Lebensmittel wegwerfen, das muss nicht sein!
Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Dies zeigt sich auch beim Essen. Aussortiert wird bereits auf dem Acker, aber auch Industrie und Handel entsorgen großzügig. Der Hauptteil der Abfälle entsteht jedoch bei den Verbrauchern zu Hause: Sie werfen jedes Jahr 6,7 Millionen Tonnen Nahrungsmittel weg, pro Person sind das im Schnitt über 80 Kilogramm. Ein Großteil davon ist aber noch genießbar. Diese mangelnde Wertschätzung von Lebensmitteln ist bedingt auch durch die ständige Verfügbarkeit und das im EU-Vergleich äußerst niedrige Preisniveau. Jeder Einzelne, der mit Lebensmitteln zu tun hat, kann jedoch etwas dazu beitragen, dass nicht so viele Abfälle entstehen.
In diesem Beitrag finden Sie
- Vom Handel bis zum Verbraucher - Wer wirft weg?
- Wie viel wird von Privathaushalten weggeworfen
- Bayerische Daten
- Wegwerfen ist nicht nur ein finanzielles Problem
- Aussortiert wird schon auf dem Acker
- Industrie und Handel - zu viel landet im Müll
- Großverbraucher werfen ebenfalls weg
- Gründe für die Verschwendung im Haushalt
- Gegenstrategien beim Einkauf
- Welche Lebensmittel landen am häufigsten im Müll
- Tipps zum Umgang mit übriggebliebenen Lebensmitteln
Vom Handel bis zum Verbraucher - Wer wirft weg?
Aufgerüttelt durch Dokumentationen wie "taste the waste" oder die "Essensvernichter" gab das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bei der Universität Stuttgart eine Studie zum Thema Lebensmittel-Müll in Auftrag. Die Forscher der Universität Stuttgart stützten sich auf Statistiken, Umfragen und Stichproben. Sie kommen zu dem Ergebnis, dass Industrie, Handel, Großverbraucher und Privathaushalte jährlich knapp 11 Millionen Tonnen Lebensmittel als Abfall entsorgen. Laut Studie entsteht der Großteil dieser Lebensmittelabfälle mit 61 Prozent in Privathaushalten, gefolgt von Großverbrauchern, wie Gaststätten oder Kantinen, sowie der Industrie mit jeweils rund 17 Prozent. Dies wird in der nachfolgenden Abbildung dargestellt.
Quelle: BMELV/Universität Stuttgart
Nach Schätzungen von Verbraucherverbänden ist der Anteil weggeworfener Lebensmittel deutlich höher, da die Verluste auf dem Acker nicht erfasst wurden.
Wie viel wird von Privathaushalten weggeworfen
Von den Privathaushalten werden laut der Studie bundesweit jedes Jahr rund 6,7 Millionen Tonnen Lebensmittel entsorgt. Im Schnitt wirft jeder Bundesbürger pro Jahr 81,6 Kilogramm weg. Dabei wären 47 Prozent der weggeworfenen Lebensmittel ohne Einschränkungen noch essbar, weitere 18 Prozent ließen sich teilweise noch verwenden.
Der Wert der vermeidbaren Lebensmittelabfälle wird pro Kopf auf jährlich 235 Euro geschätzt. Bei einem Vier-Personen-Haushalt summiert sich der Betrag im Schnitt pro Jahr auf rund 940 Euro. Das belastet die Haushaltskasse.
Auf Deutschland hochgerechnet sind es bis zu 21,6 Milliarden Euro pro Jahr, die die vermeidbare Verschwendung kostet.
Bayerische Daten
Die Gesellschaft für Konsumforschung (GFK) hat in den Jahren 2016/2017 die Lebensmittelabfälle in Bayern untersucht. Sie kam auf andere Ergebnisse als die Bayerische Studie der Universität Stuttgart aus dem Jahre 2014.
Die Privathaushalte in Bayern werfen rund 0,6 Millionen Tonnen Lebensmittel (inkl. Getränke) pro Jahr weg, das sind mehr als 103 kg pro Haushalt. Damit ist die Lebensmittel-Abfallmenge in Bayern geringer als in anderen Bundesländern.
42 Prozent (44 Prozent im Bundesgebiet) davon wären noch verwertbar gewesen.
Wegwerfen ist nicht nur ein finanzielles Problem
Das Vernichten von Lebensmitteln ist zusätzlich ein ethisches Problem. Vor allem, da in anderen Regionen der Welt die Menschen an Hunger sterben. Stefan Kreutzberger und Valentin Thurn schreiben in Ihrem Buch mit dem Titel "Die Essensvernichter": "Würden wir weniger wegwerfen fielen die Weltmarktpreise und es stünde genug für die Hungrigen der Welt zur Verfügung".
Es ist aber auch ein ökologisches Problem. Denn Produktion, Verarbeitung und Transport verschlingen große Mengen an Energie, an wertvollen Rohstoffen und an Ackerboden. Verschwendung von Lebensmitteln trägt somit zum Klimawandel bei.
Aussortiert wird schon auf dem Acker
Ernte- und Lagerverluste entstehen durch Witterungseinflüsse und Schädlingsbefall. Eine sorgfältige Beobachtung der Produktion und eine gute Ausbildung der Landwirte ist die beste Gegenstrategie.
Doch auch bei der Ernte werden Obst und Gemüsesorten aussortiert wenn sie zu klein sind, die falsche Form haben oder nicht makellos aussehen. Handel und Verbraucher lieben makellose Lebensmittel. Das Aussehen hat aber meist keinen Einfluss auf den Geschmack oder den gesundheitlichen Wert.
Industrie und Handel - zu viel landet im Müll
Auch die Industrie mit rund 17 Prozent und der Handel mit rund 5 Prozent Lebensmittelabfall könnten ihre Sorgfalt bei der Produktion und dem Verkauf von Lebensmitteln noch verbessern.
Eine verbesserte Logistik könnte helfen Fehlchargen und Überproduktionen zu vermeiden.
Vor allem die Kühlkette muss sorgfältig eingehalten und auf die entsprechenden Lebensmittel abgestimmt werden. Obst beispielsweise, das optimal transportiert wurde, hält deutlich länger und schmeckt auch besser. 35 Prozent aller leicht verderblichen Lebensmittel müssen entsorgt werden, da die Kühlkette nicht stimmt.
Der Handel entsorgt Bananen mit rissigen Schalen oder Großpackungen, wie Netze, Säckchen oder Beutel, weil ein Lebensmittel beschädigt ist. Mehr lose Ware wäre hier eine Lösung.
Supermärkte sollten mehr Produkte kurz vor Ablauf des MHD günstiger abgeben. Viele Verbraucher schätzen solche Angebote.
Auch die Weitergabe nicht verkaufter Waren an karitative Einrichtungen ist sinnvoll und vermeidet Lebensmittelabfälle. Auch Lebensmittel teilen, das heißt nicht benötigte Lebensmittel verschenken, oder mit Fremden gemeinsam kochen sind Ansätze gegen die Lebensmittelverschwendung. Foodsharing eine Interntplattform zum Thema wurde von Valentin Thurm ins Leben gerufen und hat bereits viele Nachahmer gefunden.
Großverbraucher werfen ebenfalls weg
Gaststätten, Kantinen aber auch Schulen oder Hotels unterliegen strengen lebensmittelrechtlichen Hygienevorschriften. Dass dabei Lebensmittel weggeworfen werden müssen, ergibt sich zwangsweise. Doch häufig sind die angebotenen Portionen so groß, dass nur sehr Hungrige den Teller leeressen können. Glücklicherweise reagiert das Servicepersonal inzwischen mit Verständnis, wenn man die Essensreste mitnehmen möchte und haben bereits Verpackungsmaterial vorrätig. Ein größeres Angebot von kleineren oder halben Portionen wäre jedoch wünschenswert.
Gründe für die Verschwendung im Haushalt
Die Stuttgarter Forscher haben herausgefunden, dass zu üppiger Einkauf, zu große Packungen und ein missverstandenes Mindesthaltbarkeitsdatum Hauptursachen der Verschwendung in Privathaushalten sind. Besonders häufig enden Fertiggerichte in Singlehaushalten und bei jüngeren Verbrauchern im Müll. Das hat sich geändert: Heute sind „zu viel gekocht“ und verdorbene Lebensmittel die Hauptursachen. Die Verbraucher verstehen inzwischen das Mindesthaltbarkeitsdatum besser. In Bayern wird jede dritte Packung ungeöffnet weggeworfen, wenn das MHD überschritten war, im Bundesgebiet jede Zweite.
XXL-Packungen sind häufiger im Angebot als kleinere Packungen, die Mengen werden aber meist nicht benötigt. Eine kleinere Packung ist auf den ersten Blick teurer, rechnet sich aber, da nichts weggeworfen werden muss.
Für die vielen Singlehaushalte sind die Packungen häufig zu groß, lose gibt es viele Lebensmittel aber nicht zu kaufen.
Aber auch ein fehlender Überblick über die eigenen Vorräte und die falsche Aufbewahrung führen dazu, dass Lebensmittel weggeworfen werden.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum - häufig falsch verstanden.
Das Mindesthaltbarkeitsdatum ist kein Verfallsdatum. Es ist eine Garantie des Herstellers, dass bis dahin alle wichtigen Eigenschaften eines Lebensmittels erhalten bleiben. Schimmelt beispielsweise Käse oder Marmelade vor diesem Datum, kann man dies reklamieren. Danach können Geschmacks- und Qualitätseinbußen auftreten, die man nicht reklamieren kann. Meist sind Lebensmittel, deren Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten ist, noch essbar. Überprüfen Sie Aussehen, Geruch und Geschmack eines Lebensmittels, um herauszufinden, ob es noch einwandfrei ist.
Wer ein Lebensmittel kauft, um es am selben oder am nächsten Tag zu verzehren, kann auch eines mit kürzerer Haltbarkeitsdauer kaufen.
Das Verbrauchsdatum - bis dahin und nicht weiter
Das Verbrauchsdatum gibt den Zeitpunkt an, bis zu dem ein Lebensmittel tatsächlich verbraucht sein sollte. Es ist für besonders leicht verderbliche Produkte wie Hackfleisch oder frisches Geflügel vorgeschrieben. Diese Lebensmittel sind besonders anfällig für den Verderb durch Keime. Diese können sich innerhalb weniger Tage schnell vermehren und dann gesundheitsschädlich sein. Die empfohlene Lagertemperatur sollte unbedingt eingehalten werden.
Lose Ware hat kein Verbrauchsdatum, Hackfleisch und Hackfleischprodukte müssen jedoch am Tag des Kaufes verbraucht werden. Das Risiko einer Erkrankung ist sonst sehr hoch.
Die Kühlkette wird selten eingehalten
Um die Qualität eines Lebensmittels zu erhalten, sollte die Kühlkette beim Transport dieser Produkte vom Geschäft nach Hause nur so kurz wie möglich unterbrochen werden. Das gilt vor allem für Fleisch und Wurst, aber auch für Milch und Milchprodukte. Tiefkühlgerichte sollten in einer Kühltasche transportiert werden.
Falsch gelagert - schon verdorben
Jedes Lebensmittel hat seine Lageransprüche.
- Mehl, Nudeln oder Öle mögen es trocken im dunklen Regal.
- Südfrüchte mögen Zimmertemperaturen.
- Salat sowie viele Gemüse- und Obstsorten welken bei Luftfeuchtigkeit um 60 Prozent nicht so schnell, sie lagern optimal im Kühlschrank.
Infoblatt des VerbraucherService Bayern zur Lagerung von Obst und Gemüse
Auch der Kühlschrank sollte entsprechend seinen Kältezonen eingeräumt sein.
VIS-Artikel: Kühlschrank einräumen
Strategien beim Einkauf
Die Verlockungen beim Einkauf sind groß. Alles ist hübsch dekoriert und schon fällt der Einkauf größer aus als geplant. Da hilft nur ein Einkaufszettel, damit man sich nicht verlocken lässt.
Sind die Mahlzeiten für die nächsten Tage festgelegt, haben auch die Lautsprecher-Stimmen mit den "Super-Sonderangeboten" keine Wirkung.
Auch ist es einfacher satt einzukaufen. Die verlockenden Gerüche, beispielsweise von der Backstation, verfehlen dann ihre Wirkung.
Welche Lebensmittel landen am häufigsten im Müll
Gemüse und Obst machen 44 Prozent aller vermeidbaren Lebensmittelabfälle in Privathaushalten aus. Dicht dahinter Brot, Brötchen, Backwaren und Speisereste. Das folgende Diagramm zeigt dies im Überblick:
Quelle: BMELV/ Universität Stuttgart
In Bayern verteilen sich die Lebensmittelabfälle folgendermaßen: Obst mit 19,1 Prozent, Speisereste mit 16, 5 Prozent und frisches Gemüse mit 15,9 Prozent, Backwaren mit 14,4 Prozent
Essensreste muss man nicht wegwerfen Es gibt viele Bücher oder Online Portale die Rezepte mit Lebensmittelresten enthalten. Auch das Faltblatt des VerbraucherService Bayern bietet eine Auswahl an Rezepten.
Tipps zum Umgang mit übriggebliebenen Lebensmitteln
Gemüse in feine Streifen schneiden, kurz anbraten und asiatisch oder mediterran würzen, so entsteht ein leichter Imbiss. Soll´s nicht gleich verzehrt werden, wird mit etwas Essig ein leckeres Antipasti daraus.
Gerieben in einen Pfannkuchenteig ergeben Gemüsereste hervorragende Gemüsepfannkuchen.
Wer Eier verarbeiten muss, zaubert eine Tortilla oder einen Auflauf aus diesen Zutaten.
Obstreste ergeben vielfältige Obstsalate.
Zum Einfrieren geeignet:
- Reste von Butter, Milch oder Sahne
- Brot, Brötchen und Brezen,
- Reste von Schinken, Speck, Wurst oder Braten
Politische Ansätze
2016 wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten das Bayerische Bündnis „Wir retten Lebensmittel!“ in Leben gerufen. Gemeinsam mit verschiedenen Bündnispartnern aus Forschung, Industrie, Handel, dem Bauernverband und den Verbraucherschutzverbänden wie dem VerbraucherSerivce Bayern und der Verbraucherzentrale sollen Strategien und Maßnahmen entwickelt werden. Ziel ist es zur Reduzierung von Lebensmittelverlusten beizutragen.
Außerdem wurde bereits beim Zeichen „Geprüfte Qualität Bayern“ die Möglichkeit geschaffen, auch kleinere Regionen mit einzubeziehen.
Rechts das Beispiel für Franken
Hintergrund ist die Einsicht, dass es wichtig ist, die Region zu stärken. Es bedeutet kürzere Transportwege, weniger Transportschäden und somit weniger Lebensmittel-Müll.
Auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft will die regionale und direkte Vermarktung stärken. Eine bundesweit einheitliche Regio-Kennzeichnungsmöglichkeit für Lebensmittel das sogenannte "Regionalfenster" wurde geschaffen. Außerdem läuft die Informationskampagne "zu gut für die Tonne" .
Erfolge: Seit die verschiedenen Informationskampagnen laufen, ändert sich das „Wegwerfverhalten“. Laut GFK Studie steigt der Anteil der Haushalte, die weniger auf Vorrat kaufen. Auch Lebensmittel, die wegen abgelaufenem Mindesthaltbarkeitsdatum preisreduziert sind, finden vermehrt Abnehmer.
Bildnachweis:
Mülleimer mit Lebensmitteln© shootingankauf - Fotolia.com
braune Bananen© muwan - Fotolia.com
Siegel "Geprüfte Qualität" © Bayerisches Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten
Grafiken Lebensmittelverluste: Dr. Malte Rubach (KErn) & Gerold Hafner (ISWA, Universität Stuttgart)
- Resterechner der VERBRAUCHER INITIATIVE e.V.
- Zu gut für die Tonne, Aktion des BMEL
- Stuttgarter Studie Kurzfassung
- Eine Checkliste des Deutschen Hotel und Gaststättenverbandes (Dehoga) zum Vermeiden von Lebensmittelmüll in der Gastronomie
- Foodsharing
- Initiative des WWF und weiteren Partnern gegen Lebensmittelverschwendung
- Kompetenzzentrum für Ernährung: GFK Studie Lebensmittelabfaelle in Bayern pdf
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
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