True Cost-Ansatz für Lebensmittel
Vollkostenrechnung nach dem Verursacherprinzip - ein Erklärungsansatz
Billige Lebensmittel sind meist nur scheinbar günstig. Denn für Umweltschäden, welche infolge der Produktion entstehen, zahlt indirekt die Allgemeinheit.
Nur wenn diese versteckten Kosten in den Markpreis einbezogen werden, zahlt sich die Vermeidung von Umweltschäden auch aus finanzieller Sicht aus.
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Versteckte Kosten durch Umweltbelastungen
Die Marktpreise von Lebensmitteln geben nur die Produktionskosten wieder, die dem Landwirt entstehen. Die Nahrungsmittelproduktion hat negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt und verursacht damit Folgekosten, die nur unzureichend oder gar nicht in den Marktpreisen enthalten sind.
Für Schäden wie beispielsweise durch Bodenerosion, CO2-Emissionen, Überdüngung, Rückgang der Artenvielfalt, Antibiotikaresistenzen oder eine Übernutzung der Wasservorkommen in trockenen Regionen kommt die Gesellschaft auf.
Beispiel Stickstoff:
Mit Hilfe stickstoffhaltiger Düngemittel können Landwirte höhere Erträge erzielen. Allerdings ist deren Produktion sehr energieaufwändig und ihr Einsatz mit klimaschädlichen Lachgas-Emissionen verbunden.
Der intensive Einsatz industrieller Stickstoffdünger und die Massentierhaltung haben in der Vergangenheit zur übermäßigen Freisetzung reaktiver Stickstoffverbindungen beigetragen. Auch beim Transport werden durch die Verbrennung fossiler Energieträger Stickstoffverbindungen freigesetzt. Diese Stickstoffeinträge wirken sich langfristig negativ auf die Artenvielfalt, die Luft- und Wasserqualität, das Klima und die menschliche Gesundheit aus.
Gelangen Nitratüberschüsse ins Grundwasser, bedeutet dies höhere Kosten für die Trinkwasseraufbereitung, welche Trinkwasserversorger in der Regel an die Verbraucherinnen und Verbraucher und nicht an die Landwirtschaft weitergeben. 28 Prozent der Messstellen in landwirtschaftlich genutzten Regionen überschreiten den Schwellenwert für Nitrat im Grundwasser.
Eine Studie der Universität Augsburg ergab, dass in Deutschland allein durch Stickstoffeinträge externe Folgekosten von über 10 Milliarden Euro pro Jahr entstehen (Gaugler & Simkin 2016).
Marktpreise ohne Folgekosten
Die Marktpreise von Lebensmitteln beinhalten nicht die Folgekosten, die durch ihre Herstellung, Verpackung und Transport entstehen. Infolgedessen können Lebensmittel, die mit großen Umweltbelastungen z.B. durch Treibhausgasemissionen, Wasser- und Luftverschmutzung verbunden sind, vergleichsweise billig angeboten werden. Die fehlende Berücksichtigung der Umweltfolgekosten im Marktpreis führt zu einer Wettbewerbsverzerrung und benachteiligt umweltfreundlich produzierte Lebensmittel.
Die Studie der Universität Augsburg “How much is the dish” hat den Einfluss der Landwirtschaft in Deutschland auf die Umwelt anhand der Treiber Stickstoff, Treibhausgase sowie Energiebereitstellung untersucht. Im Rahmen der Studie wurde zwischen biologischer und konventioneller Produktion sowie zwischen pflanzlichen und tierischen Lebensmitteln unterschieden.
Das Ergebnis:
Die höchsten externen Folgekosten entstehen bei der Produktion von tierischen Lebensmitteln. In allen untersuchten Kategorien verursachen biologisch hergestellte Lebensmittel geringere Umweltfolgekosten als konventionelle Produkte derselben Kategorie. Die geringste Fehlbepreisung zeigt sich bei pflanzlichen Lebensmitteln.
Würden die Folgekosten durch Umweltbelastungen in den Preis einfließen, wäre der Preisunterschied zwischen ökologisch und konventionell produzierten Lebensmitteln deutlich geringer. Preislich günstiger wären auch unverpackte pflanzliche, regionale und saisonale Lebensmittel, die mit geringeren Umweltbelastungen verbunden sind.
True Cost-Ansatz: Vollkostenrechnung entsprechend dem Verursacherprinzip
Die Marktpreise enthalten nicht die Kosten, die durch Umweltschäden bei der Herstellung und dem Transport von Lebensmitteln entstehen. Nur wenn die Umweltfolgekosten internalisiert, das heißt den Verursachern angelastet werden, besteht auch ein wirtschaftlicher Anreiz, Umweltbelastungen zu mindern.
Da das Verursacherprinzip derzeit nicht zur Geltung kommt, können Lebensmittel günstiger angeboten werden, wenn Umweltbelastungen in Kauf genommen werden, für deren Folgekosten die Gesellschaft aufkommt. Dadurch zahlen zwar Verbraucherinnen und Verbraucher im Laden weniger, indirekt jedoch deutlich mehr.
Die Kosten für ökologische Schäden durch Erzeugung, Transport und Verpackung von Lebensmitteln müssten einberechnet werden, damit sich nachhaltige Produktion auch im Preis wiederspiegelt. Dadurch entstehen Marktanreize, umweltschonende Lebensmittel zu produzieren bzw. zu kaufen.
Bildnachweis: Panthermedia.net
- Aktionsbündnis Artgerechtes München: Industrielle Massentierhaltung – zu welchem Preis? Presseinformation 2016
- Bundeszentrum für Ernährung BZfE: „True Cost“ Blume. Den wahren Preis von Lebensmitteln berechnen
- Bundeszentrum für Ernährung: True Cost – Wahre Kosten. Was unsere Lebensmittel wirklich kosten
- Gaugler, Tobias und Simkin, Paulina (2016): Externe Effekte in der Landwirtschaft am Beispiel von Antibiotikaresistenzen und Nitrat-/Stickstoffbelastung. Working Paper, Universität Augsburg, 2016
- Gaugler, Tobias und Michalke Amelie (2018): „How much is the dish?“ – Was kosten uns Lebensmittel wirklich? Arbeitsgruppe „Märkte für Menschen“, Universität Augsburg
- Schweisfurth Stiftung: Was kosten unsere Nahrungsmittel wirklich?
- Umweltbundesamt (2017): Umweltschutz in der Landwirtschaft
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