Haftung bei Pakettransport
Nicht nur an Weihnachten werden viele Pakete verschickt. Der Boom bei Internetgeschäften hat auch den Logistikunternehmen hohe Gewinne beschert. Mittlerweile gibt es im Bereich der Paketzustellung viele Anbieter neben der Deutschen Post AG.
Da kein System perfekt ist, kommt es immer wieder vor, dass Pakete nicht beim Empfänger ankommen oder auf dem Transport beschädigt werden.
In diesen Fällen stellt sich die Frage, inwieweit und wem gegenüber der Paketzusteller haftet.
Tipp:
Die Verbraucherzentrale Bayern gibt auf der Plattform Paket-Ärger
www.paket-aerger.de
die Möglichkeit, Schwierigkeiten und Ärgernisse mit Paketzulieferern zu schildern. Die Verbraucherzentrale sammelt gezielt Beschwerden über Paketdienste und fordert die Unternehmen zur Stellungnahme auf.
In diesem Beitrag finden Sie
Beispiel:
Verbraucher V bietet seine gebrauchte Spiegelreflexkamera auf einer Online-Plattform zum Verkauf an. Es meldet sich Verbraucher K. Der Kaufvertrag kommt zustande, der Kaufpreis beträgt 100 Euro. V verschickt das 1 kg schwere Paket mit der Deutschen Post AG und übermittelt dem K als Nachweis eine Kopie der Paketkarte. Das Paket kommt nie bei K an.
Auf Reklamation des K gegenüber V hin macht V klar, dass er seiner vertraglichen Verpflichtung nachgekommen sei, indem er das Paket ordnungsgemäß an die Deutsche Post AG übergeben habe und er weiter nichts unternehmen werde. K wendet sich daraufhin an die Deutsche Post AG, die nachforscht und ihm dann mitteilt, dass die Sendung nicht gefunden wurde. Die Deutsche Post AG bezieht sich auf ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) und lehnt eine Haftung ab.
Kann K, obwohl er selbst keinen Vertrag mit der Deutschen Post AG geschlossen hat, Ansprüche gegen diese geltend machen?
Vertragsverhältnis
Zwischen V als Versender und der Deutschen Post AG ist ein Frachtvertrag zu Stande gekommen. Dieser ist im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Auch wenn der Empfänger des Pakets keinen Vertrag mit dem Paketzusteller geschlossen hat, hat er eigene Ansprüche gegen diesen, wenn das Paket verloren geht, verzögert ankommt oder beschädigt wird. Dies ergibt sich daraus, dass der Frachtvertrag per Gesetz zugleich als ein Vertrag zu Gunsten Dritter ausgestaltet ist. Nach § 421 HGB kann der Empfänger die Ansprüche aus dem Frachtvertrag im eigenen Namen geltend machen.
Es können sowohl der Absender als auch der Empfänger des Pakets Ansprüche geltend machen.
Um das Risiko, eine Entschädigung an den Falschen zu zahlen, einzuschränken, treffen Paketzusteller teilweise entsprechende Regelungen in den AGB. Zudem werden die Zusteller in der Regel versuchen, sich von der Haftung weitestgehend frei zu zeichnen.
Ob die Haftungsbeschränkung wirksam ist, muss im Einzelfall geprüft werden.
Beispiel: Deutsche Post AG
Wer kann Ansprüche gegen die Deutsche Post AG geltend machen?
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender ausdrücklich auf sie hinweist und der anderen Partei vor Vertragsschluss die Möglichkeit gibt, von ihnen Kenntnis zu nehmen. Diese Einbeziehungsvereinbarung befindet sich im Fall der Deutschen Post AG auf der vom Versender auszufüllenden Paketkarte. Die Paketkarte ist übrigens rechtlich betrachtet der Frachtbrief.
Regelungen zur Haftung finden sich in Ziffer 6 der AGB der Deutschen Post AG („Allgemeine Geschäftsbedingungen DHL Paket/ Express (National)“). Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wird nicht auf den Absender beschränkt. Es greift somit die entsprechende Regelung zur Haftung beim Frachtvertrag im HGB.
Bezogen auf den Ausgangsfall kann K also selbst Ansprüche gegen die Deutsche Post AG geltend machen, obwohl er selbst keinen Vertrag mit dieser geschlossen hat. Mit der Vorlage der Paketkarte kann er seine Berechtigung nachweisen. Dies entspricht auch den Regelungen in den AGB.
In welcher Höhe haftet die Deutsche Post AG?
Bei einem Paketverlust muss der Zusteller zunächst die Beförderungskosten, also das Porto, ersetzen.
Außerdem muss er den Wert des Transportguts ersetzen, nach den gesetzlichen Vorschriften jedoch höchstens einen Betrag von 8,33 Rechnungseinheiten für jedes Kilogramm des Rohgewichts der Sendung, vgl. § 431 HGB.
Ein Sonderziehungsrecht beträgt derzeit etwa 1,22 Euro. Da die Höchsthaftung auf 8,33 Sonderziehungsrechte beschränkt ist, ergibt sich ein Haftungshöchstbetrag von derzeit rund 10,16 Euro.
Allerdings sind die AGB der Deutschen Post in diesem Punkt kundenfreundlicher als die gesetzliche Regelung. Im Schadensfall beruft sich die Deutsche Post AG nicht auf die gesetzlichen Haftungshöchstbeträge, wenn der geltend gemachte Schaden nicht mehr als 500 Euro beträgt.
Bezogen auf den Ausgangsfall kann K nach Vorlage des Frachtbriefs den eingetretenen Schaden bis zu einer Höhe von 500 Euro geltend machen. Er kann nachweisen, dass in seinem Fall der Wert der Sache 100 Euro betrug. Auf die Entschädigung von rund 10 Euro pro Kilogramm kommt es nicht an. Zudem kann er das Porto erstattet verlangen.
Was ist zu beachten, damit Ansprüche auf Schadenersatz nicht ausgeschlossen werden?
Die Deutsche Post AG hat in ihren AGB keine Regelungen zur Schadensanzeige getroffen, so dass die gesetzlichen Regelungen des HGB greifen.
Kommt das Paket beschädigt an, muss der Empfänger dies gleich bei der Übergabe anzeigen. Die Anzeige genügt hier gegenüber demjenigen, der das Paket abliefert. Anderenfalls besteht die gesetzliche Vermutung, dass das Paket in vertragsgemäßem Zustand angekommen ist. Ist die Beschädigung äußerlich nicht sichtbar, muss die Schadensanzeige innerhalb von 7 Tagen erfolgen. Dies kann auch durch den Absender erfolgen.
Eine Lieferverzögerung muss der Empfänger innerhalb von 21 Tagen nach der Ablieferung anzeigen. Anderenfalls erlöschen diesbezügliche Ansprüche.
Eine Schadensanzeige, die nach der Ablieferung erfolgt, muss in Textform erfolgen. Zur Wahrung der Frist genügt die rechtzeitige Absendung der Schadensanzeige.
Andere Paketdienste
Um die Haftung bei anderen Paketdiensten zu beurteilen, ist eine Prüfung der jeweiligen AGB notwendig, sofern diese wirksam in den Vertrag einbezogen wurden.
Wird die Geltendmachung von Ansprüchen auf den Auftraggeber, d.h. den Absender des Pakets, beschränkt, ist dennoch davon auszugehen, dass der Empfänger Ansprüche geltend machen kann, wenn der Absender offensichtlich nicht selbst gegen den Paketzusteller vorgehen will. In diesem Fall dürfte ausreichend sein, wenn der Empfänger die Original-Paketkarte vorlegen kann.
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