Vorschriften zur Kennzeichnung und Zusammensetzung von Likören
Likör erfreut sich nach wie vor allgemeiner Beliebtheit und die Auswahl im Supermarkt ist groß. Wilhelm Busch vermutete einst: "Es ist ein Brauch von alters her, wer Sorgen hat, hat auch Likör!". Aber zurück zu den Fakten. Wir erklären in unserem Artikel, welche Vorschriften für die Kennzeichnung und Zusammensetzung von Likören wichtig sind.
In diesem Beitrag finden Sie
- Definition "Likör"
- Sonderregelung für Kirsch- und Williamsliköre
- Zusatzstoffe
- Aromastoffe
- Kennzeichnungselemente
- Vorschriften Schriftgröße
- Besondere Kennzeichnungsregelungen
- Rechtliche Grundlagen
Definition von „Likör“ nach Anhang II Kategorie 32 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008
"Likör" ist die Spirituose
mit einem Mindestzuckergehalt (berechnet als Invertzucker) von 100 g/L
- die durch Aromatisieren von Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs (= Neutralalkohol) oder eines Destillates landwirtschaftlichen Ursprungs (z. B. Korn) oder einer oder mehrerer Spirituosen im Sinne der o. g. Verordnung hergestellt wird, wobei ggf. Erzeugnisse landwirtschaftlichen Ursprungs wie Rahm, Milch, Obst, Wein etc. beigegeben werden können. Künftig gibt es eine neue Definition, die die Herstellung von Likör aus Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs, Destillat landwirtschaftlichen Ursprungs oder einer oder mehrerer Spirituosen im Sinne der o. g. Verordnung mit einem oder mehreren Aromen, Erzeugnissen landwirtschaftlichen Ursprungs oder Lebensmitteln vorsieht.
- mit einem Mindestalkoholgehalt von 15 %vol (Ausnahme Eierlikör mindestens 14 %vol).
Kirschlikör, dessen Alkohol ausschließlich aus Kirschbrand stammt, muss einen Mindestzuckergehalt von 70 g/L aufweisen
Enzianlikör, der ausschließlich mit natürlichem Aroma bereitet wird, muss einen Mindestzuckergehalt von 80 g/L aufweisen
Bei Likören, die als "brandy" bezeichnet sind (z. B. Kirschbrandy, Apricotbrandy), muss der zur Herstellung verwendete Alkohol auf dem Etikett im selben Sichtfeld wie der zusammengesetzte Begriff und der Begriff "Likör" genannt sein, wenn der Alkohol nicht von der angegebenen Spirituose – hier: Brandy - stammt. . Die zusammengesetzte Bezeichnung "-brandy" steht auf dem Etikett in einer Zeile in einheitlicher Schrift derselben Schriftart und Farbe, wobei die Bezeichnung "Likör" unmittelbar daneben erscheinen muss und zwar in einer Schrift, die die gleiche Größe wie die der zusammengesetzten Bezeichnung hat.
Wird die Bezeichnung "Fruchtsaftlikör" bzw. ähnliche Angaben, die auf einen besonders hohen Fruchtgehalt des Erzeugnisses schließen lassen, verwendet, enthält der Likör nach Verbrauchererwartung mindestens 20 % Fruchtsaft.
Sonderregelung für Kirsch- und Williamsliköre:
Aufgrund der Verordnung (EU) Nr. 716/2013, die insbesondere die Verwendung von sog. zusammengesetzten Begriffen und Anspielungen regelt, ergeben sich hinsichtlich der Bezeichnung von Kirsch- und Williams-Likören künftig folgende Sonderregelungen:
Wird ein Erzeugnis mit einem zusammengesetzten Begriff als „Kirsch-Likör“ bzw. „Williams-Likör“ bezeichnet, muss als alkoholische Komponente ausschließlich Kirschwasser bzw. Williams-Christ-Birnen-Brand verwendet werden.
Zusätzlich zum zusammengesetzten Begriff muss das Wort „Likör“ als Verkehrsbezeichnung angegeben werden; dies muss nicht im gleichen Sichtfeld mit dem zusammengesetzten Begriff, sondern kann auch auf dem Rückenetikett erfolgen, der Begriff muss allerdings im gleichen Sichtfeld mit dem Alkoholgehalt und der Füllmengenangabe stehen. Der Begriff „Kirsch“ bzw. „Williams“ darf nicht größer sein als die Verkehrsbezeichnung „Likör“. Für Begriffe wie „Edelkirsch-Likör“, „Sauerkirsch-Likör“, „Wildkirsch-Likör“ oder „Williams-Christ(-Birnen)-Likör“ gilt diese Regelung nicht!
Hintergrund hierfür ist die Tatsache, dass sowohl „Kirsch“ als auch „Williams“ als synonyme Bezeichnungen für einen Kirschbrand bzw. einen Brand aus Williams-Christ-Birnen verwendet werden können und es sich somit bei der Angabe „Kirsch-Likör“ bzw. „Williams-Likör“ um einen sog. „Zusammengesetzten Begriff“ handelt, für den es bestimmte Verwendungsregeln gibt.
Wird zur Herstellung nicht Kirschwasser bzw. Williams-Birnen-Brand, sondern Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs (= Neutralalkohol) verwendet, müssen die Erzeugnisse als „Kirschen-Likör“ oder „Likör aus Kirschen“ bzw. als „Williams-Christ-Birnen-Likör“ bezeichnet werden. In diesem Fall ist die Wiederholung des Begriffes „Likör“ nicht erforderlich.
Die Regelung gilt seit dem 1. März 2015. Erzeugnisse, die vor diesem Stichtag rechtmäßig hergestellt sind, dürfen abverkauft werden.
Zugelassene Zusatzstoffe
Zur Färbung von Likören sind nach Anhang I Nr. 10 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 die Farbstoffe nach Anhang II Nr. 14.2.6 der Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 bzw. nach Anlage 1 Teil B zu § 3 Abs. 1 ZZulV zugelassen. Ihr Zusatz muss nach § 9 Abs. 1 Satz 1 ZZulV mit den Worten "mit Farbstoff" kenntlich gemacht werden
Aromastoffe
Nach Anhang II Kategorie 32 der Verordnung (EG) Nr. 110/2008 dürfen Liköre aus folgenden Früchten und Pflanzen ausschließlich natürliche Aromastoffe und Aromaextrakte enthalten:
- Schwarze Johannisbeere
- Kirsche
- Himbeere
- Maulbeere
- Heidelbeere
- Zitrusfrüchte
- Moltebeere
- Amerikanische Taubeere
- Gewöhnliche Moosbeere
- Preiselbeere
- Sanddorn
- Ananas
- Minze
- Enzian
- Anis
- Gletscher-Edelraute
- Wundklee
Vorschriften zur Kennzeichnung von Spirituosen
- Bezeichnung der Spirituose z. B. Zwetschgenbrand, Himbeergeist, Eierlikör
- Name und Firma und postalische Anschrift des Lebensmittelunternehmers
- Alkoholgehalt in "% vol" bis auf höchstens eine Dezimalstelle; maximale Toleranz zwischen dem deklarierten und dem tatsächlich vorhandenen Alkoholgehalt: ± 0,3 % vol; das Wort „Alkohol“ oder die Abkürzung „Alk.“ oder „alc.“ können der Angabe vorangestellt werden
- Nettofüllmenge; für Spirituosen verbindliche Werte sind im Bereich zwischen 100 und 2000 ml beispielsweise 0,1 – 0,2 – 0,35 – 0,5 – 0,7 – 1 Liter
- Los-Nummer
- Kennzeichnung von Zusatzstoffen, z. B. Farbstoffen sowie Stoffen oder Erzeugnissen, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen
Verkehrsbezeichnung, Alkoholgehalt und Füllmenge müssen im selben Sichtfeld stehen.
Alle Kennzeichnungselemente müssen "an einer gut sichtbaren Stelle deutlich, gut lesbar und gegebenenfalls dauerhaft" angebracht sein. Sie dürfen in keiner Weise durch andere Angaben oder Bildzeichen oder sonstiges eingefügtes Material verdeckt, undeutlich gemacht oder getrennt werden und der Blick darf nicht davon abgelenkt werden.
Die verpflichtenden Angaben sind, wenn sie auf der Packung oder dem daran befestigten Etikett gemacht werden, auf die Verpackung oder das Etikett in einer Schriftgröße mit einer x-Höhe von mindestens 1,2 mm so aufzudrucken, dass eine gute Lesbarkeit sichergestellt ist. Werden nur Großbuchstaben bzw. Zahlen verwendet, gilt die Versalhöhe von 2,1 mm.
Definition der x-Höhe
Legende
1 | Oberlinie |
2 | Versallinie |
3 | Mittellinie |
4 | Grundlinie |
5 | Unterlinie |
6 | x-Höhe |
7 | Schriftgröße |
Vorschriften bei Mengenangaben:
Flaschengröße (ml) | Mindest-Schriftgröße (mm) |
---|---|
5 bis 50 | 2 |
mehr als 50 bis 200 | 3 |
mehr als 200 bis 1000 | 4 |
mehr als 1000 | 6 |
Besondere Kennzeichnungsregelungen i. S. des vorbeugenden Verbraucherschutzes
Allergen-Kennzeichnung:
Die in Anlage II der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 (sog. Lebensmittel-Informations-Verordnung LMIV) genannten Stoffe oder Erzeugnisse, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen (z. B. Eier und daraus hergestellte Erzeugnisse, Milch und daraus hergestellte Erzeugnisse sowie Schalenfrüchte wie Mandeln, Haselnüsse, Walnüsse und daraus hergestellte Erzeugnisse), müssen gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchstabe c in Verbindung mit Art. 21 Abs. 1 LMIV auf dem Etikett unter Voranstellung des Wortes "Enthält" angegeben werden, wenn die Verkehrsbezeichnung nicht auf das Vorhandensein der betreffenden Zutat(en) schließen lässt. Bei einem unter Verwendung von Kondensmilch hergestellten Eierlikör muss daher die Angabe „Enthält Milch“ aufs Etikett. Wird ein Weinbrand unter Verwendung von Auszügen aus Nüssen oder Mandeln hergestellt, muss auch dies auf dem Etikett angegeben sein. Ausgenommen von der Regelung der Angabe der Allergene sind lediglich Getreide, Molke und Nüsse, jeweils zur Herstellung von Destillaten einschließlich Ethylalkohol landwirtschaftlichen Ursprungs.
Nährwertbezogene und gesundheitsbezogene Angaben:
Nach Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG) Nr. 1924/2006 (sog. Health Claims-Verordnung) dürfen Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozent keine gesundheitsbezogenen Angaben (z. B. "verdauungsfördernd", "gut für den Magen") tragen. Nährwertbezogene Angaben sind bei diesen Getränken nur zulässig, wenn sie sich auf einen geringen Alkoholgehalt, eine Reduzierung des Alkoholgehalts oder eine Reduzierung des Brennwertes beziehen.
Bei Angaben wie "wohltuend" oder "bekömmlich" handelt es sich um einen Verweis auf einen allgemeinen, nichtspezifischen Vorteil für die Gesundheit im Allgemeinen oder das gesundheitliche Wohlbefinden. Derartige Angaben sind nach Art. 4 Abs. 3 der genannten Verordnung für Getränke mit einem Alkoholgehalt von mehr als 1,2 Volumenprozenten grundsätzlich nicht zulässig. Alle Angaben, die alkoholische Getränke betreffen, müssen frei von jeder Mehrdeutigkeit sein. Der Begriff „bekömmlich“ ist auch dann als gesund¬heitsbezogene Angabe zu beurteilen, wenn dieser mit dem Hinweis auf einen reduzierten Gehalt an Stoffen, die von einer Vielzahl von Verbrauchern als nachteilig angesehen werden, verbunden ist. Darüber hinaus sind Angaben, die geeignet sind, die Alkoholwirkung zu verharmlosen und zu einem regelmäßigen und/oder übermäßigen Verzehr von Alkohol anzuregen, als irreführend i. S. von Art. 7 Abs. 1 LMIV zu beurteilen.
Rechtliche Grundlagen
Neben den allgemein zur Beurteilung von Lebensmitteln heranzuziehenden Rechtsnormen gelten:
Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Januar 2008 zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 1576/89 (ABl.Nr. L 39 S. 16)
Verordnung über bestimmte alkoholhaltige Getränke (Alkoholhaltige Getränke-Verordnung – AGeV) vom 30. Juni 2003 (BGBl. I S. 1255) in der aktuellen Fassung
Verordnung (EWG) Nr. 315/93 des Rates vom 8. Februar 1993 zur Festlegung von gemeinschaftlichen Verfahren zur Kontrolle von Kontaminanten in Lebensmitteln (ABl.Nr. L 37 S. 1) EU-Dok.-Nr. 3 1993 R 0315
Verordnung (EG) Nr. 1333/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über Lebensmittelzusatzstoffe (ABl. Nr. L 354 S. 16, ber. ABl. 2010 Nr. L 105 S. 114 in der aktuellen Fassung
Durchführungsverordnung Nr. 716/2013 der Kommission vom 25. Juli 2013 mit Durchführungsbestimmungen zur Verordnung (EG) Nr. 110/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates zur Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von Spirituosen sowie zum Schutz geografischer Angaben für Spirituosen (ABl. Nr. L 201 S. 21) in der aktuellen Fassung
Fotonachweis:
32484136Limoncello and lemons © gudrun, Fotolia,com
- Weitere Informationen zum Thema Lebensmittelkennzeichnung
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