Die Pflege(pflicht)versicherung
Seit 1995 ist die Pflegeversicherung in Kraft. Im Zeitablauf wurden einige Anpassungen an den geänderten Bedarf vorgenommen.
Die Pflegepflichtversicherung ist nicht als Rundum-Sorglos-Paket konzipiert: Sie soll eine Grundversorgung im Falle von Pflegebedürftigkeit sicherstellen.
Die Absicherung der Pflegepflichtversicherung kann durch eine private Pflegezusatzversicherung ergänzt werden. Die Entscheidung darüber trifft jeder Versicherter individuell.
Mehr dazu finden Sie in folgenden Beiträgen:
Die private Pflegezusatzversicherung
Die staatlich geförderte Pflegezusatzversicherung ("Pflege-Bahr")
In diesem Beitrag finden Sie
Wer ist versichert?
Grundsatz:
Absicherung von Krankheit und Pflege sollten möglichst aus einer Hand erfolgen. Daher soll die Pflegeversicherung dort bestehen, wo auch die Krankenversicherung besteht. Es kommt dabei nicht darauf an, ob man nun privat oder gesetzlich krankenversichert ist.
Die Pflegepflichtversicherung folgt also der Krankenversicherung.
-
Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung, egal ob pflichtversichert oder freiwillig versichert, sind automatisch auch Mitglieder in der sozialen Pflegekasse.
Ein Antrag ist dafür nicht notwendig. -
Auch familienversicherte sind Mitglieder der Pflegekasse. Dazu zählen unterhaltsberechtigte Kinder, Ehegatten und Lebenspartner (auch eingetragene gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften) deren regelmäßiges Gesamteinkommen monatlich nicht höher als 445 Euro (Stand 2019) ist. Bei Ausübung einer geringfügigen Beschäftigung liegt die Grenze bei monatlich 450 Euro.
-
Freiwillige Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung können sich von der Versicherungspflicht in der sozialen Pflegeversicherung befreien lassen und diese bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen abschließen. Der dazu notwendige Befreiungsantrag muss innerhalb von 3 Monaten ab Beginn der freiwilligen Mitgliedschaft bei der gesetzlichen Pflegekasse gestellt werden. Der Wechsel ist unwiderruflich.
- Privat Krankenversicherte müssen die Pflegeversicherung bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen abschließen. Anstelle der Sachleistung tritt die Kostenerstattung. Dies ist analog zur privaten Krankenversicherung. Die Kinder des privat Krankenversicherten sind unter bestimmten Voraussetzungen beitragsfrei mitversichert.
Beiträge und Zahlungsweise
- Die Beiträge in der gesetzlichen Pflegeversicherung werden nach dem Einkommen bzw. der Leistungsfähigkeit des Versicherten bemessen.
Die Beitragssätze
betragen für kinderlose Versicherte 3,3 % und für Versicherte mit Kindern 3,05 % (Stand 2019). Die Unterscheidung trifft nicht für kinderlose Versicherte zu, die vor dem 1. Januar 1940 geboren sind oder jünger als 23 Jahre alt sind oder Bezieher von Arbeitslosengeld II (ALG II). Im Bundesland Sachsen gelten abweichende Regelungen.
Der Beitrag wird bis zur Beitragsbemessungsgrenze von 54.450 Euro pro Jahr bzw. 4.537,50 Euro pro Monat berechnet (Stand 2019).
- Die Beiträge in der privaten Pflegepflichtversicherung sind abhängig vom Eintrittsalter bei Vertragsabschluss. Versicherte, die vor dem 01.01.95 in der Pflegeversicherung versichert wurden, erhielten keinen Risikozuschlag wegen Vorerkrankungen. Versicherte, die nach dem 01.01.95 eine private Pflegepflichtversicherung abschließen, können bei Vorerkrankungen einen Risikozuschlag auf ihren Pflegepflichtversicherungsbeitrag erhalten. Der Höchstbeitrag ist unter bestimmten Voraussetzungen auf den Höchstbeitrag der sozialen Pflegeversicherung begrenzt.
Die Beiträge werden bei Arbeitnehmern automatisch vom Arbeitgeber zusammen mit den Krankenversicherungsbeiträgen abgezogen.
Arbeitnehmer erhalten einen Beitragszuschuss von ihrem Arbeitgeber in Höhe des Arbeitgeberanteils zur sozialen Pflegeversicherung. Den Beitragszuschlag für kinderlose trägt der Arbeitnehmer alleine.
Bei Selbständigen wird der Pflegeversicherungsbeitrag zusammen mit dem Krankenversicherungsbeitrag erhoben.
Bei Rentnern werden die Beiträge von der Rente durch die gesetzliche Rentenversicherung, bei Versorgungswerken von den Versorgungsbezügen (z.B. Betriebsrenten, Ärzteversorgung) abgezogen. Kinderlose Rentnerinnen und Rentner, die ab dem 1. Januar 1940 geboren sind, müssen einen Beitragszuschlag von 0,25% zahlen.
Wartezeiten, Vorversicherungszeit
Die Wartezeiten sind in der gesetzlichen und privaten Pflegepflichtversicherung gleich. Für einen Leistungsanspruch müssen Versicherte in den letzten 10 Jahren mindestens 2 Jahre versichert gewesen sein. Diese Vorversicherungszeit kann als Mitglied oder im Rahmen der Familienversicherung erfüllt worden sein.
Für Kinder gilt die Vorversicherungszeit als erfüllt, wenn ein Elternteil diese erfüllt hat.
Pflegegrade
Pflegebedürftig im Sinne der gesetzlichen Pflegeversicherung sind Menschen, die durch körperliche, geistige oder seelische Erkrankungen oder Behinderungen nicht in der Lage sind, die regelmäßigen Verrichtungen des täglichen Lebens auszuführen und deshalb in erheblichem oder höherem Maße fremder Hilfe bei der Körperpflege, Ernährung oder Mobilität bedürfen. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer, d.h. voraussichtlich für mindestens sechs Monate gegeben sein. Die bisherigen drei Pflegestufen wurden durch fünf Pflegegrade ersetzt:
- Pflegegrad 1:
Es liegt eine geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten vor.
- Pflegegrad 2:
Es besteht eine erhebliche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten.
- Pflegegrad 3:
Es besteht eine schwere Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten.
- Pflegegrad 4:
Es liegen schwerste Beeinträchtigungen in der Selbstständigkeit oder in den Fähigkeiten vor.
- Pflegegrad 5:
Es liegen schwerste Beeinträchtigungen in der Selbstständigkeit oder in den Fähigkeiten vor und zudem bestehen besondere Anforderungen an die pflegerische Versorgung.
Die Einstufung in die fünf Pflegegrade erfolgt anhand einer gesamtheitlichen Betrachtung des Pflegebedürftigen. Bei der Bewertung kommt es auf die Fähigkeit zur selbständigen Bewältigung des Alltags an.
Der Pflegegrad wird durch eine Punktebewertung in sechs Lebensbereichen ermittelt. Bewertet werden die Lebensbereiche:
1. Mobilität
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
3. Verhaltensweise und psychische Problemlage
4. Selbstversorgung
5. Bewältigung von krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen
6. Alltagsleben und soziale Kontakte
Die Lebensbereiche werden unterschiedlich gewichtet. Bei der Gesamtbewertung fließen die Lebensbereiche mit folgender Gewichtung ein:
Mobilität 10%
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten,Verhaltensweise und psychische Problemlage 15%
Selbstversorgung 40%
Bewältigung von krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen 20%
Alltagsleben und soziale Kontakte 15%
Anhand der Gesamtbewertung ergeben sich folgende Pflegegrade:
0-12,4keine Leistung Pflegegrad 1 12,5-26,9geringe Beeinträchtigungen Pflegegrad 2 27,0-47,4erhebliche Beeinträchtigungen Pflegegrad 3 47,5-69,9schwere Beeinträchtigungen Pflegegrad 4 70,0-89,9schwerste Beeinträchtigungen Pflegegrad 5 ab 90,0schwerste Beeinträchtigungen mit besonderen Anforderungen an die Versorgung
Bei Kindern ist für die Zuordnung der zusätzliche Hilfebedarf gegenüber einem gesunden gleichaltrigen Kind maßgebend.
Antragstellung und Begutachtung
Die Leistungen werden auf Antrag gewährt. Der Antrag sollte daher möglichst innerhalb eines Monats bei der jeweiligen Pflegekasse gestellt werden. Wird die Monatsfrist gewahrt, wird die Leistung ab Eintritt der Pflegebedürftigkeit bezahlt. Nach Ablauf dieser Frist werden die Leistungen ab Beginn des Antragsmonats gewährt.
Für die Antragstellung stellen die Krankenkassen Vordrucke zur Verfügung. Diese können direkt bei der Krankenkasse angefordert oder meist auch von der Internetseite der jeweiligen Kasse direkt heruntergeladen werden.
Der Antrag kann von jeder Person gestellt werden, die Sie dazu bevollmächtigen. Nach der Antragsstellung findet eine Begutachtung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (gesetzlich Versicherte), vom Sozialmedizinischen Dienst (knappschaftlich Versicherte) oder Medizinischen Dienst „MEDICPROOF“ (privat Versicherte) statt. Dieser stellt die Pflegebedürftigkeit und deren Grad fest.
Die Bearbeitungsfrist ist dabei gesetzlich auf höchstens 5 Wochen festgelegt. Bei Krankenhausaufenthalten, stationären Reha, Aufenthalt in einem Hospiz oder während ambulanter-palliativen Versorgung muss diese innerhalb einer Woche erfolgen. Wenn sich der Antragsteller in häuslicher Umgebung befindet und dem Arbeitgeber eine Inanspruchnahme von Pflegezeit angekündigt wurde, beträgt die maximale Bearbeitungsfrist zwei Wochen.
Der Gutachter ermittelt bei einem Hausbesuch oder in der Pflegeeinrichtung den Hilfebedarf bei der persönlichen Grundpflege sowie für die hauswirtschaftliche Versorgung. In einheitlichen Begutachtungsrichtlinien sind die Pflegezeiten für jede einzelne Tätigkeit als Orientierungswerte festgelegt. Die Feststellung der Pflegebedürftigkeit und die Zuordnung zu einem Pflegegrad orientieren sich jedoch am individuellen Hilfebedarf.
Ist der Versicherte mit der Entscheidung der Pflegekasse nicht einverstanden, kann ein formloser Widerspruch eingelegt werden.
Hier ist eine Frist von einem Monat unbedingt einzuhalten.
Leistungen
Die Höhe der Leistungen in Euro sind in der folgenden Tabelle dargestellt (Auszug):
Pflegegrade |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
---|---|---|---|---|---|
Leistungsarten | EUR |
EUR |
EUR |
EUR |
EUR |
ambulant | |||||
Geldleistung | 0 |
316 |
545 |
728 |
901 |
Sachleistung | 0 |
689 |
1.298 |
1.612 |
1.995 |
Teilstationär | |||||
Leistungsbetrag |
125 |
689 |
1.298 |
1.612 |
1.995 |
stationär | |||||
Leistungsbetrag | 125 |
770 |
1.262 |
1.775 |
2.005 |
Die Kosten für Unterkunft und Verpflegung, Investitionskosten und besondere Komfortleistungen müssen vom Pflegebedürftigen selbst getragen werden.
Die Höhe des Eigenanteils unterscheidet sich je nach Einrichtung. Der Durchschnitt lag nach Angaben des Verbandes der Ersatzkassen im Jahr 2018 in Bayern je Monat bei 1.925 EUR.
Bildnachweis: (Pflegeversicherung) © photocrew - Fotolia.com, (Hände) © Sandor Kasco - Fotolia.com
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