumverhalten.
Der kommerzielle Fischfang hat zu massiven Problemen für die weltweiten Fischbestände und die Meeresumwelt geführt.
Deshalb hat die Umweltstiftung WWF (World Wildlife Fund) zusammen mit einem Lebensmittelkonzern den Marine Stewardship Council (MSC) gegründet. Dieser vergibt das MSC-Siegel, das für bestandserhaltende Meeresfischerei steht. Nachhaltiger Fischeinkauf muss sich also mindestens am MSC-Siegel, „asc-Siegel“ (Verwendung gentechnikfreier Futtermittel) bzw. einem Bio-Siegel orientieren. Der Fischratgeber unterstützt beim nachhaltigen Einkauf. Mittlerweile kann man diesen auch als App auf sein Handy herunterladen.
Eine weitere Möglichkeit ist Fisch aus heimischer ökologischer Teichwirtschaft oder aus Öko-Aquakulturen.
Lebensmittel aus der näheren Umgebung – regional einkaufen
Die Klimabelastung hängt auch davon ab, wie weit und mit welchem Transportmittel Lebensmittel transportiert werden. So ist zwar die Treibhausgas-Entstehung pro Kilogramm und Kilometer mit dem Hochseeschiff geringer als mit der Bahn oder gar mit dem LKW. Aber auf dem Kilogramm Äpfel aus Neuseeland mit Tausenden zurückgelegten Kilometern lastet mehr CO2 (513 g) als auf denen vom Bodensee (76 g), selbst wenn sie mit dem LKW nach München gebracht wurden.
Am schlechtesten schneiden Lebensmitteltransporte mit dem Flugzeug ab. Bei empfindlichen Lebensmitteln, die nicht lange halten, wie z.B. Erdbeeren aus fernen Ländern liegt der Verdacht nahe, dass sie eingeflogen sind. Da nützt es dann auch nichtl, wenn sie Bio sind.
Andererseits muss man immer die Gesamtbilanz pro Person und Jahr im Auge behalten. So schlägt zwar ein einziges 250g-Schälchen Erdbeeren aus Südafrika mit "stolzen" 3000 g CO2 zu Buche, aber der einmalige Verzicht darauf ist vergleichsweise unbedeutend im Vergleich zu den 11 Tonnen CO2, für die jeder Deutsche pro Jahr verantwortlich ist. Gravierender wirken sich Veränderungen bei Lebensmitteln aus, die täglich in größeren Mengen konsumiert werden. Milch oder Mineralwasser und andere Getränke sollte man deshalb aus der Region beziehen.
Wenn regionale Lebensmittel mit umweltschonenden Fahrzeugen und nicht gerade in kleinsten Mengen transportiert werden, haben sie jedenfalls das Potential am wenigsten klimaschädlich zu sein.
Weitere positive Nebenwirkungen regionaler Produkte sind: Sicherung von Arbeitsplätzen und Stärkung der Wirtschaftskraft vor Ort, über- und durchschaubare und damit für Lebensmittelskandale wenig anfällige Strukturen.
Lebensmittel aus ökologischem Anbau werden zunehmend importiert. Mit ihrem Kauf fördert man zwar eine umweltschonende Landwirtschaft im Herkunftsland, aber es entsteht das Problem des energieaufwendigen Transports, so dass die Bilanz unter Umständen nicht mehr stimmt.
Soll man also jetzt ganz auf Bananen, Orangen, Kaffee usw. verzichten? Das kann angesichts unserer Verbrauchsgewohnheiten und des Aspekts von Lebensqualität und abwechslungsreicher Ernährung wohl nicht die Lösung sein. Aber einen Ausweg bietet hier möglicherweise ein neues Siegel, das seit Oktober 2007 auf dem deutschen Markt ist: "Stop Climate Change" (Bild rechts). Es kennzeichnet Produkte, die klimaneutral angeboten werden. Das bedeutet, der Hersteller hat den durch Produktion, Transporte, Lagerung und Verpackung verursachten Treibhausgas-Ausstoß so weit wie möglich verringert und unvermeidbare Emissionen durch den Zukauf von Emissionsrechten neutralisiert. Als erstes Produkt tragen die Bananen eines Biofruchthändlers das SCC- Siegel. Es bleibt abzuwarten, wie sich das Siegel auf dem Markt durchsetzen wird. Der Preis für das Kilo Bananen steigt dadurch jedenfalls nur im Cent-Bereich.
Lebensmittel der Jahreszeit entsprechend – saisonal einkaufen
Wer regional einkauft, kauft automatisch, was gerade in der entsprechenden Jahreszeit angeboten wird. Weil heimisches Obst und Gemüse reif geerntet werden kann, erreicht es seinen optimalen Geschmack und kann mehr wertvolle Inhaltsstoffe ausbilden.
Lebensmittel entsprechend der Jahreszeit bieten größere Abwechslung und vermitteln ein Gefühl für den Jahreskreislauf. Bedeutet es nicht mehr Lebensfreude und Genussfähigkeit, wenn man nach einem Jahr zum Beispiel wieder die ersten heimischen Erdbeeren bekommt? Trauben und Birnen gibt es im Herbst, Bratäpfel in der Adventszeit. Endiviensalat, Kohl- und Kartoffelgerichte im Winter. Frische Beeren, Gurken und Tomaten im Sommer. Saisonale Lebensmittel sind auch in Öko-Qualität günstig zu haben.
Freilandgemüse und Salat verursacht nur einen Bruchteil der Treibhausgase im Vergleich zu Ware aus dem beheizten Gewächshaus. Ein Beispiel: 1 kg Kopfsalat, angebaut im Freiland setzt 140 g CO2 frei, unter Glas gezogen dagegen 4450 g CO2.
Nutzt man die regionalen und saisonalen Produkte im Jahresverlauf, kann man eine erstaunliche Vielfalt (wieder-)entdecken und durch kreatives Kochen mit frischen und wenig verarbeiteten Nahrungsmitteln deutlich an Lebensqualität gewinnen. Rezepte der Saison finden Sie hier
Lebensmittel aus fairem Handel – fair einkaufen, was hier nicht wächst
Faire Handelsorganisationen schließen langfristige Verträge mit den Bauern ab, garantieren angemessene Löhne und soziale Arbeitsbedingungen. In den letzten Jahren werden immer mehr fair gehandelte Produkte auch biologisch angebaut. Somit wird eine umweltschonende Entwicklung gefördert und ein Beitrag zur Gesundheit der Bevölkerung geleistet. Umgekehrt ist es erklärtes Ziel der Bioverbände, von Haus aus gerechte Preise an die Produzenten zu zahlen, so dass "Bio" mit den Siegeln der anerkannten Anbauverbände in der Regel "Fair" einschließt. Ausführliche Informationen zu "Fair Trade" finden Sie in diesem VIS-Artikel.
Wie kann ich außer Haus nachhaltig essen?
Wählen Sie in der Kantine vegetarische Gerichte und fordern Sie die Umstellung auf Biolebensmittel. Sie werden auf offene Ohren treffen. Der Leitfaden"Mit einfachen Schritten zum Biozertifikat" gibt Ihnen Hilfestellung für die Umsetzung. Weitere Infos zum Förderprogramm
Quellen
Bilharz, M. (2007): Nachhaltigen Konsum voranbringen: BN-Mitglieder weisen den Weg, in: BN-Notizen, Mitgliederzeitschrift Bund Naturschutz, Kreisverband Regensburg, S. 7-11.
Bilharz, M. (2006): Nachhaltiger Konsum als strukturpolitisches Instrument der Verbraucherpolitik - Endbericht, Freising.
Broschüre zur Wanderausstellung "Lebensmittel: Regional = Gute Wahl auch fürs Klima!" des Bayerischen Staatsministeriums für Umwelt Gesundheit und Verbraucherschutz
Koerber K. v., Kretschmer J., Schlatzer M.
Ernährung und Klimaschutz - Wichtige Ansatzpunkte für verantwortungsbewusstes Handeln (aid-ernährung im fokus 7 (5), 130-137, 2007)
Rat für nachhaltige Entwicklung:
http://www.nachhaltigkeitsrat.de/nachhaltigkeit/
Weiterführende Links
- Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, Nachaltige Ernährung
- Arbeitsgruppe Nachhaltige Ernährung Beratungsbüro für Ernährungsökologie in München
- Saisonkalender
- Ökolandbau.de: Verbraucherinformationen
- Nachhaltige Ernährung (Verein für Unabhängige Gesundheitsberatung)
- "die VERBRAUCHER INITIATIVE e.V. " zum öko-fairen Handeln
- Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft
- Greenpeace
- Der nachhaltige Warenkorb (Rat für nachhaltige Entwicklung)
- Nationales Programm für nachhaltigen Konsum
- Wissen rund um nachhaltige Ernährung und nachhaltigen Konsum
VIS-Artikel
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