Was ist A2 Milch und ist sie wirklich gesünder als herkömmliche Milch?
A2 Milch ist in aller Munde. Der Trend, dessen Siegeszug in Neuseeland begann, erobert nach Australien, China und Großbritannien gerade auch die USA. Europa könnte der nächste Markt für die neuseeländische Milch sein. Höchste Zeit also, zu hinterfragen, was dran ist an A2 Milch? Ist sie tatsächlich, wie uns die Werbung immer häufiger suggeriert, konventioneller Milch gesundheitlich überlegen? Oder steckt dahinter vielleicht nur eine clevere Vermarktungsstrategie?
In diesem Beitrag finden Sie
- Unterschied zwischen A1 und A2 Beta-Casein
- Ist A2 Milch wirklich besser verträglich als A1 Milch?
- Fazit
Unterschied zwischen A1 und A2 Beta-Casein
In Kuhmilch sind A1 und A2 die beiden häufigsten Varianten des Eiweißes Beta-Casein. Reine A2 Milch enthält dabei ausschließlich A2 Beta-Casein, die Trinkmilch aus dem Supermarkt ist dagegen meist ein Gemisch aus A1 und A2 Beta-Casein, enthält also beide Varianten (siehe Abb.1). Doch was ist eigentlich der Unterschied zwischen A1 und A2 Beta-Casein und weshalb wird ersteres mit einer schlechteren Verträglichkeit, immer häufiger auch mit verschiedenen Krankheiten in Verbindung gebracht? Geschmacklich unterscheidet sich reine A2 Milch nicht von der Milch aus dem Supermarkt.
Abb 1: Reine A2 Milch enthält ausschließlich A2 Beta-Casein, während normale Trinkmilch, in unseren Breiten, meist ein Gemisch aus A1 und A2 Beta-Casein ist. Quelle: The A2 Milk Company
Was reine A2 Milch von herkömmlicher Milch unterscheidet, ist nichts weiter als eine kleine Veränderung im Beta-Casein-Gen. Viele Wissenschaftler gehen davon aus, dass sich diese als Mutation bezeichnete Veränderung im Verlauf der Züchtung vor allem in nordeuropäische Rassen eingeschlichen hat. Obwohl nur ein einziger Baustein im Beta-Casein-Gen ausgetauscht wurde, was man als Punktmutation bezeichnet, hatte dies Folgen für das Beta-Casein-Eiweiß. Die Punktmutation blieb nämlich nicht stumm, wie das nicht selten der Fall ist, sondern sie führte zum Austausch einer Aminosäure in der Eiweißkette. Und weil dabei die relativ sperrige Aminosäure Prolin (Pro) in A2 Milch durch die weniger sperrige Aminosäure Histidin (His) in A1 Milch ausgetauscht wurde, verhalten sich die beiden Beta-Casein-Varianten bei der Verdauung im Darm unterschiedlich.
Während das A1 Beta-Casein exakt an der mutierten, also veränderten, Stelle gespalten wird, ist A2 Beta-Casein an dieser Stelle, auf Grund der Aminosäure Prolin (Pro), relativ resistent gegenüber einer enzymatischen Spaltung. Die Spaltung im Darm setzt somit nur aus A1 Beta-Casein das aus sieben Aminosäuren bestehende Spaltprodukt Beta-Casomorphin-7, kurz BCM-7, frei (siehe Abb. 2). Aber genau dieses BCM-7 ist der Grund, weshalb man A1 Beta-Casein mit einer schlechteren Verträglichkeit und sogar mit bestimmten Erkrankungen in Verbindung bringt. Ob das freigesetzte BCM-7 unsere herkömmliche Milch aus dem Supermarkt tatsächlich schlechter verträglich als A2 Milch macht, konnte bisher wissenschaftlich nicht bestätigt werden. Auch Studien der „New Zealand Food Safety Authority“ und der „European Food Safety Authority“ fanden bisher keine ausreichenden Beweise für negative Wirkungen von A1 Milch auf die menschliche Gesundheit.
Abb. 2: Nur aus A1 Beta-Casein wird im Rahmen der Verdauung im Darm Beta-Casomorphin-7 (BCM-7) freigesetzt. Quelle: Woodford K, (2007). Devil in the Milk: Illness, Health and Politics: A1 and A2 Milk. Wellington New Zealand.
Ist A2 Milch wirklich besser verträglich als A1 Milch?
Eine solche Studie, die dies überprüfen soll, läuft gerade an der Universität Auckland in Neuseeland und wird zum Teil von der neuseeländischen Regierung finanziert. Die so genannte aMiGo (a2 Milk for Gut Comfort) Studie versucht heraus zu finden, weshalb einige Menschen eine Unverträglichkeit gegenüber Kuhmilch haben und ob A2 Milch für diese Menschen möglicherweise eine verträglichere Alternative wäre. Auch wenn die ersten beiden deutschen Landwirte, Christoph Gerden aus der Eifel und Andreas Kraus aus Augsburg, die reine A2 Milch direkt an den Konsumenten abgeben, davon überzeugt sind, dass ihre Kunden diese Milch besser vertragen, ein Beweis, der wissenschaftlichen Ansprüchen genügt, ist das nicht.
Fazit
Ob A2 Milch tatsächlich gesundheitliche Vorteile gegenüber A1 Milch besitzt, lässt sich zum gegenwärtigen Zeitpunkt also nicht eindeutig beantworten. Möglicherweise wird die neuseeländische Studie, die in einer Kooperation zwischen dem Unternehmen AgResearch Limited und der Universität von Auckland durchgeführt wird, und mögliche präventive Effekte von A2 Beta-Casein auf den menschlichen Darm untersucht, hier eindeutigere Ergebnisse liefern.
Am Kompetenzzentrum für Ernährung in Freising bei München läuft gerade eine Literaturstudie zum Thema „A1 und A2 Beta-Casein und ihre möglichen Wirkungen auf die menschliche Gesundheit“. Ende des Jahres werden aus beiden Studien erste Ergebnisse erwartet.
Doch so lange keine unumstößlichen Beweise vorliegen, die die vermeintlich negativen Effekte von A1 Beta-Casein, bzw., die Vorteile von A2 Beta-Casein auch wissenschaftlich untermauern, besteht für gesunde Menschen kein Grund, Trinkmilch aus dem Supermarkt zu meiden.
Literatur und weiterführende Links
- Überblick für das KErn Projekt „Beta-Casein A1 und A2 in Milch und mögliche Einflüsse auf die menschliche Gesundheit“
- Überblick über die Amigo-Studie zur besseren Verträglichkeit von A2 Milch an der Universität Auckland, Neuseeland.
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