Versteckter Alkohol in Lebensmitteln
Bei Rumkugeln und Weinsauerkraut sagt schon der Name, dass diese Produkte Alkohol enthalten. Aber, dass in zahlreichen Lebensmitteln wie Fertigsuppen, Konfitüre oder Cremetörtchen Alkohol versteckt sein kann, fällt kaum auf.
Man schmeckt ihn nicht und er macht auch keinen Schwips. Selbst die Zutatenliste gibt oft keine klaren Hinweise auf den Alkoholgehalt. Menschen, die aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen kein Tröpfchen Alkohol zu sich nehmen sollten, verlieren da leicht den Überblick.
Beim Einkauf und Essen außer Haus hilft neben viel Erfahrung, der kritische Blick aufs „Kleingedruckte“ und im Zweifelsfall die Devise: „Immer der Nase nach“.
In diesem Beitrag finden Sie
- Für wen ist Alkohol in Lebensmitteln problematisch?
- Wie kommt der Alkohol in die Lebensmittel?
- Lebensmittel mit natürlichem Alkoholgehalt
- Lebensmittel mit verstecktem Alkoholgehalt
- Kennzeichnung von Alkohol in Getränken
- Kennzeichnung von Alkohol bei abgepackten Lebensmitteln
- Kennzeichnung von Alkohol bei lose verkauften Lebensmitteln
- Unerwünschten Alkoholkonsum vermeiden
Für wen ist Alkohol in Lebensmitteln problematisch?
Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung schätzt einen täglichen Alkoholkonsum von 10 Gramm Alkohol (z.B. 125 ml Rotwein) für gesunde Frauen und 20 Gramm (z.B. 500 ml Bier) für gesunde Männer als unbedenklich ein. Für manche Menschen könnten aber bereits geringe Mengen unangenehme Folgen haben. Bei trockenen Alkoholikern wird angenommen, dass bereits minimale Mengen Alkohol und selbst der Geruch davon zum Rückfall führen. Muslime müssen nach ihren Speisen- und Trinkgesetzen gänzlich auf Alkohol verzichten. Schwangere Frauen sollten zum Schutz des ungeborenen Kindes überhaupt keinen Alkohol konsumieren. Bei diversen Krankheiten wie beispielsweise der Bauchspeicheldrüse und der Leber ist die Höhe des Alkoholkonsums dringend mit dem Arzt zu besprechen. Ob Kinder und Jugendliche gefährdet sind, sich durch regelmäßiges Naschen von alkoholhaltigen Süßigkeiten an den Geschmack von Alkohol zu gewöhnen, ist bisher nicht geklärt. Möglicherweise senkt sich dadurch die Hemmschwelle zum Ausprobieren von „richtigem Alkohol“ oder von Alkopops.
Wie kommt der Alkohol in die Lebensmittel?
Alkohol, auch Ethanol, Ethylalkohol oder Trinkalkohol genannt, hat sich seit langem als Konservierungsmittel bewährt. Als Produkt der alkoholischen Gärung wird Alkohol als Rauschmittel durchaus geschätzt in Bier, bei Wein und ähnlichen Getränken. Die Zugabe von Alkohol, entweder als ausgewiesene Zutat oder verborgen als Lösungsmittel für Aromen, verleiht vielen Speisen erst ihren speziellen Geschmack.
Lebensmittel mit natürlichem Alkoholgehalt
In Früchten, Fruchtsäften und Brot entsteht Alkohol durch den natürlichen Gärungsprozess. Der Kefirpilz produziert im Kefir Alkohol aus Milchzucker ähnlich wie im Kombucha. Essigsäurebakterien verwandeln Alkohol aus alkoholhaltigen Flüssigkeiten in Essigsäure. Dieser natürliche Alkoholgehalt wird als unbedenklich eingestuft, da er selten 0,3 Volumenprozente übersteigt und geschmacklich nicht an Alkohol erinnert. Da er sich „von Natur aus“ im Lebensmittel befindet, muss er nicht deklariert werden.
Lebensmittel mit verstecktem Alkoholgehalt
Die Liste der Lebensmittel, die Alkohol als Zutat oder versteckt als Aromaträger enthalten könnten, betrifft sämtliche Produktgruppen. Im Jahr 2007 untersuchte das Hessische Landeslabor 811 ausgewählte Lebensmittel auf ihren Alkoholgehalt. Es fand zwar in den meisten Produkten nur geringe Alkoholgehalte, die aus der Sicht der Forscher für die allgemeine Bevölkerung wenig Anlass zu Bedenken für die Gesundheit geben. Trotzdem sind diese Lebensmittel dennoch nicht völlig alkoholfrei.
Tabelle: Versteckter Alkohol in Lebensmitteln
Lebensmittel | Beispiele | Möglicher Alkoholzusatz |
---|---|---|
Süßwaren |
||
Speiseeis | Schololaden- und Liköreis | Likör (z.B. Amaretto), Branntwein (z.B. Calvados, Cognac, Rum), Weißwein |
Süßigkeiten | Cremeschnitten, Schokoriegel, Rum-Trauben-Schokolade, Pralinen, Ostereier, Weingummi | Likör, Branntwein, Obstbrand (z.B. Kirschwasser) |
Konfitüren, Kompott | Zwetschgen-, Sauerkirsch- und Marillenkonfitüre | Branntwein (z.B. Whisky, Rum), Obstbrand (z.B. Kirschwasser) |
Süßspeisen | Rote Grütze, Apfelkompott | Rotwein, Weißwein, Branntwein (z.B. Rum), Likör (z.B. Amaretto, Eierlikör) |
Fertigprodukte |
||
Suppen und Soßen | Ochsenschwanz-, Zwiebel- und Fischsuppe, Bratensoße | Rotwein, Weißwein, Branntwein (z.B. Cognac), Likörwein (z.B. Sherry), Madeira |
Fleischgerichte | Hühnerfrikassee, Wildgerichte, Königsberger Klopse | Branntweinessig, Weinessig, Weißwein, Rotwein |
Fischgerichte | Fischragout, Muscheln, Fischfilet, Forelle blau | Branntweinessig, Weißwein |
Gemüse | Weinsauerkraut, Rotkohl | Branntweinessig, Weinessig, Rotwein |
Käsegerichte | Käsefondue | Weißwein, Obstbrand (z.B. Kirschwasser) |
Backwaren |
||
Kuchen und Kleingebäck | Schwarzwälder Kirschtorte, Herrentorte, Eierlikörkuchen, Rotweinkuchen, Krapfen | Branntwein (z.B. Rum), Obstbrand (z.B. Kirschwasser), Liköre aller Art, Rotwein, Weißwein |
Quelle: In Anlehnung an: Verbraucherzentrale Hamburg (2001) Alkohol in Lebensmitteln
Kennzeichnung von Alkohol in Getränken
Laut Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung (LMKV § 7b und Anlage 4) muss Alkohol bei Getränken, die mehr als 1,2 Volumenprozent enthalten, deklariert werden. Getränke mit weniger als 0,5 Volumenprozent Alkohol sind nicht deklarationspflichtig und dürfen als „alkoholfrei“ bezeichnet werden. In Malzbier, das von Kindern gerne getrunken wird, kann bis zu 1 Volumenprozent Alkohol sein.
Kennzeichnung von Alkohol bei abgepackten Lebensmitteln
Kommt Alkohol als Zutat in das Lebensmittel, steht er auf der Zutatenliste als Inhaltsstoff unter dem Begriff „Alkohol“ oder mit dem Namen des jeweils verwendeten alkoholischen Getränks wie beispielsweise Grand Marnier oder Weinbrand. Geringe Mengen Alkohol, die zum Lösen und Konservieren von Fruchtauszügen und Aromen gebraucht wurden, müssen nicht auf dem Etikett erscheinen. Das gilt auch für zusammengesetzte alkoholische Zutaten, die weniger als 2 Prozent im Endprodukt vorhanden sind.
Kennzeichnung von Alkohol bei lose verkauften Lebensmitteln
Schwarzwälder Kirschtorte, „Beschwipste Krapfen“ und andere Gebäcke, die lose in Bäckereien verkauft werden, benötigen keine Zutatenliste und damit auch keine Kennzeichnung von Alkohol. Das trifft auch auf Speisen in Gasthäusern, Eisdielen und Kantinen sowie auf kleine Einzelverpackungen wie Schokoladenostereier zu. Zu beachten ist, dass sich der Alkohol aus Soßen, die mit alkoholischen Getränken „verfeinert“ wurden, beim Kochen nicht vollständig verflüchtigt. Nach 30 Minuten Garzeit könnten noch immer 35 Prozent der zugegebenen Alkoholmenge vorhanden sein.
Unerwünschten Alkoholkonsum vermeiden
Wer ganz auf Alkoholgenuss verzichten will, fragt in Bäckereien, Eiscafés, Kantinen oder Restaurants nach, ob die Speisen mit Alkohol zubereitet wurden. Etwas Aufschluss über Alkoholgehalte gibt das sorgfältige Studieren der Zutatenliste sowie der Verkehrsbezeichnung der Lebensmittel. Für Hochprozentiges in Süßwaren ist die Nase ein guter Indikator. Beim Öffnen der Packung entweicht der Alkoholgeruch aus dem Produkt.
Bildnachweis: (Rumkugeln) © womue - Fotolia.com, (Schwarzwälderkirsch) © NilsZ - Fotolia.com
Literatur und weiterführende Links
- Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) - Medienservice (2017): Broschüre Achten Sie aufs Etikett! - Kennzeichnung von Lebensmitteln
- Bedanrszky, H.; Schlich, E.: Halal – Haram – Hazard. Anforderungen an Lebensmittel aus muslimischer Sicht. In: Ernährung im Fokus 4 – 07/2004 S.182-185
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V.
- Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V.
- Verbraucherzentrale Hamburg: Produktübersicht zu Alkohol in Lebensmitteln. Hamburg 2016
- Windirsch, B.; Brinkmann, B.; Taschan, H. L. (2007): Alkoholgehalte ausgewählter Lebensmittel
Gesetzestexte:
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