Altersvorsorge in Zeiten niedriger Zinsen: Welche Finanzprodukte lohnen noch?
Die Riester-Rente ohne garantierte Leistungen – dafür mit höheren Renditechancen?! Dies wird derzeit zwischen Finanzindustrie und Politik diskutiert. Grund dafür ist, dass Versicherungsgesellschaften in der anhaltenden Niedrigzinsphase aufgrund der Kosten Garantien für Rentenversicherungen nicht mehr gewährleisten können. Was bedeuten dauerhaft niedrige Zinsen grundsätzlich für die Altersvorsorge?
In diesem Beitrag finden Sie
- Anlage in Geldwerte
- Der Unterschied zwischen Zins und Rendite
- Zinsvergleich bei unterschiedlichen Banken
- Die Chancen des Aktienmarktes
- Immobilien, Rohstoffe und Gold
- Altersvorsorge mit Indexfonds
- Versicherungen für die Altersvorsorge: Lohnen sie noch?
- Vorsicht vor Angeboten mit speziellen Risiken
Anlage in Geldwerte: Niedrige Zinsen und Inflation
Anfang der Neunzigerjahre wurden Sparbriefe und Festgeld noch mit 8-10% pro Jahr verzinst. Sie zählen zur Geldanlageklasse der „Geldwerte“. Nach Abzug der damaligen Inflation blieb jedoch nach Kapitalertragsteuer auch nicht sehr viel mehr an Vermögenszuwachs übrigals bei den heutigen Zins- zu Inflationsverhältnissen – auch gegenüber den nächstens anstehenden Preiserhöhungen für Waren und Dienstleistungen.
Das gleiche spielt sich heute ab – auf deutlich niedrigerem Niveau. Während die Zinssätze bei einlagengesicherten Bankprodukten zwischen minus 0,5 und plus 1,2% pro Jahr liegen, schwankte auch die Teuerungsrate zwischen minus 0,8 und plus 1,8% pro Jahr.
Der Unterschied zwischen Zins und Rendite
Zins und Rendite von Geldanlagen sollten an dieser Stelle nicht verwechselt werden. Zinsen sind vertragliche Zahlungen, die Sparer dafür erhalten, dass sie der Wirtschaft eine bestimmte Kapitalsumme überlassen. Sie werden in Form von Girokonto, Tages-, Festgeld und Banksparplan angelegt. Diese Produkte sind Darlehen (Kredite) des Sparers an die Bank. Andererseits gehören auch Anleihen zu den Geldwerten mit Zinszahlung. Anleihen sind Darlehen in Wertpapierform mit meist festem Zinskupon. Sie sind auch als Schuldverschreibungen oder Rentenpapiere bekannt. Sie werden von öffentlichen Stellen wie auch von Unternehmen herausgegeben. So gibt es also Staatsanleihen, kommunale sowie auch Unternehmensanleihen, um von Anlegern einen Kredit zu erhalten.
Als Renditen werden zusammengefasste Erträge aller Art einer Geldanlage ausgewiesen bzw. berechnet. Das können Zinsen sein, dazu kommen aber auch Kursgewinne und -verluste bei Wertpapieren und Dividenden bei Aktien. Renditen können auch „als jährlich“ (pro Jahr) angegeben werden.
Zinsvergleich bei unterschiedlichen Banken
Wer spart möchte verständlicherweise, dass seine verzinsten Finanzprodukte möglichst Zinsen oberhalb der Inflationsrate abwerfen. Dies scheitert jedoch mittlerweile an der Realität der Zinsangebote bei den Banken. Tages- und Festgeld sind trotz überschaubarer Zinsen für kurz- und mittelfristige Rücklagen funktional wichtig. Viele Direktbanken bieten für Tages- und Festgeld höhere Zinsen als Filialbanken. Für einen Vergleich können Verbraucherzeitschriften wie Finanztest oder Onlineportale befragt werden. Wichtig ist, dass die Bank der Wahl ihren Sitz in der EU in einem wirtschaftlich starken Land hat, damit im Falle einer Bankenpleite die EU-weite Einlagensicherung (bis 100.000 Euro pro Person) zeitnah greifen würde.
Altersvorsorge: Die Chancen des Aktienmarktes
Für die Altersvorsorgesparer sollte allerdings gelten, langfristig eine Rendite oberhalb einer - auch zukünftig vielleicht noch einmal höheren - Inflationsrate zu erzielen. Umso geringer würde zumindest der Aufwand, Versorgungslücken für den gewünschten Lebensstandard ab Rentenbeginn zu schließen. Andersherum betrachtet: Nur so kann ein Kaufkraftgewinn des zurückgelegten Geldes entstehen.
Diejenige Anlageklasse, die langfristig die verlässlichsten Renditen oberhalb der Inflationsrate erwirtschaften kann, ist der Aktienmarkt. Das ist auch logisch, weil in der Marktwirtschaft ausschließlich Unternehmertum einen – ökonomischen – Wertzuwachs und damit Übergewinn schaffen kann. In dieser Betrachtung seien ethische und ökologische Belange vorerst ausgeblendet. Eine von nahezu allen Staaten für Privatanleger ausreichend beaufsichtigte und regulierte Beteiligung an der Wirtschaft ist allerdings nur im Aktienmarkt möglich, nicht bei Einzelunternehmen, Genossenschaften, GmbHs oder stillen Unternehmensbeteiligungen.
Je nach Anlegerprofil ist es also ratsam, einen bestimmten Anteil des Geldes für die Altersvorsorge in den Aktienmarkt zu investieren. Dies sollte jedoch mit der „risikolosen“ Anlageklasse der bereits erwähnten Geldwerte kombiniert werden. Mit „risikolos“ ist in der Beratung und Wirtschaftsliteratur gemeint, dass Geldwerte keine oder geringe Kursschwankungen haben. Allerdings sind auch sie anfällig für das Risiko der „Geldentwertung durch Inflation“.Die „Steuerung“ der langfristigen Erwartungsrendite wird stets von dem effizienten Verhältnis zwischen Aktienmarkt und Geldmarkt abhängig sein.
Immobilien, Rohstoffe und Gold: Sachwerte nur als Ergänzung
Es gibt noch weitere Anlageklassen: die Märkte für Immobilien, Rohstoffe und Edelmetalle wie beispielsweise Gold. Da diese jedoch nur Produkte oder Grundmittel von der beziehungsweise für die Wirtschaft (Aktienmarkt) darstellen, spielen diese für die langfristige Renditeerwartung keine ausschlaggebende Rolle. So sollten diese auch allenfalls als überschaubare Beimischungen ein Anlageportfolio ergänzen. Auf sie kann – aus Renditegründen - aber auch verzichtet werden, da sie im Aktienmarkt für das Funktionieren der Wirtschaft bereits in ausreichendem Maße als Vermögenswerte enthalten sind.
Gleich, ob man sich für eine Riester-, Privat- oder Rürup-Rentenversicherung entscheidet, für betriebliche Entgeltumwandlung oder einen Investmentfondssparplan: Man entscheidet sich zugleich auch immer für eine oder mehrere - so genannte - Anlageklassen. Denn in diese Anlageklassen investieren die genannten Vorsorgeformen. Im Übrigen gehören auch die selbstgenutzte oder vermietete Immobilie wie auch Immobilienfonds zu einer Anlageklasse.
Altersvorsorge mit Indexfonds
Für die effiziente Geldanlage zur Altersvorsorge ist ein einfach aufgebautes Portfolio aus einem ETF-Indexfonds auf einen Welt-Aktienindex wie dem MSCI World und eine Mischung aus Tages- und Festgeld völlig ausreichend. Diese Lösung ist kostengünstig, frei von aktiven Managementrisiken und mit einfachen Regeln ohne größeren Aufwand zu pflegen.Der Aufbau eines effizienten Portfolios ist auch mit nachhaltigen Geldanlageprodukten möglich.
Versicherungen für die Altersvorsorge: Lohnen sie noch?
Der Markt für Altersvorsorgeprodukte in Deutschland wird weiterhin von Versicherungsprodukten dominiert. Bei Renten- und Kapitallebensversicherungen kann mit den heutigen Versicherungstarifen – zumindest nach Kosten – kein Garantiezinssatz mehr versichert werden. Insofern lohnt sich der Neuabschluss von Rentenversicherungen für den Aufbau einer schlagkräftigen Altersvorsorge nicht mehr. Die Versicherungsgesellschaften bieten inzwischen fast ausschließlich nur noch Versicherungsverträge auf Wertpapierbasis für die Altersvorsorge an. Hohe Abschluss- und Verwaltungskosten von Versicherungspolicen und die Nachteile des meist intransparenten Geldanlagemanagements führen bei Versicherungsprodukten allerdings zu „abgebremsten“ Portfoliorenditen.
Doch Achtung: Ältere klassische Lebens- und Rentenversicherungsverträge sind oft noch mit einem deutlich höheren Garantiezins ausgestattet. Diese bleiben attraktiv und sollten nicht gekündigt werden. Das gilt auch für viele ältere Riester-Verträge.
Vorsicht vor Angeboten mit speziellen Risiken
Auch wenn es auf den ersten Blick mühsam erscheinen sollte, die Geldanlage in die eigene Hand zu nehmen und so den niedrigen Zinsen zu entgehen: In die folgenden Produkte sollte aufgrund der besonderen Verhaltensweisen in unterschiedlichen Zins- und Marktentwicklungen sowie ihrer spezifischen Risiken nicht für eine sichere Altersvorsorge investiert werden:
- Fondsgebundene (Renten-)Versicherungen mit hohen Vertragskosten und gemanagten Investmentfonds
- Rürup-Verträge (Basisrente) und betriebliche Entgeltumwandlungsverträge, zumindest nicht ohne Berechnung der Nettorendite nach Abzügen
- Geschlossene Fonds, Beteiligungen an Unternehmen oder Crowd Investing, Nachrangdarlehen
- Einzelaktien und -rohstoffe
- Vermietimmobilie
Bildquelle: fotolia.de - psdesign1
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