Mit der Bahn unterwegs - welche Rechte habe ich?
Fast jeder hat das schon mal erlebt: Man steht pünktlich am Bahnsteig, doch der Zug kommt nicht. Verspätungen und Zugausfälle sind ärgerlich, vor allem dann, wenn man dadurch andere Verbindungen verpasst. Bahnkunden haben in diesen Fällen einen gesetzlichen Anspruch auf Entschädigungen – auch im Nahverkehr. Die Fahrgastrechte gelten für alle Züge vom ICE bis zur S-Bahn.
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Die Regelungen im Fernverkehr
Bei Verspätungen ab 60 Minuten bekommen Fahrgäste 25 Prozent des Fahrpreises erstattet, ab 120 Minuten 50 Prozent. Wenn der Fahrgast Hin-und Rückfahrkarte zusammen gekauft hat und die Verspätung nur Hin- oder Rückweg betrifft, wird der halbe Fahrpreis als Grundlage für die Entschädigung herangezogen. Ist eine Verzögerung um mehr als 60 Minuten absehbar, kann der Fahrgast von der Reise zurücktreten und sich den Fahrpreis auszahlen lassen.
Zur Berechnung der Verspätung wird die verspätete Ankunftszeit am Zielort herangezogen, also um wie viel später als geplant der Fahrgast am Zielort ankommt. Bei mehr als einer Stunde Verspätung sind dem Fahrgast zudem kostenfrei Mahlzeiten und Erfrischungen in angemessenem Verhältnis zur Wartezeit anzubieten. Wird wegen einer Verspätung von mindestens einer Stunde oder bei Zugausfall unterwegs eine Übernachtung notwendig, so muss die Bahn eine Hotelunterkunft anbieten.
Bahnreisende haben selbst bei höherer Gewalt Anspruch auf eine Entschädigung für Verspätungen, wenn etwa schlechtes Wetter oder Streiks der Grund der Verspätung sind. Das hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) mit Urteil vom 26.09.2013 (Az. C-509/11) entschieden. Das Urteil betrifft europaweit alle Bahnunternehmen. Klauseln in Beförderungsbedingungen, die Entschädigungen bei höherer Gewalt ausschließen, sind demnach ungültig.
Zusätzlich haben Fahrgäste bei angekündigten Verspätungen von mindestens 20 Minuten die Möglichkeit, einen anderen Zug zu nutzen. Die Zugbindung ist in diesem Fall aufgehoben.
Die Regelungen im Nahverkehr
Ist eine Verspätung von mehr als 20 Minuten abzusehen, dürfen Besitzer eines Nahverkehrstickets einen teureren Fernzug benutzen und sich die Mehrkosten (z.B. ICE-Zuschlag) anschließend erstatten lassen.
Inhaber von Zeitfahrkarten und Tickets für den Nahverkehr erhalten ab 60 Minuten Verspätung bei 2.-Klasse-Fahrten 1,50 Euro und in der ersten Klasse 2,25 Euro. Inhabern von Zeitkarten im Fernverkehr werden pauschal 5 Euro (2. Klasse) bzw. 7,50 Euro (1. Klasse) gezahlt. An Inhaber einer BahnCard 100 werden in diesen Fällen 10 EUR (2. Klasse) bzw. 15 EUR (1. Klasse) gezahlt. Die Bahn zahlt Entschädigungen aber erst ab einer Bagatellgrenze von vier Euro. Als Bahn-Kunde mit Zeitkarte im Nahverkehr müssen Sie also mindestens drei Verspätungen von mindestens 60 Minuten im Gültigkeitszeitraum der Fahrkarte einreichen, um eine Entschädigung zu erhalten. Erstattungen an Inhaber einer Zeitkarte sind bis insgesamt maximal 25 % des Zeitkartenwerts gedeckelt.
Tipps zum Vorgehen bei einer Beschwerde
- Heben Sie Ihren Fahrschein auf.
- Lassen Sie sich die Verspätung vom Zugpersonal bestätigen.
- Notieren Sie bei Zeitfahrkarten alle Verspätungen ab einer Stunde (Datum, Zugnummer, geplante und tatsächliche Ankunft)
- Füllen Sie für jede Verspätung ein Fahrgastrechte-Formular aus. Im Formular muss der geplante und der tatsächliche Reiseverlauf angegeben werden, die Art der Fahrkarte und die gewünschte Form der Entschädigung (Gutschein, Überweisung auf das Konto oder Bargeld am Schalter).
- Ansprüche müssen innerhalb von 3 Jahren geltend gemacht werden. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt mit Ablauf des Jahres, in dem die Verspätung stattgefunden hat.
- Sollten Sie sich mit der Bahn nicht einigen können, wenden Sie sich an die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr (soep).
Hier finden Sie konkrete Hilfe
Die Bahn hat für all diese Fälle ein Beschwerdeformular (Fahrgastrechte-Formular) erstellt, das beim Servicepersonal im Zug, im Internet oder bei den DB Service Points erhältlich ist. Detaillierte Informationen über Ihre Rechte sowie das Fahrgastrechte- Formular finden Sie im Internet unter www.fahrgastrechte.info.
Mobilitätsservice
Nach der Fahrgastverordnung müssen Bahnsteige und Züge auch für Menschen mit Behinderung oder eingeschränkter Mobilität zugänglich sein. Beim Ein- und Aussteigen sowie während der Fahrt muss für kostenlose Hilfe gesorgt werden, sofern dies mindestens 48 Stunden vor dem Zeitpunkt, zu dem die Hilfeleistung benötigt wird, angemeldet wurde. Mobilitätsservice z. B. der Deutschen Bahn: Mobilitätsservice-Zentrale Tel.: 0180 6 512 512 (20 ct/Anruf aus dem Festnetz, Tarif bei Mobilfunk max. 60 ct/Anruf), E-Mail: msz@deutschebahn.com
- fahrgastrechte.info, u.a. mit Fahrgastrechte-Formular
- Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr
- Mobilitätsservice der Deutschen Bahn
- VIS-Artikel über Bahngastrechte
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