
Sicher Indoorklettern
Indoorklettern, also Klettern in Kletterhallen gilt als eine der sichersten Bergsportdisziplinen. Zur Zeit gibt es etwa 450 Kletterhallen in Deutschland, wobei der Löwenanteil mit über 100 Kletterhallen auf Bayern entfällt. Jährlich kommen ca. 10 neue Kletterhallen hinzu. Der Trend zeigt deutlich nach oben.
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Kletterhallen können objektiv als sicher betrachtet werden, da diese nach der DIN EN 12572-1 KÜNSTLICHE KLETTERANLAGEN errichtet sein müssen und auch seit 2009 durch die Norm DIN EN 12572-3 die Beschaffenheit der Klettergriffe geregelt wird.
Der Deutsche Alpenverein "DAV" vermeldet ca. 4 - 8 bekanntgewordene Unfälle pro Jahr beim Hallenklettern. Gemessen an der Zahl der aktiven Kletterer sind die Unfallzahlen so niedrig, dass eine gesicherte statistische Auswertung nicht möglich ist. Dennoch dürfen diese Zahlen nicht darüber hinwegtäuschen dass, wenn Unfälle passieren, diese meist schwerwiegende oder sogar tödliche Folgen haben können. Diese sind, wenn sie denn eintreten, dem subjektiven Verhalten der Kletterer geschuldet. Zentrale Bedeutung kommt hier, neben der bestimmungsgemäßen Verwendung der Ausrüstung, den Sicherungsgeräten zu.
Allgemein
Um eine Kletterhalle nutzen zu können, muss in der Regel beim erstmaligen Betreten eine Benutzerklärung unterschrieben werden. Hierbei erkennt der Kletterer seine Eigenverantwortlichkeit an und bestätigt die Einhaltung diverser Verhaltensregeln. Eine Qualifikation oder Sachkenntnis wird hierbei nicht geprüft. Somit obliegt es jedem einzelnen, sich die notwendigen Kenntnisse anzueignen.
Das Kursangebot kommerzieller Hallen oder die Kurse des DAV zum Erwerb der Kletterscheine Toprope und Vorstieg bieten die Möglichkeit, fundierte Kenntnisse zu erwerben. Dies sollte unbedingt in Erwägung gezogen werden.
Kletterhallen bieten meist einen sogenannten Toprope und einen Vorstiegsbereich (siehe Foto oben). Der Toprope Bereich ist schon mit fixen Seilen ausgestattet, an denen man sich nur noch ordnungsgemäß fixieren muss (einbinden oder mittels Karabiner), um von seinem Kletterpartner beim Aufstieg mit einem entsprechenden Sicherungsgerät vor Absturz gesichert werden zu können. Im Vorstiegsbereich muss das Kletterseil selbst zur Verfügung gestellt werden.
Sicherungsgeräte
Zentraler Ausrüstungsgegenstand neben einem Klettergurt und speziellen Kletterschuhen stellen die Sicherungsgeräte dar. Hierbei unterscheidet man dynamische Sicherungsgeräte von halbautomatischen Sicherungsgeräten.
Bei den dynamischen Sicherungsgeräten wird generell durch das Prinzip der Reibung der Sturz des Kletterers mehr oder weniger weich abgefangen. Hierbei kann bei hoher Sturzbelastung Seil durch das Sicherungsgerät laufen = dynamische Sicherung.
Bei den halbautomatischen Sicherungsgeräten wird das Seil im Sturzfall abgeklemmt bzw. blockiert, wobei es zu keinem nennenswerten Seildurchlauf kommt = statische Sicherung.
Dynamische Sicherungsgeräte
Halbmastwurf-Sicherung (HMS)
Die Sicherungsmethode mittels HMS ist sehr universell einsetzbar und sollte von jedem Kletterer beherrscht werden. Sie stellt auch die Standardmethode beim Klettern im Gebirge dar. Diese Sicherungsmethode wird auch in der Regel als Erste bei Einsteigerkursen gelehrt. Hierzu wird, wie oben abgebildet, nur ein sogenannter HMS Karabiner in Birnenform quasi als Sicherungsgerät benötigt. Diese Form ist notwendig, damit der Knoten leicht in beiden Richtungen umschlagen kann. Die HMS Sicherung bremst in jede Sturzzugrichtung zuverlässig und kann neben der Sicherung vom Körper weg auch als Sicherung an einem Fixpunkt verwendet werden. Das Bremsprinzip stellt hierbei die Seilreibung innerhalb des Knotens dar. Der Nachteil dieser Methode ist daher auch der Seilverschleiß, sowie die Krangelbildung des Seiles.
Achtung:
Die Halbmastwurf-Sicherung ist die einzige Sicherungsmethode, bei der die Bremshand oberhalb des Sicherungsgerätes geführt werden kann wie nebenstehende Abbildung zeigt.
Weil Kletterer meist früher oder später zu einem etwas komfortableren Sicherungsgerät wie z.B. dem Tuber wechseln, besteht hier ein großes Risiko der späteren Fehlbedienung. Für alle anderen Sicherungsgeräte gilt das Bremshand unten Prinzip. Bei Bremshand oben haben diese zum Teil keinerlei Bremswirkung und es besteht hohe Bodensturzgefahr mit entsprechenden Folgen.
Die Halbmastwurfsicherung funktioniert jedoch auch mit Bremshand unten. Und man geht langsam in Deutschland dazu über, dies auch so zu lehren, um die spätere Problematik beim Umstieg auf ein anderes Sicherungsgerät zu vermeiden. Hierbei ist jedoch unbedingt ein sogenannter Safe-Lock Karabiner zu verwenden, da ein normaler Schraubkarabiner sich unter Umständen durch die Seilreibung ungewollt öffnen kann. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn sich der Schnapper fälschlicherweise auf der Bremshandseite befindet).
Beispiel Safe-Lock Karabiner - Typ Ball-Lock
Hierbei muß zum öffnen der grüne Knopf gedrückt und gleichzeitig die schwarze Verschlußhülse gedreht werden. Ein selbsttätiges Aushängen des Seiles durch Reibung ist damit so gut wie ausgeschlossen.
Beispiel Safe-Lock Karabiner - Typ Belay-Master
Beim Belay-Master verhindert eine Schutzkappe das ungewollte Aufschrauben des Verschlusses. Die Kappe lässt sich nur zuklappen wenn der Verschluß ordnungsgemäß zugeschraubt ist.
Tuber

Tuber sind die am meisten verbreiteten dynamischen Sicherungsgeräte beim Sportklettern. Sie sind relativ einfach zu bedienen, sowie klein und leicht. Sie führen auch bei falsch eingelegtem Seil nicht zum völligen Funktionsverlust. Lediglich die Bremskraft ist geringer. Gegenüber der HMS Methode besteht fast keine Krangelneigung für das Kletterseil, was die Handhabung so beliebt macht.
Wie auf der oberen Abbildung zu erkennen, gibt es Versionen mit einer und zwei Öffnungen. Erstere ist nur für den Einsatz in Hallen und beim reinen Sportklettern geeignet. Der Einsatz eines Doppelseiles oder das Abseilen am Doppelstrang ist hierbei nicht möglich. Gut zu erkennen sind auch die V-förmigen Riffelungen, welche die Bremskraft unabhängig vom Seildurchmesser erhöhen sollen.
Die normale Sicherungshaltung ist wie unten rechts dargestellt. Die linke Führungshand ist oben, die rechte Bremshand unten. Das Bremsprinzip ist hierbei das Abknicken des Seiles mit entsprechender Reibung im Tuber. Die oben erwähnte Riffelung erhöht bei richtig eingelegtem Seil zusätzlich die Reibung.
Achtung:
Wie schon unter der HMS-Sicherungsmethode erwähnt, funktioniert das Sicherungsprinzip beim Tuber nur dann, wenn sich die Bremshand unterhalb des Sicherungsgerätes befindet und das Sicherungsseil ständig unter Kontrolle hat (sogenannter Tunnelgriff, Daumen und Zeigefinger umfassen das Bremsseil jederzeit).
Gefahr!!!
Seil läuft im Sturzfall ungebremst durch das Sicherungsgerät (Knickwirkung fehlt). Absturz des Kletterers und schwere Verbrennungen der Hände des/der Sichernden sind die Folge.
Beim Ablassen des Kletterers nach Beendigung des Aufstieges wird das Bremsseil mit beiden Händen! kontrolliert ausgegeben.
Halbautomatische Sicherungsgeräte
Diese Gruppe von Sicherungsgeräten besitzt einen selbstblockierenden Bremsmechanismus, der bei richtiger Bedienung der Geräte einige Vorteile bieten kann.
In den letzten Jahren sind außer dem GriGri etliche neue halbautomatische Sicherungsgeräte wie Smart, Click up, Cinch oder Zapomat und andere auf den Markt gekommen. Für alle halbautomatischen Sicherungsgeräte gilt im Prinzip die gleiche Sicherungshaltung, wie auch für dynamische Sicherungsgeräte: Führungshand oberhalb und Bremshand unterhalb des Gerätes. Der Unterschied besteht hauptsächlich in der Art, wie beim Seilausgeben der Blockiermechanismus vorübergehend gelöst werden muß und im Ablassvorgang.
Halbautomatische Sicherungsgeräte sind z.Teil auch sehr kritisch bzgl. des verwendeten Seildurchmessers. Hier kann es bei sehr dünnen oder dicken Kletterseilen zu Funktionseinschränkungen kommen. Die Angaben des Herstellers hierüber sind unbedingt zu beachten.
GriGri
Beispielhaft für die halbautomatische Sicherungsgeräte soll hier das GriGri etwas näher betrachtet werden, da es das am meisten verwendete halbautomatische Sicherungsgerät darstellt. Halbautomaten sind sehr beliebt, wenn es um das Auschecken von Routen geht; der Vorsteiger häufig stürzt und in Hängeposition von seinem Partner gehalten werden muss. Durch den Blockiermechanismus muss die Bremshand nicht krampfhaft längere Zeit das Seil in Bremshaltung fixieren. Der Blockiermechanismus kann auch im Sturzfall bei Ausfall der Bremshand mehr Sicherheit bieten.
Doch diesen Vorteilen steht auch eine Menge an Nachteilen gegenüber, weshalb Halbautomaten für Anfänger nicht zu empfehlen sind.
Zum Beispiel führt ein falsch eingelegtes Seil zu komplettem Funktionsverlust.
Seil zum Kletterer muss richtig eingelegt werden.
Während sich das Seilausgeben beim Vorstieg mit den dynamischen Sicherungsgeräten recht einfach gestaltet, ist dies bei den Halbautomaten immer mit der zum Teil komplexen Aufhebung des Blockiermechanismus verbunden. Hier sind je nach Art des Sicherungsgerätes viele Bedienungsfehler möglich.
Sicheres Seilausgeben mittels der Gaswerkmethode (benannt nach der Kletterhalle Gaswerk in Zürich, wo diese Methode eingeführt wurde). Hierbei wird das Bremshandprinzip beibehalten.
Die rechten drei Finger kontrollieren das Bremsseil, der Zeigefinger fixiert das GRiGri und der Daumen hält durch Druck nach unten den Blockiermechanismus offen. Würde hier nur der Blockiermechanismus aufgehoben ohne das Bremsseil zu kontrollieren, könnte es bei Sturz zu unkontrolliertem Seildurchlauf und Absturz kommen, da die Hand im Panikfall gemäß des menschlichen Reflexes den Blockiermechanismus nicht freigeben würde.
Ebenfalls problematisch ist der Vorgang beim Ablassen des Kletterers, bei dem ein Hebel zum Körper hin gezogen werden muss, um den Blockiermechanismus zu lösen.
Im Panikfall reagiert auch hier der Körper mit seinen Reflexen. Und statt den Hebel freizugeben um die Blockierung auszulösen, wird der Hebel noch mehr an den Körper herangezogen. Wird dann auch noch das Bremshandprinzip verletzt, kommt es zu unkontrolliertem Absturz des Kletterers.
Fazit
Die Auswahl eines geeigneten Sicherungsgerätes sollte sich am Einsatzzweck orientieren.
Mit Pressemitteilung vom 15.09.2015 empfiehlt der DAV ab sofort „Halbautomaten“ für die Sicherung beim Sportklettern in Kletterhallen und Klettergärten. Umfangreiche Tests und Unfallanalysen haben ergeben, dass diese gegenüber dynamischen Sicherungsgeräten (HMS, Tuber) einen Sicherheitsvorteil durch Blockierunterstützung bieten. Diese vermindern das Risiko einen Bodensturzes auch trotz Sicherungsfehler und sind unabhängig von der Handkraft der sichernden Person.
Bei Mehrseillängenrouten sind jedoch nach wie vor dynamische Sicherungsgeräte weiterhin der Standard.
Alle Infos beim Deutschen Alpenverein /Sportklettern in Kletterhallen und Klettergärten / Sicherungsgeräte-Empfehlung.
Es sei an dieser Stelle nochmals darauf hingewiesen, dass zur Bedienung der vorgenannten Sicherungsgeräte eine entsprechende Schulung durch qualifizierte Ausbilder/innen obligatorisch ist.
Partnercheck
Last but not Least soll auf den nötigen Partnercheck hingewiesen werden. Dieser ist unabhängig von der verwendeten Ausrüstung und Sicherungsgerät immer durchzuführen, um eine sicheres Klettern zu gewährleisten!
Hierbei sollten folgende Punkte gegenseitig kontrollierte werden:
- Gurt richtig angelegt und verschlossen = Gurtverschlüsse kontrollieren
- Anseilpunkt und Anseilknoten richtig = Anseilknoten und Anseilpunkt checken
- Karabiner verschlossen und Seil richtig eingelegt = Karabiner und Sicherungsgerät prüfen
- Seilende gesichert = Seilende durch Knoten absichern
Weiterführende Hinweise
- Videos zur korrekten Bedienung von Sicherungsgeräten des DAV
- Auch in Kletterhallen – und insbesondere dort - ist alles möglich
- Mein Absturz in der Kletterhalle (Berich aus bergundsteigen.at)
Normen
- EN 958:2017 "Bergsteigerausrüstung - Fangstoßdämpfer für die Verwendung auf Klettersteigen (Via Ferrata) - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren"
DAV: "Neue Norm für Klettersteigsets" - EN 15151-1 "Bremsgeräte mit Halbautomatik"
- EN 15151-2 "Manuelle Bremsgeräte"
- DIN EN 12275 Bergsteigerausrüstung - Karabiner - Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren; Deutsche Fassung FprEN 12275:2012
- DIN EN 12277:2007-05 Bergsteigerausrüstung- Anseilgurte- Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren; Deutsche Fassung EN 12277:2007
- DIN EN 12572-1 Künstliche Kletteranlagen
- DIN EN 12572-3 Sicherheitstechnische Anforderungen und Prüfverfahren für Klettergriffe
Literatur
- Indoor-Klettern: Das offizielle Lehrbuch zum DAV-Kletterschein
ISBN-10:3-8354-0897-6; BLV Buchverlag - SICHER SICHERN - Sportklettern, Eis, Bigwall
ISBN 978-3-936740-18-9; Michael Hoffmann - Alpin-Lehrplan, Bd.2, Felsklettern, Sportklettern
ISBN-10: 3405161827 - Alpin-Lehrplan 2a: Sicherung und Ausrüstung
ISBN-10: 3835402552
VIS-Artikel:
- Kletterseil - Worauf man beim Seilkauf achten sollte
- Klettersteigset - Klettersteige sicher begehen
- Sport & Freizeit (Index)
- Unfall: Unfallgefahren und Unfallschutz für den Verbraucher
Externe Links:
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