Geldanlage im Ruhestand - was muss ich beachten?
Der Ruhestand bringt zahlreiche Veränderungen mit sich, die auch die finanzielle Situation betreffen. Jetzt gilt es zu prüfen, ob die in jungen Jahren gewählte Vorsorgestrategie noch der aktuellen Lebensplanung entspricht, denn neue Ziele erfordern auch ein neues Vorsorgekonzept.
Da die angebotenen Finanzprodukte jedoch immer komplexer werden, ist so mancher Verbraucher mit der Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Anlagestrategie überfordert. Dem soll dieser Beitrag abhelfen.
In diesem Beitrag finden Sie
Überblick verschaffen
Bevor Sie Anlageentscheidungen treffen, sollten Sie sich einen umfassenden Überblick verschaffen.
Eine solche Analyse enthält die Gegenüberstellung von Vermögenswerten und Verbindlichkeiten, berücksichtigt aber auch Aspekte wie Sicherheit, Flexibilität und Rendite. Außerdem sollte man den Zeitaufwand für die Kontrolle und Verwaltung der Anlage miteinbeziehen.
Überlegen Sie, ob Sie mit der gesetzlichen Rente auskommen, welche finanziellen Belastungen (z.B. Tilgung einer Hypothek, Ausbildung der Kinder, Baumaßnahmen an der Immobilie) noch auf Sie zukommen und welche Wünsche Sie sich gerne erfüllen möchten. Prüfen Sie genau, ob ein eventueller Pflegefall finanziell abgesichert ist. Ist es nicht der Fall, treffen Sie Vorsorge. Ihre Familienmitglieder könnten beim Eintritt des Pflegefalls eventuell erheblich belastet werden.
Forsten Sie auch alle Versicherungsverträge durch (braucht man noch die Unfall-, Tierhalterhaftpflicht- oder Rechtschutzversicherung wirklich?), hier liegt oft Sparpotential.
Klären Sie danach, wie viel Geld brauchen Sie im Alltag, um sich selbst zu versorgen. Für unvorhergesehene Ausgaben und als Notreserve sollten Sie mindestens die klassischen drei Netto-Monatseinkommen auf dem Giro-, Tagesgeldkonto oder im Sparbuch zurücklegen. Beim Geld, was Sie mittelfristig brauchen werden, gehen Sie mit schwankungsfreien Geldanlagen wie Tages- oder Festgeld auf Nummer sicher. Gerade auf Festgeld-Konten sind selbst in der aktuellen Niedrigzinsphase noch Renditen bei Laufzeiten bis 5 Jahre möglich. Bleiben Sie flexibel! Teilen Sie Ihren Anlagebetrag auf und wählen Sie zeitlich gestaffelte Festgeldkonten mit verschiedenen Laufzeiten, z.B. sechs Monate-zwei Jahre-fünf-Jahre. So können Sie fortlaufend über freiwerdende Beträge verfügen.
ETFs: Geld unkompliziert anlegen
Auch Senioren brauchen bei der Geldanlage nicht auf Rendite zu verzichten. Bilden Sie ein Mix aus sicheren Sparformen und renditebringenden Kapitalanlagen mit überschaubarem Risiko. Legen Sie Gelder, die Sie 10 Jahre oder länger investieren können in weltweit diversifizierten börsengehandelten, kostengünstigen Indexfonds (ETFs) mit attraktiver Rendite an. Durch die globale Streuung minimieren Sie die Risiken aus evtl. Kursschwankungen, s. dazu Stiftung-Warentest Pantoffel-Portfolio.
Das "Pantoffel-Portfolio" nennt sich so, weil die Lösung sehr einfach und bequem ist. Anders als beim direkten Aktienkauf müssen sich Pantoffel-Anleger nicht wie Börsenhändler mit Kennzahlen und Marktentwicklung auskennen.
Die Profis von "Finanztest" setzen auf zwei Säulen: Zum einen sollten Anleger ihr Geld in einen reinen Aktien-ETF stecken. Die einfachste Pantoffel-Variante ist der MSCI World, der gebräuchlichste Weltaktienindex. Er umfasst über 1600 Aktien aus 23 Ländern. Mit diesem ETF können Anleger Rendite erzielen. Der zweite ETF sollte auf sichere Staats- und Unternehmensanleihen aus Europa setzen. Hier sind zwar keine großen Gewinne zu erwarten, doch er sichert den Sparer ab.
Eine Übersicht möglicher ETF und kostenloser Wertpapierdepots sowie weitere Tipps zum Geldanlegen finden Sie auf www.Finanztest.de
Auch Sparkassen und Banken verkaufen Fonds, doch diese werden von Fondsmanagern verwaltet. Das kostet Geld - und diese Gebühren fressen einen Teil der Rendite auf.
Kapitalerträge können bis 801 € pro Person jährlich nach wie vor steuerfrei gestellt werden.
Schutz vor Falschberatung: Die Geeignetheitserklärung
Um zu verhindern, dass Verbrauchern Risikopapiere als sichere Geldanlage verkauft werden, müssen Anlageberater seit Anfang 2019 jedes Beratungsgespräch über Wertpapiere verschriftlichen (Geeignetheitserklärung) und dem Verbraucher ein Exemplar aushändigen. Banken und Finanzdienstleistungsinstitute sind dazu aufgrund der zweiten europäischen Finanzmarktrichtlinie (MiFID II) verpflichtet. Im Gegensatz zu dem bisherigen Beratungsprotokoll müssen Banken schriftlich darstellen, warum Finanzinstrumente wie Fonds, Aktien, Anleihen, Zertifikate etc. zum Kunden passen sollten und warum diese von der Bank empfohlen wurden.
Obwohl die formalen Anforderungen bzgl. Geeignetheitserklärung gering sind, muss der Berater dem Kunden die Geeignetheitserklärung noch vor Vertragsschluss zur Verfügung stellen, also z.B. vor dem Kauf des empfohlenen Fonds. Das Beratungsergebnis wie z.B. dass der Kunde die Funktionsweise und die Risiken der Empfehlung verstanden hat oder dass die Anlageempfehlung zu den finanziellen Verhältnissen und Anlagezielen vom Kunden passt werden durch die Geeignetheitserklärung ausdrücklich bestätigt.
Wichtige Angaben in der Geeignetheitserklärung
- Sind Ihre Kenntnisse und Erfahrungen ausreichend für das Finanzprodukt?
- Erfüllt die Empfehlung den von Ihnen gewünschten Zweck? (Rendite? Altersvorsorge?
- Sind Sie wirtschaftlich in der Lage und dazu bereit, eventuelle Verluste zu tragen?
- Deckt sich das Risiko der Anlage mit Ihrer Risikobereitschaft?
- Passt das empfohlene Finanzinstrument zu Ihren Anlagezielen?
- Entspricht die Anlagedauer dem Zeitraum, in welchem Sie in ein Finanzinstrument investieren möchten?
- Passt die Empfehlung zu Ihren sonstigen Angaben? (Nachhaltigkeit)
Die Geeignetheitserklärung ermöglicht es Verbrauchern, zu einem späteren Zeitpunkt nochmal nachzulesen, wie die Empfehlung zustande gekommen ist. Auch in strittigen Fällen ist es ein wichtiges Beweisdokument.
Tipps:
Lesen Sie die Geeignetheitserklärung sorgfältig durch, gleichen Sie den Inhalt mit dem tatsächlich geführten Gespräch ab.
Die für Sie als Anleger wichtigen Informationen sollen in das Dokument aufgenommen, das Risikoprofil und die Anlegerwünsche exakt und ausdrücklich erfasst werden.
Ihre Unterschrift ist nicht Bestandteil der Geeignetheitserklärung.
Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche beträgt zehn Jahre, verkürzt sich aber, wenn der Anleger erkennen musste, dass er falsch beraten wurde.
Der Verbraucher erhält damit die Möglichkeit, sich im Schadensfall vor Gericht auf die Geeignetheitserklärung berufen zu können.
Lässt das Protokoll Beratungsfehler erkennen oder geht daraus sogar hervor, dass der Kunde eine sichere Geldanlage wünschte, tatsächlich aber eine riskante Anlage empfohlen bekam, dient die Geeignetheitserklärung als Beweismittel. In diesem Fall wäre die Bank in der Pflicht, das Gegenteil nachzuweisen.
Selbst die Geeignetheitserklärung ist aber kein Garant für die Qualität des empfohlenen Produktes. Bankberater bieten nach wie vor und oft renditeschwache hauseigene Produkte wegen der hohen Provisionen.
Schutz für Spareinlagen
Die gesetzliche Mindestabdeckung beträgt EU-weit max. 100.000 Euro pro Bankkunde pro Kreditinstitut.
In besonderen Fällen wie z. B. nach Immobilienverkauf oder bei Pflegebedürftigkeit gilt ein erweiterter Entschädigungsanspruch bis zu 500.000 €, auch für Einlagen in Fremdwährungen, wie z.B. US $.
Bei Zahlungsunfähigkeit ausländischer Banken kümmert sich nicht der Anleger, sondern die deutsche Einlagesicherung um alle notwendigen Schritte. Sie zahlt das Geld, das sie von der Einlagesicherung des Heimatlandes der Pleitebank erhält, an den Sparer aus. Dies geschieht derzeit innerhalb von ca. 20 Arbeitstagen.
Dieser Schutz gilt aber nicht für die Wertpapiere im Depot.
Achten Sie jedoch darauf, die Einlagensicherung ist nur so sicher, wie die Bonität des Staates, der sie garantiert. Je finanzstärker ein Land ist, desto wahrscheinlicher ist es, dass Anleger im Insolvenzfall zeitnah entschädigt werden können.
Die Bonität der Länder wird von der renommierten Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) zw. AAA (geringes Ausfallrisiko, beste Qualität) bis z D (Zahlungsausfall) gewertet.
Investition in eine Pflegewohnung
Um sich frühzeitig einen Pflegeplatz zu sichern, erhalten viele Senioren das Angebot, ein Pflegezimmer in einer entsprechenden Einrichtung zu erwerben. Als sichere Geldanlage und Investition in die Zukunft beworben, werden die Risiken dieser Anlageform nur selten thematisiert.
Experten warnen vor einer möglichen Pleite der Betreibergesellschaft, vor überhöhten Kaufpreisen, geringer Rendite, Instandhaltungskosten sowie Standortrisiken und Klumpenrisiko. Die Vermietung ist evtl. nur mittel- oder langfristig möglich, eine Eigenbedarfskündigung ist schwierig, aber der eigentliche Sinn dieser Geldanlage.
Tipp:
Bevor Sie eine solche Investition tätigen, erkundigen Sie sich bei den Verbraucherverbänden oder einem unabhängigen Finanzexperten nach der Qualität des Angebots und den Renditeerwartungen.
Wiederanlage von Auszahlungen aus Versicherungsverträgen
Wenn Ihre Lebensversicherung in Kürze fällig wird, lassen Sie sich das Geld überweisen und zahlen es auf ein Tagesgeld- oder ein Festgeldkonto ein..
Die Neuanlage der Auszahlung in Versicherungsform ist wegen der relativ kurzer Laufzeit, hoher Kosten und geringer Renditen nicht empfehlenswert.
Tipp:
Vergleichen Sie mehrere Angebote.
Achten Sie darauf, dass Renditeversprechungen unverbindlich und oft überzogen sind.
Wer eine hohe Summe aus der Lebensversicherung erwartet oder gerade eine Erbschaft gemacht hat, kann darüber nachdenken, das Geld für den Kauf einer Eigentumswohnung oder eines Hauses zu verwenden. Das macht allerdings nur Sinn, wenn Sie die Immobilie in guter Lage weitgehend aus Eigenmitteln finanzieren und entsprechend mietfrei wohnen können.
Vermietete Immobilie als Geldanlage ist riskant, da das angelegte Geld nicht gestreut ist, im Notfall ist es schwierig verwertbar, Steuer- und Abgabelasten, gesetzliche Auflagen oder Standortfaktoren können sich nachteilig ändern, die Vermietung und Pflege der Immobilie ist sehr aufwendig etc.. Auch die hohen Nebenkosten (Grunderwerbsteuer, Maklergebühren, Notarhonorar) schmälern die Rendite deutlich.
Tipps für Beratungsgespräche:
Behalten Sie Ihre persönlichen Anlageziele stets vor Augen, wenn Sie sich von einem Finanzexperten beraten lassen.
Umschichtungen kosten oft unnötig Geld.
Provisionen der Berater sind Kosten für die Anleger, die die Rendite schmälern.
Bestehen Sie bei Wertpapierberatung immer auf die Geeignetheitserklärung.
Prüfen Sie das Angebot in aller Ruhe noch einmal zu Hause, bevor Sie sich entscheiden.
Unterschreiben Sie niemals einen Vertrag, den Sie nicht hundertprozentig verstanden haben.
Der Freistaat Bayern stellt Ihnen auf dieser Website unabhängige, wissenschaftsbasierte Informationen zum Verbraucherschutz zur Verfügung.
Einzelfallbezogene Rechtsauskünfte und persönliche Beratung können wir leider nicht anbieten. Auch dürfen wir Firmen, die sich wettbewerbswidrig verhalten, nicht selbst abmahnen.
Sollten noch Fragen zu Ihrem konkreten Sachverhalt verbleiben, wenden Sie sich bitte an die unter Service genannten Anlaufstellen.
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