Der Rebound-Effekt beim Energiesparen: Ausmaße und Alternativen

Wer Energie spart, schont Klima, Umwelt und den Geldbeutel. Was aber, wenn man das gesparte Geld für einen zweiten Fernseher, längere Autofahrten oder einen Flug ausgibt? Dann sind klimafreundliche Effekte wieder dahin. Wissenschaftler bezeichnen diesen Effekt als „Rebound". Welche Ausmaße hat er und wie kann man ihn vermeiden?
In diesem Beitrag finden Sie
- Was sind Rebound-Effekte?
- Welches Ausmaß haben Rebound-Effekte?
- Welche Handlungsoptionen gibt es?
Was sind Rebound-Effekte beim Energiesparen?
Effizienzsteigerungen sind eine wichtige Säule der deutschen und europäischen Energiepolitik zur Reduzierung des Energie- und Ressourcenverbrauchs bei der Herstellung und Nutzung von Produkten und Dienstleistungen. Verbraucher können grundsätzlich durch energieeffizientere Geräte ihre Energiekosten senken. Das eingesparte Geld kann aber durch ein entsprechendes Kauf- und Nutzungsverhalten so verwendet werden, dass der eingesparte Energie- oder Ressourcenverbrauch geschmälert oder gar komplett aufgehoben werden.
Rebound-Effekte beschreiben also die Differenz zwischen der theoretisch zu erwartenden und der tatsächlichen (Energie-)Einsparung durch eine Effizienzmaßnahme.
Dabei unterscheidet man zwischen direkten und indirekten Rebound-Effekten.
Direkte Rebounds
Wenn der Mensch sein Verhalten nach einer technischen Effizienzsteigerung dahingehend ändert, dass er das gleiche Produkt oder die gleiche Dienstleistung intensiver, öfter oder länger nutzt, spricht man von direkten Rebounds. Auf diese Weise werden mögliche Effizienzeinsparungen zum Teil wieder aufgehoben.
Beispielsweise werden Energiesparlampen länger eingeschaltet oder mehr Leuchtmittel als zuvor genutzt, da die Betriebskosten aus Verbrauchersicht offensichtlich nicht mehr so stark ins Gewicht fallen wie bei einer herkömmlichen Glühlampe.
Auch nimmt generell die Mehrfachausstattung in Haushalten zu. Gleich mehrere PCs, Smartphones und Tablets sind keine Seltenheit.
Auch wenn energiesparende Autos häufiger gefahren werden oder neu gekaufte energiesparende Geräte wie Kühlschränke oder Fernseher größer ausfallen als ihre Vorgänger, handelt es sich um direkte Rebound-Effekte. Teilweise können diese auch auf regulatorische Defizite zurückzuführen sein, da das EU-Energielabel z.B. bei einem Kühlschrank die Energieeffizienz prominenter darstellt als den absoluten Energieverbrauch. Dabei kann ein kleinerer, nicht so effizienter Kühlschrank absolut betrachtet weniger verbrauchen als ein sehr effizientes großes Modell. Aber auch mangelndes Wissen z. B. zu richtigem Heizen und Lüften führt nach wie vor zu Energieverlusten und folglich zu Rebounds.
Indirekte Rebounds
Unter indirekten Rebounds sind zusätzliche umweltrelevante oder energieverbrauchende Handlungen zu verstehen, die erst durch eine vorangegangene Energieeinsparung ermöglicht wurden.
Wer beispielsweise weniger Auto fährt und somit Kraftstoffkosten einspart, hat nun mehr Geld zur Verfügung, um mit einem günstigen Flieger übers Wochenende zu verreisen.
Indirekte Rebounds können gesamtwirtschaftliche Auswirkungen haben. Wenn beispielsweise durch effizientere Autos die Kosten je gefahrenen Kilometer reduziert werden, können sich mehr Haushalte einen Zweitwagen leisten. Dies hätte wiederum Effekte auf den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV), der in dem Fall weniger ausgelastet wäre und bezogen auf jeden Fahrgast nun mehr Energie verbrauchen würde. Durch niedrigere Mobilitätskosten im Fall Auto werden zudem Einfamilienhäuser in ländlicher Lage attraktiver, da sich dort im Vergleich zu einer teuren Stadtwohnung eine deutlich größere Wohnfläche realisieren lässt. Das wiederum führt einerseits zu einem erhöhten Verkehrsaufkommen von Berufspendlern, andererseits zu einem höheren Heizbedarf durch mehr Wohnfläche.
Abgrenzung zum Wirtschaftswachstum
Der Rebound-Effekt ist keine neue Erscheinung, sondern wurde bereits 1865 durch den englischen Ökonom William Stanley Jevons beschrieben. Dabei beobachte er das Phänomen, dass die Einführung der deutlich effizienteren Watt’schen Dampfmaschine nicht zu einem sinkenden, sondern zu einem erheblich gestiegenen Kohleverbrauch führte und somit die erwarteten Einspareffekte wieder aufhob.
Dieses Beispiel wird oft genannt, um das sogenannte Backfire zu erklären. Darunter ist ein Rebound-Effekt zu verstehen, bei dem nach Einführung einer Effizienzmaßnahme mehr Energie als vorher verbraucht wird. Dieser Effekt ist jedoch eher selten. So konnte der gestiegene Kohleverbrauch nicht allein auf die Dampfmaschine zurückgeführt werden, sondern hatte viele Ursachen wie z. B. eine gestiegene Güternachfrage, höhere Einkommen, die Entwicklung der Eisenbahn etc.
Daher kommt es darauf an, eine klare Grenze zwischen Wachstums- bzw. Strukturwandeleffekten und Rebound-Effekten zu ziehen, was nicht immer einfach ist und zu Diskussionen führt.
Welches Ausmaß haben Rebound-Effekte?
Das Ausmaß von Rebound-Effekten ist aufgrund verschiedener Messmethoden schwer zu bestimmen. Das Umweltbundesamt schätzt beispielsweise den direkten Rebound-Effekt von Raumwärmenutzung auf 10-30 Prozent ein. In den verschiedenen Konsumbereichen gibt es dabei deutliche Unterschiede.
Noch schwerer sind die indirekten und somit gesamtwirtschaftlichen Rebound-Effekte zu ermitteln. Neben finanziellen Aspekten spielt bei Rebound-Effekten der Faktor Zeit eine weitere wichtige Rolle. So können Zeitsparinnovationen dazu führen, dass mehr Zeit zum Konsumieren zur Verfügung steht und durch den Mehrkonsum ebenfalls der Energie- und Ressourcenverbrauch ansteigt. Im Bereich Mobilität führen Verkehrsprojekte in der Regel dazu, dass Verbindungen schneller werden. Studien belegen jedoch über Jahrzehnte konstante Reisezeitbudgets pro Person. Daraus lässt sich schließen, dass Zeitersparnis vor allem dazu verwendet wird, längere Distanzen zurückzulegen und so den eigenen Aktionsradius zu vergrößern, wofür wiederum mehr Energie aufgewendet werden muss.
Wie können Verbraucher Rebound-Effekte für die Umwelt vermeiden?
Gewohnheiten und persönliche Lebenseinstellungen können Rebounds fördern oder hemmen.
Falsch wäre es, den Rebound-Effekt als Argument zu benutzen, sich überhaupt nicht mit persönlichen Energiesparmöglichkeiten auseinanderzusetzen. Denn trotz Minderung der theoretisch maximal möglichen Energieeinsparung durch den Rebound-Effekt wird in Summe tatsächlich Energie gespart.
Jeder Verbraucher hat es selbst in der Hand, ob er sich ein größeres Gerät als zuvor kauft oder das Licht länger brennen lässt, nur weil die Geräte energieeffizienter und die Nutzungskosten günstiger geworden sind (direkte Rebounds).
Darüber hinaus kann er entscheiden, ob und wofür er das durch die Energieeinsparungen neu verfügbare Geld ausgeben möchte.
Er kann sich für energieintensive oder umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen entscheiden (indirekte Rebounds).
Auf der anderen Seite ist auch die Politik gefordert, Rebound-Effekte etwa bei der Festlegung von energiepolitischen Effizienzzielen stärker zu berücksichtigen.
Oft heißt es, dass man alte Geräte durch neue und effizientere austauschen sollte. Das Umweltbundesamt gibt aber zu bedenken, dass es sich zumindest aus Umweltsicht bei vielen elektronischen Geräten nicht lohnt, diese vorzeitig durch ein energieeffizienteres auszutauschen.
Dadurch spart man zwar im Betrieb Kosten und Verbrauch. Aber viele vergessen dabei, dass die Herstellung eines neuen Geräts mit enorm hohem Energie- und Ressourcenverbrauch verbunden ist. Dieser kann allein durch die verbesserte Energieeffizienz des Neugeräts in der Regel nicht ausgeglichen werden.
Quellen
- Eschment, Jenny (2014): Der Rebound-Effekt: Störendes Phänomen bei der Steigerung der Energieeffizienz, Wissenschaftliche Dienste des Bundestages - Nr. 16/14 (05. Juni 2014)
- Golde, Michael (2016): Rebound-Effekte - Empirische Ergebnisse und Handlungsstrategien, Hintergrundpapier des Umweltbundesamts
- Europäische Energiepolitik (abgerufen am 20.10.2018)
- Madlener, Reinhard / Alcott, Blake (2011): Herausforderung für eine technisch-ökonomische Entkopplung von Naturverbrauch und Wirtschaftswachstum, Studie der Enquete‐Kommission “Wachstum, Wohlstand, Lebensqualität” des Deutschen Bundestages
- Santarius, Tilman (2012): Der Rebound-Effekt – Über die unerwünschten Folgen der erwünschten Energieeffizienz, Wuppertal Institut
- Schubert, Steffi (2009): Steigende Verkehrskosten – soziale und räumliche Dimension, Heft 12.2009, Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung (BBR)
- Umweltbundesamt (2018): Ein langes Leben für Elektrogeräte
Bildquelle: fotolia.de - Dan Race
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