Patientenrechte und Arzthaftung in Fragen und Antworten
Ungefähr 11.000 Anträge wegen des Verdachts eines Behandlungs- oder Aufklärungsfehlers sind bei den Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern im Jahr 2018 eingegangen. Das war ein leichter Rückgang von 2,35 % im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Damit hat sich der Stand auf das hohe Niveau von 2012/2013 eingependelt, indem erstmals eine starke Steigerung stattfand.
Davon ausgehend, dass die ärztliche Versorgung nicht schlechter geworden ist, lässt sich das relativ hohe Niveau der Anträge vor allem mit einer Veränderung im Bewusstsein der Patienten erklären, die sich ihrer Rechte immer mehr bewusst werden und diese auch geltend machen. Mitursächlich für den Anstieg dürfte auch das am 26.02.2013 in Kraft getretene Patientenrechtegesetz sein, welches die Rechte der Patienten gegenüber den Behandelnden und Krankenkassen gestärkt und die Rechtsdurchsetzung erleichtert hat.
Dieser Artikel soll einen Überblick über die Rechte eines Patienten verschaffen und die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten bei einem Arztfehler aufzeigen.
In diesem Beitrag finden Sie
- Welche Rechte habe ich als Verbraucher (Patient) gegenüber dem Behandelnden (Arzt, Krankenhaus)?
- Welche Arten von ärztlichen Fehlern gibt es?
- Was ist die Rechtsfolge eines ärztlichen Fehlers?
- Wann verjähren die Ansprüche des Patienten?
- Was ist bei einem vermuteten Haftungsfall zu tun?
- Welche Rechte haben Patienten gegenüber den Krankenkassen und Pflegekassen?
Welche Rechte habe ich als Verbraucher (Patient) gegenüber dem Behandelnden (Arzt, Krankenhaus)?
- Patienten sind zu Beginn einer Behandlung grundsätzlich umfassend und verständlich über alle relevanten Details der Behandlung zu informieren.
Dazu gehört zum Beispiel die Diagnose, der Verlauf der Therapie, die gesundheitliche Entwicklung und die während oder nach einer Therapie zu ergreifenden Maßnahmen.
- Vor einer medizinischen Behandlung, vor allem wenn sie einen Eingriff in den Körper oder die Gesundheit darstellt, muss der Patient grundsätzlich in die Behandlung einwilligen.
Für eine wirksame Einwilligung ist Voraussetzung, dass der Patient umfassend über die Folgen, Risiken und die möglichen Alternativbehandlungen sowie über die Notwendigkeit und die Erfolgsaussichten einer Behandlung aufgeklärt wird.
Die Aufklärung muss durch ein persönliches Gespräch rechtzeitig vor Beginn der Behandlung erfolgen und für den Patienten verständlich sein.
- Werden in diesem Rahmen Unterlagen zur Unterschrift vorgelegt, hat der Patient einen Anspruch auf Aushändigung von Abschriften.
- Kommt es zur Behandlung, ist der Behandelnde verpflichtet eine Patientenakte anzulegen. In dieser Akte sind sämtliche für die Behandlung relevanten Maßnahmen und Ergebnisse einzutragen, wie z.B. die Diagnosen, durchgeführten Therapien, Befunde, Untersuchungen aber auch die Einwilligung und die o.g. Aufklärungen.
- Dem Patienten steht grundsätzlich das Recht zur Einsichtnahme in die Patientenakte zu.
- Wird die Patientenakte nicht ordnungsgemäß geführt und fehlen z. B. durchgeführte Maßnahmen oder Diagnosen, so wird zu Gunsten des Patienten vermutet, dass diese Maßnahmen nicht durchgeführt wurden.
Dies führt zu Erleichterungen beim Beweis eines Behandlungsfehlers.
Welche Arten von ärztlichen Fehlern gibt es?
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Behandelnde den zum Zeitpunkt der Behandlung anerkannten und gesicherten Stand der ärztlichen Standards unterschreitet. Das kann zum Beispiel unzureichende Hygiene, die falsche Diagnose oder auch die falsche Therapiewahl beispielsweise in Form der Verordnung eines falschen Medikamentes sein.
Ein Aufklärungsfehler liegt dann vor, wenn der Behandelnde den Patienten über eine medizinische Maßnahme, in die der Patient einwilligen soll, nicht oder falsch aufgeklärt hat.
Was ist die Rechtsfolge eines ärztlichen Fehlers?
Macht der Arzt bei der Behandlung oder im Rahmen der Aufklärung einen Fehler, so hat er dafür Schadensersatz zu leisten, entweder aufgrund eines Behandlungsvertrages oder aufgrund des Deliktsrechts.
- Liegt ein Haftungsfall vor, muss der Behandelnde sowohl die Schäden, die in der Verletzung selbst liegen, als auch etwaige Folgeschäden, ersetzen. Das können weitere Heilbehandlungskosten, Pflegekosten, vermehrte Bedürfnisse oder auch Verdienstausfälle sein.
- Daneben wird ggf. Schmerzensgeld geschuldet.
- Folgt die Haftung aus einem Behandlungsvertrag, werden darüber hinaus reine Vermögensschäden ersetzt, z.B. die aufgewendeten Behandlungskosten, wenn die ärztliche Behandlung völlig unbrauchbar oder vollkommen überflüssig war.
Wann verjähren die Ansprüche des Patienten?
Die Ansprüche aus einem Behandlungs- oder Aufklärungsfehler verjähren innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren.
Verjährungsbeginn ist dabei das Ende des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Patient Kenntnis von dem Fehler erlangt hat.
Was ist bei einem vermuteten Haftungsfall zu tun?
- Zunächst sollte man sich Klarheit über den Ablauf und die Art der Behandlung und die Beteiligten verschaffen und dies schriftlich festhalten.
Es muss erkennbar sein, was gemacht wurde, wer der Behandelnde war und worin der Behandlungs- oder Aufklärungsfehler gesehen wird.
Ggf. kann auch die Einsichtnahme in die Patientenakte notwendig sein und weiteren Aufschluss geben.
- Sodann sollte man das Gespräch mit dem Behandelnden und ggf. auch mit dessen Haftpflichtversicherung suchen und die Möglichkeit einer gütlichen Einigung ausloten. Dabei ist anzuraten, einen Zeugen zum Gespräch mitzunehmen.
- Parallel sollte man seine Krankenversicherung über den Vorfall informieren. Die Kranken- und Pflegekassen sind bei Behandlungsfehlern verpflichtet, ihren Versicherten bei der Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen zu unterstützen. Dies kann z.B. durch die Erstellung eines Gutachtens durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) geschehen, welches in einem späteren Verfahren ggf. als Beweismittel dienen kann.
- Sollte eine einvernehmliche Einigung mit dem Behandelnden nicht möglich oder nicht gewollt sein, kann man sich an die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen wenden, die bei den Landesärztekammern eingerichtet sind.
Sie stellen jedoch lediglich eine außergerichtliche Möglichkeit dar, um zwischen dem Arzt und dem Patienten durch Stellungnahmen und Gutachten zu vermitteln. Die Stellungnahmen sind für beide Seiten nicht verbindlich. Die Einschaltung ist für den Patienten kostenlos. Der Behandelnde muss jedoch dem Verfahren zustimmen. Gegen seinen Willen kann die Schlichtungsstelle nicht aktiv werden.
- Schließlich bleiben noch das gerichtliche Verfahren und die Beratung beim Rechtsanwalt. Dies kann jederzeit eingeleitet werden, unabhängig davon, ob ein Schlichtungsverfahren noch aktiv ist oder schon abgeschlossen wurde.
Welche Rechte haben Patienten gegenüber den Krankenkassen und Pflegekassen?
Durch das Patientenrechtegesetz haben sich auch die Rechte des Patienten gegenüber seiner Kranken- und Pflegekasse verbessert.
So bekommen die Krankenkassen in Genehmigungsverfahren zukünftig eine Frist gesetzt. Ein Genehmigungsverfahren kann beispielsweise eine beantragte Rehabilitationsmaßnahme sein. Die Frist beträgt drei Wochen, bei der Einschaltung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) fünf Wochen.
Die Kranken- oder Pflegekasse muss innerhalb dieser Frist über die beantragte Maßnahme hinreichend begründet entscheiden.
Geschieht dies nicht, gilt der Antrag als genehmigt und der Versicherte kann sich die Leistung auf Kosten der Kranken- oder Pflegekasse selbst beschaffen.
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